Ungewöhnliches Jubiläum in Hückelhoven 70 Jahre in der Zechensiedlung

Hückelhoven · Renate Drenseck hat fast ihr komplettes Leben in dem Haus in der Zechensiedlung verbracht. Das außergewöhnliche Jubiläum wurde groß gefeiert.

 Renate und Gerd Drenseck leben seit 70 Jahren im selben Haus auf der Von-Dechen-Straße 92 in Hückelhoven. Das ist natürlich ein Grund zu feiern.

Renate und Gerd Drenseck leben seit 70 Jahren im selben Haus auf der Von-Dechen-Straße 92 in Hückelhoven. Das ist natürlich ein Grund zu feiern.

Foto: Laaser, Jürgen (jl)

Sie hat fast ihr ganzes Leben in dem alten Zechenhaus in der Von-Dechen-Straße verbracht. Das Haus, es macht einen Großteil ihres Lebens aus. Spielen mit den kleinen Geschwistern, nachdem ihr Vater Otto Wilhelm eine Arbeit im Bergwerk Sophia-Jacoba gefunden hatte und das Angebot erhielt, mit seiner jungen Familie die Wohnung in dem Gebäude zu beziehen. Der große Garten mit dem Treibhaus, in dem Tomaten, Salat, Radieschen, Spitzkohl und Erdbeeren gedeihen. Die farbenprächtigen Rosenspaliere sind bis heute der ganze Stolz der mittlerweile 84-jährigen Renate Drenseck.

Seit genau sieben Jahrzehnten lebt sie in ihrem früheren Elternhaus, das sie nie verlassen hat. „Das muss gefeiert werden“, dachte sich Enkelin Nadine Löb – und lud kurzerhand nicht nur die Familie, sondern auch zahlreiche Freunde, Bekannte sowie die gesamte Nachbarschaft ein. Dafür wurde sogar die komplette Straße abgesperrt. Die Hückelhovener Stadtverwaltung hatte den Antrag umgehend genehmigt, so dass der ungewöhnlichen Jubiläums-Sause nichts mehr im Wege stand.

Grund zum Feiern gab es jetzt gleich doppelt. Denn Renate Drenseck wohnt nicht nur seit 70 Jahren in dem Haus, das mittlerweile einem ihrer Söhne gehört. Sie feierte auch Geburtstag und stieß im großen Kreis mit Ehemann Gerd (85) auf das seltene Ereignis an. Vier Kinder, neun Enkel sowie acht Urenkel gehören zur Familie. Die meisten feierten mit bei warmer Gulaschsuppe, Fingerfood, Sekt, Wein und Bier. Nur die Enkelin, die in Neuseeland lebt, konnte nicht dabei sein. „Wir skypen immer“, verriet Gerd Drenseck schmunzelnd.

Im Gespräch mit unserer Redaktion ließen die Drensecks nochmal die alten Zeiten Revue passieren. „Für die Kinder gab es nur ein Zimmer“, erinnert sich Ehemann Gerd Drenseck, der in der Schlee lebte und als junger Mann Kostgänger bei den Schwiegereltern wurde. Im legendären Tanzlokal Oelrich – nach dem Abriss entstand an der Stelle der hellgelbe Neubau der Moscheegemeinde des Verbands der Islamischen Kulturzentren (VIKZ) – schwang Gerd Drenseck gemeinsam mit seiner späteren Ehefrau das Tanzbein zu den beliebten Schlagermelodien. Man kam sich näher, irgendwann funkte es.

Da war der heute 85-Jährige schon als Aufsichtshauer bei Sophia-Jacoba beschäftigt, später als Sicherheitshelfer. „Oft spielte bei Oelrich eine holländische Kapelle“, erzählt Gerd Drenseck. „Auf der Reeperbahn nachts um halb eins“ gehörte damals zu den bekanntesten Hits. Er forderte sie zum Tanzen auf – und reagierte eifersüchtig und besitzergreifend, wenn andere junge Männer ein ähnliches Ansinnen hatten. „Lass die Finger von ihr, sie gehört zu mir“, machte er den Mitbewerbern dann unmissverständlich klar.

Bald wurde aus Renate und Gerd ein Paar, sie bezogen das kleine Mansardenzimmer, während ihre Eltern und Geschwister weiterhin in der etwa 50 Quadratmeter großen Erdgeschoss-Wohnung lebten. „Eine Couch und ein Radio gingen in unser Zimmer. Mehr passte da nicht rein.“ Achtzehn war sie da, er 20.

In dem alten Zechenhaus wurde auch ausgelassen gefeiert. An die Goldhochzeit seiner Schwiegereltern erinnert sich Gerd Drenseck noch gut: „Wir haben auf der Straße die ganze Nacht getanzt. Ich habe Platten aufgelegt. Die Straße wurde dafür damals auch abgesperrt, aber eine Genehmigung der Stadtverwaltung brauchte man nicht.“

Ab 1962 mietete die Familie das komplette Haus mit den zwei Wohnungen. Renate Drenseck arbeitete in einer Spinnerei in Mönchengladbach, wurde jeden Morgen mit dem Bus zu Hause abgeholt und zu ihrem Arbeitsplatz gebracht, abends wieder nach Hause. Die Drensecks hoffen, noch möglichst lange in dem alten Zechenhaus bleiben zu können, das ihnen so viel bedeutet. „Wir haben hier eine gute Nachbarschaft, man kennt sich seit vielen Jahren.“

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