Beratungsstelle in Hückelhoven Süchtigen wird auch ambulant geholfen

Hückelhoven · Bei Corona-Ängsten kann die ambulante Therapie für Abstinente eine Alternative zur Suchtklinik sein. Einen Anstieg verzeichnet die Beratungsstelle für Suchtfragen bei Amphetaminkonsumenten, die Rat suchen – darunter sind in hoher Zahl alleinerziehende Mütter.

 Wer derzeit eine stationäre Behandlung scheut, kann sich an die ambulante Suchttherapie Hückelhoven wenden.

Wer derzeit eine stationäre Behandlung scheut, kann sich an die ambulante Suchttherapie Hückelhoven wenden.

Foto: Bretz, Andreas (abr)

„Wir sind froh, dass wir aufhaben dürfen“, sagte Marlies Trapp bei der Vorstellung des Jahresberichts 2019 der Beratungsstelle für Suchtfragen. Die Einrichtung in Trägerschaft von Caritas und Diakonischem Werk war von Mitte März bis 27. April zu. „Wir haben aber sehr viel Kontakt gehabt mit den aktuell Betreuten, sie regelmäßig angerufen, die Bindung aufrecht erhalten, um sie aufzufangen mit den Themen, die sie beschäftigen“, erzählte die Psychologin.

In Corona-Zeiten erfolgt der Zugang zur offenen Sprechstunde nur mit telefonisch vereinbartem Termin, jeder Besucher desinfiziert sich im Flur die Hände, Berater und Klient tragen Masken. Am Suchtforum „Elternschaft und Sucht – ein Tabu?“ nahmen im Vorjahr 125 Personen teil, in diesem Jahr wird es kein Suchtforum geben. Beendet wurde wegen mangelnder Nachfrage die fast 20 Jahre bestehende Elterngruppe.

Im vergangenen Jahr nahmen 587 Personen Beratungsgespräche in Anspruch. Gegenüber den Vorjahren (610/607) eine rückläufige Zahl, aber 396 Klienten führten mehrere Gespräche. „Die Quote derer, die ernsthaft drangeblieben sind, ist höher“, sagte die Leiterin der Beratungsstelle. Es sei trotz krankheitsbedingter Personalausfälle gelungen, mehr Klienten zu binden. 191 Personen beließen es beim einmaligen Kontakt. 468 Klienten (79 Prozent) kamen wegen eigener Suchtprobleme, wobei die Beratungsstelle für legale wie illegale Suchtmittel zuständig ist. 124 Ratsuchende waren Bezugspersonen. Wie in den Vorjahren waren zwei Drittel Männer und ein Drittel Frauen. Die meisten Klienten (196) kamen wegen Alkoholproblemen. Bei illegalen Drogen überwiegen Cannabiskonsumenten.

Einen mit 20 Prozent starken Anstieg verzeichneten die Berater bei Amphetaminkonsumenten. „Darunter waren alleinerziehende Mütter in hoher Zahl“, berichtete Marlies Trapp. Das entspreche dem Zeitgeist, immer mehr schaffen zu wollen, aber immer mehr Aufgaben nicht gewachsen zu sein. Die Pschologin erklärte, warum Speed nicht die Lösung der Probleme darstellt: „Amphetamin tötet Emotionen – für die Beziehung von Mutter und Kind katastrophal.“

 Marlies Trapp ist die Leiterin der Suchtberatung.

Marlies Trapp ist die Leiterin der Suchtberatung.

Foto: Gabi Laue

Mit einer Gruppe von fünf Müttern nahm die Beratungsstelle an dem Forschungsprojekt der Katholischen Hochschule Köln. „Shift+“, teil. In zehn Modulen konnten Drogen-erfahrene, abstinente Frauen viel für sich aus dem Elterntraining herausziehen, darunter eine simple Erkenntnis: „Kinder wünschten sich mehr Zeit zum Kuscheln mit ihrer Mama“, sagte Marlies Trapp, die eine solche Gruppe gern als Regelangebot finanzieren lassen würde.

Eine Änderung in der Suchtnachsorge ergab sich 2019: Die Kostenträger strichen eine Option, was für die Kooperationspartner konzeptionelle Änderungen erforderte und sich finanziell auswirkte. „Das Angebot hat sich für die Versicherten nicht spürbar verschlechtert“, unterstrich Marlies Trapp. Ein positiver Effekt war, dass es nach Geilenkirchen nun auch in Hückelhoven eine Gruppe gibt, die Klienten nach der stationären Entgiftung begleitet.

Aktuell sind in der ambulanten Suchttharapie (ARS) der Hückelhovener Beratungsstelle, die für das gesamte Kreisgebiet zuständig ist, Plätze frei, sie kann nach Entgiftung (ausgenommen Heroin/Kokain) und Kostenzusage Klienten zeitnah aufnehmen. „Wer wegen des Coronavirus vor der stationären Behandlung zurückschreckt, für den könnte eine ambulante Reha-Behandlung eine Alternative sein“, so die Psychologin.

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