Musik in Hückelhoven So emotional war der Auftritt von Emoción

Hückelhoven · Die Musiker begeisterten bei ihrem Auftritt in der Hückelhovener Aula und zeigten ihre Klasse – individuell, aber auch im Zusammenspiel.

 Das Bild der Gruppe Emoción ist ohne die Sängerin Sevine Abi Aad entstanden. Die Musiker spielten ein rein instrumentales Stück.

Das Bild der Gruppe Emoción ist ohne die Sängerin Sevine Abi Aad entstanden. Die Musiker spielten ein rein instrumentales Stück.

Foto: Ruth Klapproth/RUTH KLAPPROTH

Dass Emotionen in der Musik keine Abkehr von Spiel- und Gesangs-Kultur bedeuten, zeigte sich am Sonntag erneut in der Hückelhovener Aula, als das Quintett mit dem programmatischen Namen „Emoción“ ein Programm anzubieten hatte, das die individuelle Klasse der Protagonisten an Geige, Cello, Percussions, Klavier, indischer Handorgel und die Singstimme sowohl zur Voraussetzung hatte wie sich auch als Ergebnis bewies.

Für Veranstalter con brio, dem örtlichen Verein für Kammermusik, freute sich Vorsitzender Rudolf Lengersdorf darauf, das Ensemble mit dem Pianisten und Trompeter Joris Laenen, der Geigerin Patrizia Portz, der Sängerin Sevine Abi Abad, dem Cellisten Christoph Schmitz und dem Percussionisten Ferdinand Schäfer nach dem brillanten Auftritt in der Aula vor dreieinhalb Jahren wieder begrüßen zu können.

Die Erinnerung war bei den gut 100 Genießern im Auditorium, 2018 waren es 150 Zuschauer gewesen, sofort da, als schon die ersten Töne von der Bühne klar machten, dass sich die Affinität zum Tango Nuevo á lá Astor Piazzolla als Schöpfer dieser Gattung nicht nur erhalten hat. Die Weltklasse-Musiker zeigten auch Entwicklung, enthusiastisch belohnt vom Publikum nach jedem Stück. Sie legten inzwischen fünf Eigenkompositionen vor, die allen Musikern Gelegenheiten gaben, ihre individuelle Klasse offen zu legen, ihren Anteil am Angebot zu zeigen.

„Milonga Para Sonja“ ist, so bekannte es der Kopf des Quintetts, der Belgier Joris Laenen, für seine Ehefrau zur Hochzeit geschrieben, allerdings nicht als Freudentaumel auf die Zukunft, sondern eher etwas nachdenklich in Tempo und instrumentaler Ausprägung.

Die internationale Ausprägung in personeller und musikalischer Hinsicht rührt aus dem langjährigen Engagement des ohnehin internationalen Ensembles im „Qatar Philharmonic Orchestra“, das sich multinational zusammensetzt. Joris Laenen nutzte seine Moderation des Konzerts für Hinweise, dass den Musikern durchaus die aktuellen politischen Entwicklungen präsent sind: „Derzeit reisen sehr viele Menschen aus der ganzen Welt nach Katar – die einen wegen der Fußball-Weltmeisterschaft, die anderen, um Gas zu kaufen.“

Musik mit Verschmelzung ihrer Ausprägungen von Kontinenten und deren Stilen, das haben Emoción auch ihres Engagements in Katar wegen verinnerlicht, variantenreich und mit enormer Spielfreude, feinen Tönen und enormen Tempi das Publikum in Hückelhoven mitreißend. Blindes Verständnis untereinander auf der Basis individueller Klasse zeichnet nicht nur die Instrumentalisten aus. Sängerin Sevine Abi Aad, mit Wurzeln in Nordafrika und dem Libanon, legt den Wortanteil der einzelnen Stücke zwischen, auf und unter die Instrumente, sicher in allen Höhen und Nischen; herausragend in Astor Piazzollas „Yo Soy Maria“, das neben dem melancholischen Part auch des Tango Nuevo Anflüge des portugiesischen Fado anklingen lässt, ebenso melancholisch und dramatisch, die Sängerin hat auch Wurzeln im portugiesisch-sprachigen Brasilien. Wunderschön-zart der Stimmen- und vor allem Saiten-Ausklang bei Piazzollas „Vuelvo al Sur“.

„Tango 0+“ – der ungewöhnliche Titel dieses Stücks hat eine ungewöhnliche Geschichte aus der multikulturellen Historie von Emoción, eben aus Katar. Man lernte dort den syrischen Musiker M. Almayani kennen und schätzen. Die Bitte um die Schöpfung eines „syrischen Tangos“ (nuevo) ergab eine ungewöhnliche Komposition, ein starkes Stück nahöstlicher Harmonie und Melodieführung mit klassischem Tango und dem Nuevo mit seiner Orientierung an Jazz-Grundlagen.

Nach der Pause betrat Sängerin Sevine Abi Aad die Bühne allein – á capella brachte sie die „Hymne de l’amour“ der großen Französin Edit Piaf, ohne deren unverwechselbares Tremolo nachzuschmettern, dem Stück einen ganz eigenen Charakter in allen Höhen verleihend.

Die dem rauschenden Schlussbeifall mit Jubelrufen folgenden Zugabe enthielt, wie könnte es anders sein, den „Libertango“ von Astor Piazzolla, mit dem die herausragenden Musiker in der Hückelhovener Aula nichts falsch machen konnten. Sowieso.

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