Hückelhoven Wie die Nazis Kumpel auf Kurs hielten

Hückelhoven · „Grubenlicht“ hieß eine Bergmannszeitschrift im Nationalsozialismus. Autor Jürgen Klosa stellt sie im Maschinenhaus vor.

 Ein spannendes Kapitel aus der Bergbaugeschichte wird im Maschinenhaus von Schacht 3 erhellt.

Ein spannendes Kapitel aus der Bergbaugeschichte wird im Maschinenhaus von Schacht 3 erhellt.

Foto: Jörg Knappe (jkn)/Knappe, Jörg (jkn)

Einen wenig bekannten Teil der Bergbaugeschichte im Aachener Steinkohlenrevier hat der Geschichtsforscher Jürgen Klosa zu Tage gefördert: Die Nazi-Bergmannszeitschrift „Grubenlicht“ stellt er in einem Vortrag mit Lichtbildern am Dienstag, 26. Juni, 19 Uhr, im Maschinenhaus an Schacht 3, Sophiastraße, vor. Dazu laden der Arbeitskreis Hückelhoven des Heimatvereins der Erkelenzer Lande und der Förderverein für das Industriedenkmal Schacht 3 ein.

„Die Zeitung hatte den Zweck, die Bergleute auf Linie zu bringen, es sollte ein Gefühl der Kameradschaft hergestellt werden.“ Bei der „Zeitung“ hatte der Übach-Palenberger Geschichtsforscher und -autor Jürgen Klosa das „Grubenlicht“ im Blick, ein von 1933 bis 1939 erschienenes Organ der Nationalsozialisten für Bergleute im Aachener Revier, das politisch wirkte, aber auch das Geschehen in den einzelnen Steinkohle-Bergwerken, darunter auch Sophia-Jacoba in Hückelhoven, abbildete.

Am 26. Juni stellt der Übach-Boschelener Autor Jürgen Klosa im Maschinenhaus an Schacht 3 in Hückelhoven seine Forschungsergebnisse zum „Grubenlicht“ vor. Klosa, der vor wenigen Jahren schon ein Buch über die Grube Adolf in Herzogenrath-Merkstein geschrieben und 23 Jahre in der Verwaltung der Grube Anna in Alsdorf gearbeitet hat, hat sich als erster Forscher auf die Suche nach der lange vergessenen Zeitung für die Bergleute gemacht – und ist in der preußischen Staatsbibliothek in Berlin und in der Bibliothek Leipzig fündig geworden. Er beantragte Fernleihen, fotografierte insgesamt 1232 Seiten und pflegte sie aufwändig in eine Datenbank ein.

Acht Seiten lang war eine der 14-tägig erscheinenden „Grubenlicht“-Ausgaben normalerweise, zwei davon waren in der Regel politischer Natur, sagt Klosa. Auf vielen Titelseiten prangt Hitler, 80 Prozent von ihnen waren politisch gefärbt, nur etwa 20 Prozent bergbaulich, schätzt Klosa. Jahrzehntelang war das „Grubenlicht“ von der historischen Bildfläche nahezu verschwunden. Ein Blick auf die Erscheinungsjahre der Zeitungen für die Bergleute lässt auf die Gründe schließen. Die Machtergreifung Hitlers war im Jahr 1933, 1939 begann der Zweite Weltkrieg — in genau diesem Zeitraum erschien das Blatt.

Pathetische Gedichte sind zur Unterstützung für die nationalsozialistische Regierung verfasst, andere heroisieren unter anderem die Bergleute und deren Arbeit, eingestreut „harmlose“ Gedichte zu größeren Familienfeiern der Bergleute — das diente der Leser-Blatt-Bindung, und das wiederum in strammem, nationalsozialistischem Geist.

Die Forschung und Darstellung in diesem Vortrag schließt nach Jürgen Klosa „historische Lücken, die man für die Geschichte der einzelnen Gruben im Aachener Revier und damit auch für Sophia-Jacoba schließen muss“. Man könne nicht sechs Jahre in der Geschichte der Gruben ausblenden. Außerdem biete das „Grubenlicht“ eine ungefilterte Chronik dieser Jahre. Todeslisten der Bergleute ließen sich rekonstruieren, Eheschließungen und Geburten sind verzeichnet oder Kleinanzeigen, die erkennen ließen, woran damals Bedarf im Alltagsleben herrschte, weiß der Übach-Palenberger aus dem Stadtteil Boscheln, der bereits zahlreiche Veröffentlichungen vor allem rund um die Themen „Menschen und Arbeitswelt“ veröffentlicht hat, unter anderem im Heimatkalender.

Auch über die jeweilige politische Lage gebe das „Grubenlicht“ einen Überblick, so könnten Geschehnisse eingeordnet werden. Mithilfe seiner selbst erstellten Datenbank kann Klosa zu jeder Zeche der Region jedes Detail aus der Zeitung herausfinden, von Familienanzeigen über Reiseberichte und Fakten aus der Bergbaugeschichte.

Jürgen Klosa wird am 26. Juni dem Schachtverein und dem Arbeitskreis Hückelhoven ein Exemplar seiner Ausarbeitung zur Einsicht und weiteren Forschungen übergeben. Das Aachener Zeitungsmuseum wird das Material vom „Grubenlicht“ ebenfalls erhalten. Er wird auch weitere Nachforschungen zu Familien-Stammbäumen anstellen, die er ebenfalls bei der Durchsicht der Zeitungen gefunden hat. Weiterhin würde Jürgen Klosa auch Schülern für Facharbeiten seine Erkenntnisse vermitteln.

Der Eintritt ist frei, das Team von Schacht 3 bietet Getränke an.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort