Führung durch den Schlosspark Rurich Ein Schlaraffenland für Dendrologen
Rurich · Kürzlich wurde der Schlosspark in Rurich für eine Führung geöffnet. Für Botaniker eine seltene Gelegenheit, die dortigen Schönheiten zu bewundern. Das haben sie erlebt.
Die Öffnung des Schlossparkes für die Öffentlichkeit – für viele Eigentümer ist das unvorstellbar. In Rurich ist man diesen Schritt gegangen und hat den Schlosspark für Experten und interessierte Naturliebhaber geöffnet. Im Rahmen einer Führung der deutschen Gesellschaft für Gartenkunst und Landschaftskultur, die von Michael Dreisvogt, Leiter der Stiftung Arboretum Park Härle und Graf Viktor-Emanuel geleitet wurde, konnten die Besucher die dendrologischen Besonderheiten der etwa zehn Hektar großen Parkanlage kennenlernen und bestaunen.
Über Stock und Stein, an einem kleinen Bach vorbei und über die großen Grünflächen ging es für die Gruppe, die zu großen Teilen aus Mitgliedern der Deutschen Gesellschaft für Gartenkunst und Landschaftskultur bestand, am späten Freitagnachmittag – mit festem Schuhwerk und Regenjacken hatten sich fast alle von ihnen ausgestattet. Nach Eintritt in den Schlossgarten fiel der Blick vieler Experten – der Präsident des Vereins, Stefan Schweizer, ließ sich den Besuch in Rurich auch nicht nehmen – direkt auf die vermeintlichen Blutbuchen, die gemeinsam mit einer Säuleneiche den anliegenden Turm in seiner Höhe beinahe überragten. Ein Blick auf die Blätter der Buchen, deren Ränder leicht rosa verfärbt waren, verriet, dass es sich hierbei nicht um gewöhnliche Blutbuchen handeln könne. Gehölzexperte Michael Dreisvogt erklärte, dass es Buchen der Sorte Fagus sylvatica Tricolor, einer Mutation der Blutbuche, seien und mutmaßlich Anfang des 20. Jahrhunderts in Rurich gepflanzt worden sein müssten.
Am Ort der historischen Wasserburg, in der Nähe des Palais stieß die Gruppe dann auf eine in Fernostasien beheimatete Baumart – den Ginkgo Biloba. Das Ruricher Exemplar ist eine echte Besonderheit – Dreisvogt erklärte, dass Exemplare dieser Altersklasse und Dimension in Deutschland äußerst selten seien. Neben seiner beeindruckenden visuellen Wirkung konnte der Ginkgo am Nachmittag auch beweisen, wie gut er sich bei einsetzenden Schauern als Regenschutz eignet – die Gruppe fand Unterschlupf unter der großen Blattkrone, durch die sich kaum ein Regentropfen seinen Weg bis hinunter auf den Boden bahnen konnte.
Pünktlich zum Gang durch die beeindruckende Lindenallee zogen die großen Regenwolken weiter und die goldfarbene Abendsonne sorgte für ein Licht-Schatten Spiel, das die Wirkung der Baumstraße noch einmal verstärke. Von dort aus ging es weiter zum „Baumfriedhof“ des Anwesens, denn der Klimawandel macht auch vor den imposantesten historischen Anwesen keinen Halt – nicht alle Bäume können den klimatischen Veränderungen standhalten. Graf Viktor-Emanuel betonte: „Der Erhalt für kommende Generationen wird zu einer Herausforderung. Der fachliche Austausch ist daher besonders wichtig, um die bestmöglichen Entscheidungen, dem aktuellen Erkenntnisstand entsprechend, zu treffen.“
Auch am Baumfriedhof erwartete die Gruppe wieder ein echter Blickfang: Aus einem Astloch eines riesigen toten Baumstammes, der erst nach Lebensende Einzug in den Ruricher Schlossgarten gefunden hatte, wuchsen eine kleine Buche und direkt daneben eine noch kleinere Eiche und das ganz ohne, das betonte Graf Viktor-Emanuel, vorher dort gepflanzt worden zu sein.
Ein „außergewöhnlich großes Exemplar“, so Michael Dreisvogt, des amerikanischen Tulpenbaums, der mit einem Stammumfang von 6,24 Metern das wohl zweitgrößte Exemplar Deutschlands ist, begeisterte dann noch einmal kurz vor Schluss der Führung. Als Andenken an den Nachmittag im Garten des großen Anwesens wurde im Anschluss an die Führung durch ebenjenen ein japanischer Schnurbaum, auch Honigbaum genannt, in der Nähe der historischen Mühle gepflanzt. Gespendet hatte der Landesverband Rheinland der Deutschen Gesellschaft für Gartenkunst und Landschaftskultur den Baum, der Wuchshöhen von bis zu 25 Metern erreichen kann.