Tag der offenen Moschee Vom Schwarzen Meer nach Hückelhoven

Hückelhoven · Beim Tag der offenen Moschee zum Thema Heimat erinnern sich Hückelhovener Muslime. Zeki Türker (77) etwa kam vor 50 Jahren von der Schwarzmeerküste nach Deutschland – und blieb.

 Bei einer Führung durch die Moschee an der Ludovicistraße stellte Ismet Cavdar (r.) vom Verband der islamischen Kulturzentren das Haus vor. Auch stellvertretende Bürgermeisterin Andrea Axer (2.v.r.) zeigte sich sehr interessiert.

Bei einer Führung durch die Moschee an der Ludovicistraße stellte Ismet Cavdar (r.) vom Verband der islamischen Kulturzentren das Haus vor. Auch stellvertretende Bürgermeisterin Andrea Axer (2.v.r.) zeigte sich sehr interessiert.

Foto: Ruth Klapproth

Heimat. Nicht nur der Ort, an dem man Kindheit und Jugend verbracht hat, das Land, aus dem Eltern und Großeltern stammen. Sondern auch der Ort, dem man durch den Glauben tief verbunden ist, wie der Koordinationsrat der Muslime feststellt. Zum Tag der offenen Moschee, der traditionell am 3. Oktober, dem Tag der Deutschen Einheit, stattfindet, legte er das Thema Heimat fest. Auch in der Hückelhovener Moscheegemeinde des Verbands der Islamischen Kulturzentren (VIKZ), rückte das Thema Heimat in den Mittelpunkt.

Bei den Moscheeführungen erklärten Öffentlichkeitsreferent Ismet Cavdar und seine Vorstandskollegen die Bedeutung der gen Mekka ausgerichteten Gebetsnische und der mit Kacheln verzierten Stufenkanzel. Im geräumigen Aufenthaltsraum mit den schweren Polstersesseln sitzt Zeki Türker (77). Der gelernte Schweißer erzählt, wie er vor mehr als 50 Jahren seine Heimat an der Schwarzmeerküste verließ. Schon längst ist Hückelhoven seine Heimat geworden. Achtzehn Monate wollte er bleiben. Mit dem Status eines Gastarbeiters. „Ich war damals verlobt“, erinnert sich der Vater dreier Töchter. Zeki Türker kehrte nach 15 Monaten zurück in die Türkei, heiratete, holte später Frau und Kind nach Deutschland. Mücella, die mittlere seiner drei Töchter, hat sich in Erkelenz als Ärztin niedergelassen. Sie war vorher als Oberärztin in einem Krankenhaus im Raum Düren angestellt. Die Moschee an der Ludovicistraße ist für Zeki Türker längst zur religiösen Heimat geworden. Jeden Tag sieht der Rentner, der 20 Jahre bei der Stadt Erkelenz gearbeitet hat, nach dem Rechten. Er repariert, bessert aus, schweißt. „Bei der Stadt Erkelenz habe ich früher die Friedhofstore, Schulen und Sportplätze wieder in Ordnung gebracht“, erzählt er stolz. Mehmet Yilmaz, der sich wie Ismet Cavdar um die Öffentlichkeitsarbeit der Moscheegemeinde kümmert, kommt dazu. Bis 1993 habe man von Gastarbeitern gesprochen – ein Wort, „das uns immer das Gefühl gab, nicht dazuzugehören“.

Vor rund 20 Jahren baute der VIKZ auf dem Gelände des früheren Tanzlokals Oelrich die neue, hellgelbe Moschee. Um zu demonstrieren, dass Hückelhoven für viele Muslime längst Heimat geworden war. „Wir wollten damit ein Zeichen setzen, dass wir hier bleiben möchten“, sagt der Doverener. „Wir fühlen uns wohl hier. Wir möchten bleiben.“ Viele Muslime hätten inzwischen die deutsche Staatsangehörigkeit, würden aber immer noch mit gemischten Gefühlen betrachtet: Deutschsein kontra Islamismus. Die vier Tage der offenen Moschee nutzt der Verband deshalb, um aufzuklären, Austauschmöglichkeiten anzubieten und einander vorurteilsfrei zu begegnen. Im Garten der Moscheegemeinde kochen, backen und grillen die Frauen. Das Angebot reicht von türkischer Lahmacun-Pizza über Bienenstich und Käse-Sahne-Torte bis zu Hackfleisch-Gebäck und schwarzem Tee in kleinen Gläsern. Auch die stellvertretende Bürgermeisterin Andrea Axer ist mit Ehemann Ulrich gekommen, um an einer Moscheeführung teilzunehmen und die Möglichkeit zur zwanglosen Begegnung zu nutzen. Man kennt sich, Mehmet Yilmaz ist seit vielen Jahren bei der Doverener CDU aktiv, hat vor ein paar Wochen noch beim Apfelsaftpressen der Christdemokraten tatkräftig mitgeholfen. „Fünfeinhalb Stunden. Mir taten die Hände weh vom vielen Kleinschneiden“, seufzt er und lacht.

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