Sophia-Jacoba Hückelhoven Schachtchor: Der letzte Ton ist verklungen

Hückelhoven · Weiße Kumpel-Arbeitshosen, blau-weiß-gestreifte Bergmannshemden und orange Halstücher: So trat der Schachtchor Sophia-Jacoba auf. Weil einige Sängerinnen und Sänger verstorben, andere krank sind, hat sich der Chor jetzt aufgelöst.

 Der letzte Auftritt des Schachtchores fand im Advent im Awo-Seniorenzentrum in Heinsberg statt.

Der letzte Auftritt des Schachtchores fand im Advent im Awo-Seniorenzentrum in Heinsberg statt.

Foto: Laaser, Jürgen (jl)

Die ungewöhnliche Idee entstand irgendwann im Herbst des Jahres 2004, um Franz-Josef Sonnen, den langjährigen Vorsitzenden des Fördervereins Schacht 3 und Betriebsratsvorsitzenden der Zeche Sophia-Jacoba, mit einem Geburtstagsständchen zum 66. zu überraschen. 21 ehemalige Kumpel machten sofort mit. Im Ratheimer Haus der Begegnung (HdB) wurde heimlich geprobt.

Die Überraschung gelang, Sonnen freute sich – und die Hobbysänger beschlossen, einfach weiterzumachen. Zuletzt leitete Hermann-Josef Brack das beliebte Ensemble, nachdem Dirigent Rainer Appelt 2014 verstarb. Doch es war nicht gut bestellt um den Chor, der seit seinem Bestehen 237 Auftritte absolviert hat. Nachwuchssorgen, die langjährigen Aktiven häufig krank. Einige gestorben.

Deshalb fassten die früheren Bergleute einen traurigen Entschluss: Der Hückelhovener Schachtchor wird zum Jahresende aufgelöst. „Wir wollen unsere Zuhörer nicht enttäuschen, wenn wir Auftritte wegen Erkrankungen kurzfristig absagen müssen“, sagt Chorleiter Hermann-Josef Brack. „Lieber geben wir auf.“ Sechs Jahre hat er die sangesfreudige Truppe, die keine Noten lesen kann, geleitet.

Brack ist ein Mann vom Fach. Im Lövenicher Instrumentalverein fungierte er zwei Jahrzehnte lang als Dirigent. Hier spielte er auch Trompete und Tenorhorn. Mittlerweile gehört er dem Verein in seinem Heimatort als Ehrenmitglied an.

Unter dem Dirigat des gelernten Elektrikers wuchsen die Mitglieder des Schachtchores über sich hinaus. „Santiano schaffen wir nie“, lautete die deprimierte Meinung, als Brack zu dem Ensemble aus der ehemaligen Zechenstadt stieß. Sie schafften es – ohne Noten.

Das Gorch-Fock-Lied, das populäre Bergmannslied „Glück auf, der Steiger kommt“, „Wir sind die Diener der Erde“ sowie alte Volkslieder gehörten zum bunt gemischten Repertoire. Für die Adventszeit hatte Brack (66), der auch fünf Jahre lang in der Bergkapelle mitspielte, ein stimmungsvolles Weihnachtsprogramm mit den Frauen und Männern einstudiert: „Aber Heidschi Bumbeidschi“, „O du fröhliche“, „O Tannenbaum“, „Stille Nacht, heilige Nacht“.

Noch einmal sind die Sängerinnen und Sänger in einigen Pflegeeinrichtungen in Hückelhoven und Heinsberg aufgetreten. Immer ohne Gage. Im Januar wollen sie sich noch einmal zu einem kleinen Abschiedsumtrunk treffen. „Wir hatten auch schon im vergangenen Jahr die Überlegung, den Chor aufzugeben“, sagt Chorleiter Brack. Einzige Bedingung fürs Mitmachen: die Zugehörigkeit zur so genannten „Donnerstagsmannschaft“, die regelmäßig an Schacht 3 ehrenamtlich im Arbeitseinsatz ist.

Wenn einmal im Jahr im historischen Barbarastollen der Gläserne Schacht an verdiente Vereinsmitglieder oder Außenstehende verliehen wird, wollen die Frauen und Männer aber nochmal gemeinsam singen. Ihr auffälliges Markenzeichen wird dann wieder das orangefarbene Halstuch sein, das früher von den Mitgliedern der längst aufgelösten Fraueninitative Sophia-Jacoba getragen wurde.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort