Demo im Hückelhovener Ratssaal Trotz Bürgerprotest Mehrheit für L 364n

Hückelhoven · Der SPD-Antrag im Bauausschuss, den Bau der L 364n zu stoppen, rief mehr als 80 Zuhörer – Gegner wie Befürworter – auf den Plan. Im Rathaussaal wurde zwei Stunden lang debattiert. Am Ende stand das Votum für die Umgehungsstraße.

 Protest gegen die geplante Umgehungsstraße gab es vor und im Rathaus. Anwohner vom Rand Hückelhovens und aus Doveren wollen die L 364n nicht.

Protest gegen die geplante Umgehungsstraße gab es vor und im Rathaus. Anwohner vom Rand Hückelhovens und aus Doveren wollen die L 364n nicht.

Foto: Laaser, Jürgen (jl)

Die Menge der dicht gedrängt stehenden Zuhörer, darunter einige Kinder, konnte der Sitzungssaal nicht fassen, bei offenen Türen standen zahlreiche Menschen noch davor. Gegner der geplanten Umgehungsstraße aus Doveren hatten Ziegelsteine auf ein Transparent gemalt, denn wie eine trennende Mauer zwischen Doveren und Hückelhoven stellen sie sich die bis zu sieben Meter aufsteigende Hochtrasse durch die Felder vor. Zwei Bürger hatten Rederecht beantragt, und das wurde ihnen auch zugestanden. Geheime Abstimmung hatte Heinz-Jürgen Wolter (Freie Wähler) beantragt. Ulrich Axer (sachkundiger Bürger, CDU) erklärte eingangs, als Doverener Bürger werde er gegen die Straße stimmen.

Heinz Norbert Fister hatte als Ausschussvorsitzender Mühe, die Diskussion in geordneten Bahnen zu halten. Der Hinweis, dass Zwischenrufe nicht gestattet seien, war bald vergessen. Die Stadtverordneten wurden häufig von aufgewühlten Gegnern unterbrochen oder durch hämisches Gelächter aus den hinteren Reihen kommentiert. Nach über einer Stunde entwickelte sich mehr eine Bürgerversammlung, der Rahmen einer Sitzung war längst gesprengt.

Für die Interessengemeinschaft „Gegner der L 364n“ sprach Hans Joachim Ringk im Namen der „Bürger mit einem Faible für Natur und Naherholung und vernünftige Entscheidungen“. Es gehe um Lebensraum und -qualität, den Junkerbergwald und nicht zuletzt als zukünftiger Aspekt um das Naturschutzgebiet an der Rur mit Feldern und Wiesen. Das alles dürfe nicht „irgendwelchen Interessen geopfert“ werden. Für das Gewerbegebiet Lindern sei eine K 5n mit Anschluss an die Autobahnauffahrt Dremmen „einfacher, schonender und kostengünstiger“ zu erreichen. „Wann hat Hückelhoven schon einmal eine solche Protestwelle erlebt?“, fragte Ringk. Ihm falle da nur die Zechenschließung ein. Angesichts veralteter Planung ist er überzeugt: „Als Umgehungsstraße nutzt dieses Teilstück nichts.“

Befürworter ist Wilfried Büsdorf, der in Hückelhoven aufwuchs. Von der Gladbacher Straße bis Kreuzung Dinstühlerstraße seien 1600 Menschen von 14.000 durchfahrenden Fahrzeugen belastet, davon 500 Lkw. „Dreck und Lärm betrifft uns alle, und wir wollen das nicht mehr“, stellte er klar. Er argumentierte mit dem im Grundgesetz verankerten Recht auf Gesundheit, die Lkw müssten raus, die Ortsdurchfahrt zurückgestuft werden: „Ich erwarte von den Politikern, dass sie die Bürger von der Last befreien.“

Ulrich Horst (Grüne) monierte, die Straße sei „durch Zufall planfestgestellt“, durch Zufall seien nun Gelder frei, und: „Die Stufe 1 ist nur ein Vorbote, was noch drohen könnte.“ Thomas Schnelle (CDU) widersprach: „Zufall ist das alles nicht. Wir beschäftigen uns seit den 70er Jahren mit der Entlastung von Hückelhoven. 2000 hat sich der Rat bei zwei Gegenstimmen dafür entschieden.“ Zum Waldkindergarten stellte Schnelle, der seit Beginn an den Planungen beteiligt war, klar: „Die Verwaltung hat gesagt: Aber hier wird irgendwann die L 364n kommen. Wir haben uns im Wissen für diesen Standort entschieden.“

Michael Paulußen (CDU) erinnerte daran, man habe Hilfarth in allen Wahlkämpfen zugesagt, sich für die Umgehung einzusetzen: „Wir sind in dieser Sache verlässlich.“ Dieter Geitner kennt den Junkerberg, wo er in den 50er Jahren als Kind seine Eltern zum Freilichttheater begleiten musste und wo in den 60er Jahren ein Trimm-Dich-Pfad war. Nach Zerstörungen dort habe sich kein Doverener für den Wald eingesetzt. Und zur Totenruhe: „Die L 364 geht unmittelbar am Hilfarther Friedhof vorbei. Warum hat sich für Hilfarth noch niemand aufgeregt?“ Heinz-Josef Kreutzer (CDU) erinnerte an den Eid aller Stadtverordneten, „Schaden von Hückelhoven abzuwenden“, das gelte für alle elf Stadtteile. „Wenn Lärmschutz erforderlich ist, wird er jetzt gemacht“, versprach er für Doveren. „Wir wollen Teil 1 und 2 so schnell wie möglich.“

Auch ein 14-jähriges Mädchen im Zuschauerbereich erhielt das Wort: „Ich bin gegen die Umgehungsstraße, denn sie wird mich und meine Kinder beeinträchtigen.“ Es würden wunderschöner Wald und Wege durch die Felder zerstört.

Bürgermeister Bernd Jansen betonte abschließend: „Die Ortskerne von Baal, Ratheim-Millich, Hückelhoven und Hilfarth müssen entlastet werden.“ 8000 neue Fahrzeuge seien von 2010 bis 2018 für die Stadt angemeldet worden. „Der Strukturwandel hat zur Folge, dass wir Fahrzeuge in die Stadt geholt haben“, so Jansen. „Für die B 57n haben wir erreicht, dass wir diese Straße als Kommunalstraße bauen können mit 30 Prozent der Kosten für die Stadt und 70 Prozent vom Land.“ Für sieben Millionen Euro könne so der Bypass von der L 117 bis Granterath gebaut werden. Und für die L 364n habe man jetzt die Chance. „Wir haben lange dafür gekämpft. Wenn nicht jetzt, dann sind wir 20 Jahre weiter“, sagte der Bürgermeister.

„Schluss der Debatte“ beantragte Ausschussvorsitzender Fister nach knapp zwei Stunden. Das Ergebnis der geheimen Abstimmung: neun Stimmen gegen, 13 Stimmen für den Bau der L 364n.

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