Im Wald zwischen Baal und Doveren Jetzt blüht die „Blaue Blume“ wieder

Hückelhoven · In einem Wald zwischen Baal und Doveren bietet sich Naturliebhabern derzeit ein blühendes Bild der „Blauen Blume“. Noch bis vor einigen Jahrzehnten wurde sie „Blaue Maiblume“ genannt.

 Die „Blauen Blumen“ im Waldstück zwischen Doveren und Baal blühen wieder.

Die „Blauen Blumen“ im Waldstück zwischen Doveren und Baal blühen wieder.

Foto: Laaser, Jürgen (jl)

Im April läuft die rhein-rurische Mies-Muschelsaison aus, die rhein-rurische Spargelsaison nimmt Anlauf und die „Blaue Blume“ im Wald „Hinterberg“ zwischen Doveren und Baal läutet das Frühjahr vor den Maiglöckchen ein. An manchen Wochenenden bewegen sich regelrechte Prozessionen von Menschen durch den Hochwald oberhalb der Landstraße 117, um den magischen blauen Teppich des auch „Hasenglöckchen“ gerufenen botanischen Edelgewächses zu besichtigen. Die in Deutschland nur an ganz wenigen Standorten vorkommende „Scilla non scripta“, botanischer Name, hat hier ihren größten Bestand außerhalb der atlantischen Regionen von Portugal bis Schottland.

Noch bis vor einigen Jahrzehnten wurde sie von den Baal-Doverenern „Blaue Maiblume“ gerufen, Kinder sollen sie, wie sonst Maiglöckchen, am Straßenrand Verkehrsteilnehmern zum eigenen Brot- oder Süßigkeitenerwerb angeboten haben. Von der Landstraße 117 ist der blaue Teppich im ansteigenden Gelände nach Norden/Granterath hin schimmernd zu sehen, er wirkt etwas mythisch im Halbdunkel zwischen den hohen Stämmen von Buchen, Eichen und u.a. Birken, de-ren Füße im flauschig-psychedelisch-blauen Bett der Blume stehen – auch darum hat sie Eingang gefunden ins Internet und in einen prächtigen Bildband mit dem Titel „Sagenhaftes Deutschland“.

„Eine Reise zu mythischen Orten“ haben Foto-Autor Kilian Schönberger und der Verlag Fredekind & Thaler den opulenten Fotoband von 240 Seiten im Untertitel benannt, der den inzwischen viel besuchten, sanft gewellten Teppich der „Blauen Maiblume“ gleich ganz vorn eingeordnet hat, er kostet 49,90 Euro. Die „Blaue Blume“ von Baal steht dort auf dem Innentitel-Blatt am Anfang von sagenhaften Orten in der Republik, wie den Externsteinen in Ostwestfalen, dem Watzmann, zahlreichen Burgen, Mooren, heiligen Bergen und uralten Bäumen. Auf einer 70.000 Kilometer langen Reise durch die Republik stieß der studierte Geograf Kilian Schönberger auf das wunderschöne Blümchen mit mehreren botanischen Zuordnungen, u.a. den Liliengewächsen, bei Baal-Doveren . Er fand damit vor allem die einzige wild-gewachsene, größte und schönste Population dieser Art in Deutschland. Sein Foto hatte der 30-jährige Kölner, in der Oberpfalz geborene Kamera-Autodidakten-Virtuose, recht flott – über die Entstehungs-Sage dieser Population der äußerst seltenen Pflanze konnte ihm allerdings niemand etwas sagen. Schönberger gelangte an den Arbeitskreis Hückelhoven im Heimatverein der Erkelenzer Lande (Heimat-AK Hückelhoven), um die „sagenhafte“ Genese des blauen Teppichs mit weiteren Sprenkeln bei Granterath, Rurich und Körrenzig zu erfragen.

Und dessen erster Griff ins Bücherregal führte zu Edmund Knorr, legendärer Pflanzen- und Vogel-kundler der Region (1885-1979, Ratheim/Erkelenz), der bereits 1952 umfangreiche Erläuterungen zu Vorkommen, Herkunft und wissenschaftlicher Beschreibung geliefert hat.

Knorr führt allein schon eine ganze Reihe von volkstümlichen und wissenschaftlichen Namen für das Gewächs auf, das im März jeweils bereits seine schmalen Blätter kranzförmig aus dem Wald-boden treibt, denen im April die rund 30 Zentimeter langen Blütenstiele mit bis zu 20 blauen, manchmal auch leicht rosafarbenen Glöckchen folgen. Knorr gefiel persönlich in der Flurlage „Hinterberg“ die Bezeichnung „Waldhyazinthe“ am besten. „Der“ Botaniker des Niederrheins, Hans Höppner bezeichnete sie in seiner „Flora des Niederrheins“ 1926 als „Hasenglöckchen“.

Die Franzosen, Vorkommen im Pariser Becken, der Normandie und der Bretagne, haben es ebenfalls mit den Glocken: „Bleues-Cloches“ – Blaue Glocken. Edmund Knorr fand am allerbesten die englische Sprachversion „Bluebells“, in Britannien kommt die auch als „Atlantisches Hasenglöckchen“ bezeichnete die Pflanze, die bis etwa 40 Zentimeter hoch werden kann, die Glöckchen etwa zwei Zentimeter, auch am dichtesten vor.

Die Vorkommnisse dieses Gewächses auf dem Kontinent sind dagegen weniger dicht als deren Bezeichnungen, zu denen der Aachener Gymnasialprofessor Arnold Förster 1878 noch „Nickender Endymion“ zufügte, Endymion war ein schöner, ewig jung bleibender Schäfer aus der griechischen Mythologie, „nickend“ ist botanisch für „an der Spit-ze im Bogen abwärts geneigt“, damit die Glocken an der Pflanze auch richtig hängen können.

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