Klassik Garage West in Hückelhoven Aus dem „Bulli-Wunderland“ importiert

Hückelhoven · André Langohr präpariert in Kleingladbach die Jahrzehnte alten Fahrzeuge, die er in Amerika aufspürt. Am liebsten würde er alle behalten.

 Den aus Kalifornien erstandene und nahezu originalgetreu restaurierte Surfer-Bulli VW T1 (Baujahr 1962) hat André Langohr seit sechs Jahren.

Den aus Kalifornien erstandene und nahezu originalgetreu restaurierte Surfer-Bulli VW T1 (Baujahr 1962) hat André Langohr seit sechs Jahren.

Foto: Ruth Klapproth

Wenn das Hobby zum Beruf wird, entstehen bisweilen ungewöhnliche Lebensläufe, die sich niemand ausdenken kann. So ist es etwa bei André Langohr der Fall, der in Kleingladbach mit seiner Klassiker-Garage West einen Autohandel betreibt. Der Besucher wird deutlich darauf hingewiesen, worauf er sich einlässt, wenn er auf den Besucherparkplatz am Bruchend fährt: Aus einer Scheunenwand kommt ihm ein Bulli entgegen, nicht als realistisches Gemälde, sondern als tatsächliches Fahrzeug. Es fehlt eigentlich nur ein Mensch hinter dem Lenkrad.

Bei Langohr dreht sich fast alles um den legendären VW-Bulli. Die Fahrzeuge sind sein „absolutes Steckenpferd“, wie er sagt, und der Handel damit sein Beruf. Je älter der Bulli, umso lieber. Den legendären T1 findet man nicht mehr in der Werkstatt, die eigentlich ein Verkaufsraum ist. Der T2 aus den 60er Jahren ist momentan noch die Handelsware. Wahrscheinlich nicht mehr lange, weil es nicht mehr viele auffindbare Modelle gibt, aber der T3 als etwas kantiger Nachfolger steht schon in den Startlöchern. Es scheint paradox: Langohr fahndet nach den alten Bullis an der Westküste der USA, um sie zurück nach Deutschland zu bringen und hier in Bestzustand zu versetzen. „Am liebsten würde ich alle meine Bullis behalten“, verrät er.

Als er vor mehr als 25 Jahren seine Ausbildung zum Konstruktionsmechaniker und zum Außenhandelskaufmann absolviert hatte, schraubte er mit großer Begeisterung in seiner Freizeit am VW-Käfer herum. Die Anstellung bei der Wirtschaftsförderung für den Kreis Heinsberg schien eine sichere berufliche Zukunft zu bieten. Doch dann trat der erste Bulli in Langohrs Leben, und damit war es vor knapp 20 Jahren um ihn geschehen. „Ich wollte nicht mehr campen, sondern lieber im Wohnmobil urlauben“, erinnert er sich. Ein California, eine Reisemobil-Version des VW-Bullis, wurde angeschafft und hergerichtet. „Irgendwann wollte mir jemand das Gefährt abkaufen. Sofort habe ich mich auf die Suche nach dem nächsten Bulli gemacht.“ Der Einstieg in den Fahrzeughandel war vollzogen. Schnell wurde aus dem Hobby und dem Nebenerwerb der Beruf.

„Der Bulli steht und fällt mit der Karosserie“, hat Langohr erkannt, der bald seine Suche nach den Fahrzeugen europaweit ausdehnte. „Aber die Autos wurden immer schlechter.“ Rost, neu eingeschweißte Seitenteile, nachträgliche Ergänzungen am Lack passten nicht in sein Bild eines „schönen“ Bullis. Vor 15 Jahren flog Langohr das erste Mal nach Kalifornien und landete quasi im „Bulli-Wunderland“. T1-, T2- und T3-Modelle standen da gewissermaßen herum, längst ausgemustert und auf dem Autofriedhof im eigenen Garten sich selbst überlassen. „Dank des trockenen Klimas dort sind die Karosserien rostfrei.“ Andere Bullis fand er wie in den Klischeevorstellungen als „typische Scheunenwagen“, mit Heu und Stroh überdeckt und verstaubt bis in die letzte Ritze.

Seit diesem Zeitpunkt sucht Langohr zwei- bis dreimal pro Jahr an der Westküste der USA nach Futter für seine Kunden in Deutschland, die ihm die Bullis fast aus den Händen reißen.  Außerdem hat er amerikanische Freunde vor Ort, die die Augen offenhalten auf der Suche nach den Fahrzeugen. „Hauptsache, die Lackierung ist noch original“, meint Langohr. Alle anderen Bestandteile von den Dichtungsgummis bis hin zum von Motten zerfressenen Fahrersitz  können ersetzt werden.

Die Begeisterung für die alten Bullis in Deutschland sei so groß, dass viele Bullifreunde am liebsten das Auto schon von Langohr kaufen würden, bevor mit den Restaurierungsarbeiten begonnen wurde. In den Anfangsjahren hat Langohr die meisten Arbeit selbst erledigt, jetzt hat er KFZ-Mechaniker, Sattler, Lackierer an der Hand, die für ihn arbeiten. „Wir nehmen jeden Bulli bis ins kleinste Teil auseinander und setzen ihn wieder zusammen.“ Was entsteht und auf Hochglanz poliert in seiner Klassiker-Garage steht, lässt das Herz jedes Besuchers höherschlagen. „Alle Bullis sind vom TÜV zugelassen und mit Papieren versehen, wenn sie einen neuen Besitzer bekommen.“ Eine Träne hat er schon im Augenwinkel, wenn der glückliche Fahrer mit dem Bulli hinter der Kurve am Bruchend verschwindet. Aber dann wendet sich Langohr wieder seiner Garage zu und sieht die anderen Traumwagen, die Jahrzehnte auf dem Buckel haben, fast um die halbe Welt gereist sind und die er aus dem Dornröschenschlaf reißt.

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