Hückelhoven Kirche gibt Flüchtlingen Wohnraum

Hückelhoven · Die Stadt Hückelhoven will Asylbewerber dezentral unterbringen. Bis Jahresende sollen 700 in der Stadt sein. Die katholische Kirche stellt Räume zur Verfügung. Hilfsbereit sind auch die evangelische und freikirchliche Gemeinde.

Beim drängenden Problem der Asylbewerberunterkünfte gibt die katholische Kirche der Stadt Hückelhoven Unterstützung. "Allen zerreißt es doch das Herz, die Not der Flüchtlinge zu sehen", sagte Pfarradministrator Winfried Müller bei einem Gespräch im Rathaus. Dankbar sei er dem GdG-Rat, der Pläne in der Gemeinschaft der Gemeinden einstimmig befürwortet hatte: Flüchtlinge können in den nächsten Tagen ins Ratheimer Haus der Begegnung und in Räume von St. Barbara ziehen. Ein Mietvertrag wird auch vorbereitet für das alte Pfarrhaus, das zwei Familien beherbergen könnte. Bisherige Nutzungen werden verlegt.

"Wir ziehen an einem Strang", sagte Bürgermeister Bernd Jansen erfreut. "Im Sinne der Willkommenskultur haben wir es bisher geschafft, allen ankommenden Flüchtlingen eine würdige Unterkunft und Begleitung zu bieten." Jansen sprach auch von einer "riesigen Welle der Hilfsbereitschaft", im Rathaus stehe das Telefon nicht still. Laut Sozialamtsleiter Heinz Josef Schmitz können die Ehrenamtler die Menge der Sachspenden kaum noch bändigen, Lagerkapazität fehlt. Am meisten benötigt würden weiter Fahrräder, Bettwäsche, Geschirr, Töpfe. Der Bürgermeister appellierte: "Wer freien, bezahlbaren Wohnraum hat, soll sich melden."

Seit September muss die Stadt jede Woche rund 20 Asylbewerber aufnehmen. Fast 400 Flüchtlinge aus 38 Nationen leben derzeit schon im Stadtgebiet. Nach jetzigem Stand müsse die Stadt bis Jahresende weitere 300 Menschen aufnehmen und versorgen. "Durch diesen Druck kriegen wir keine Vorsorgeplanung hin", klagte Schmitz. Neue werden mit zwei bis drei Tagen Vorlauf angekündigt, sie kommen meist aus Syrien, Iran, Eritrea. Gestern traf eine dreiköpfige nigerianische Familie ein, die ersten fünf Flüchtlinge bezogen Zimmer auf dem Jugendzeltplatz Brachelen. "Wenn das Land 14 000 Flüchtlinge aufnimmt, werden es auch hier noch mehr", fürchtete Erster Beigeordneter Helmut Holländer. Die für 2015 im Etat eingeplanten 508 000 Euro reichten bei weitem nicht: "Wir brauchen bis Jahresende mindestens das Doppelte." Bürgermeister Bernd Jansen forderte Finanzhilfen: "Wir kriegen das organisiert und sehen Bund und Land in der Pflicht, uns finanziell entsprechend auszustatten."

Nun öffnet auch die Kirche Türen. Im Pfarrhaus Brachelen wohnt schon eine Asylbewerberfamilie. Pfarrer Winfried Müller: "Für uns ist das ein Gebot der Mitmenschlichkeit und Christlichkeit, wenn wir alles tun, Menschen in Not beizustehen. Wir bitten alle, die Räume aufgeben müssen, um Verständnis." Ende nächster Woche könnten 24 Einzelbewerber ins Haus der Begegnung einziehen. Der sakrale Teil ("Werktagskirche") bleibt vorerst kirchlichen Zwecken vorbehalten, doch der Kirchenvorstand hat, so Müller, das Entwidmungsverfahren beim Bistum Aachen eingeleitet. Von St. Barbara ziehen das Katholische Forum und die Factory Church um nach St. Lambertus. Aus den unteren Räumen an der Brassertstraße, früher Pfarrbüro, könnte eine Ausgabestelle für Sachspenden werden. Die Kirche muss noch entwidmet werden. Müller weiß, dass das "für manche ein sehr emotionaler Punkt ist". Doch zur Vereinigung von St. Barbara und St. Lambertus sei der erste Schritt getan. "Wir wollen zeigen, dass Kirche aufseiten der Armen und Bedrängten steht. Wir wollen ein Zeichen setzen, dass jene, die fliehen vor Krieg, Terror und Gewalt, unsere Hilfe erfahren."

Diakon Manfred Kappertz unterstrich: "Die Jugendlichen ziehen nicht nur einfach um, die wollen auch eine Perspektive haben, wie's weitergeht. Im Kirchenraum wollen sie einen Platz haben, den sie selbst gestalten." Gespräche gehen indes weiter - auch der Pfarrsaal ist Thema. Die evangelische Gemeinde hat die große Wohnung von Pfarrer Mischnick für einige Monate angeboten, die Freikirchliche Gemeinde Baal ist auch bereit, zu helfen.

(RP)
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