Bilanz für 2018 1700 Tafel-Kunden in Hückelhoven

Hückelhoven · Die Armut in Deutschland hat sich seit 1991 verdoppelt. Die Tafeln in Hückelhoven, Baal und Wassenberg spüren den steigenden Bedarf. Umso größer ist das Bedauern Bedauern über das Scheitern eines Tafel-Netzwerks für den Kreis Heinsberg.

 Die Tafel ist angewiesen auf Geld- und Sachspenden. Das Kinderparadies mit Bekleidung und Spielzeug ist die schönste Abteilung im Baaler Tafel Depot. Gespendetes wird für wenig Geld verkauft.

Die Tafel ist angewiesen auf Geld- und Sachspenden. Das Kinderparadies mit Bekleidung und Spielzeug ist die schönste Abteilung im Baaler Tafel Depot. Gespendetes wird für wenig Geld verkauft.

Foto: Jürgen Laaser

„Armut gehört weiter zu unserem Alltag – mehr Armut, aber auch mehr Reiche.“ Zwei Tatsachen, die Heinz-Josef Schmitz als Vorsitzender des Vereins „Hückelhovener Tafel“ für das Jahr 2018 registrieren musste. Von 1991 bis 2017 habe sich die Zahl der Armen in Deutschland von rund 8,8 auf 17 Millionen, von elf auf 20,73 Prozent verdoppelt. Die seit 2005 bestehende Tafel mit Ausgabestellen in Hückelhoven, Baal und Wassenberg habe, um den steigenden Bedarf an Lebensmitteln und Haushaltsgegenständen, Kinderbedarf und Gegenständen des täglichen Bedarfs abdecken zu können, 2018 mit 55.000 Euro ein besonders hohes Spendenaufkommen generieren können. Sogar eine Verdoppelung gegenüber dem Vorjahr, sagte der Vorsitzende im Gespräch mit dieser Zeitung. Allerdings stehen auch hohe Kosten für Mieten für die Ausgabestellen in Hückelhoven, Lagerräume in Hilfarth, das Tafel-Depot in Baal und die drei Kraftfahrzeuge von fast 40.000 Euro entgegen.

Basis der Tafel, das stellt „Juppi“ Schmitz heraus, sind Dutzende von Helfern, die für die reibungslose innere Organisation und die Ausgabe der Waren an die Kunden in zig Stunden freiwilliger Arbeit sorgen. Allein in der Ausgabestelle Friedrichplatz in Hückelhoven zählt man rund 1700 Bedürftige oder Kunden.

Den Bedarf in wachsender Armut zu decken, ist nicht der einzige Antrieb der Tafel-Ehrenamtler, sich zu engagieren. Die elf Millionen Tonnen Lebensmittel, Obst und Gemüse, die jährlich in der Bundesrepublik im Müll landen, sind auch in Hückelhoven weitere Motivation zum Engagement. Bundesregierung und EU-Kommission wollen diese enorme Tonnage bis 2030 halbieren, das wirft bei der Hückelhovener Tafel die Fragen auf: „Warum nicht früher und nicht mehr? Braucht eine Regierung hierfür über zehn Jahre?“

Da der Hückelhovener Einzelhandel mitzieht, konnte die Tafel auch 2018 wieder ein ausreichendes Angebot an Lebensmitteln, Obst und Gemüse den Kunden zur Verfügung stellen. Der Stellenwert von Öffentlichkeitsarbeit zeigte sich für die Tafel-Freunde beim Cityfest im September, bei dem in zahllosen Gesprächen nicht nur Akzeptanz und Anerkennung erfahren, sondern auch wichtige Anregungen aufgenommen werden konnten. Sogar neue Sponsoren und Mitglieder konnten für den Eingetragenen Verein gewonnen werden.

Das 2016 im Baaler Gewerbegebiet ins Leben gerufene Tafel-Depot, einmalig im Kreisgebiet, hat sich zu einem bedeutenden Standbein auch in der Finanzierung des Gesamtvereins entwickelt – allein 35 Ehrenamtler kümmern sich um den Umsatz des „Non-Food“-Haushalts- und Kinder-Angebots, das sowohl Flüchtlingen wie auch dem sonstigen Kundenkreis der Hückelhovener Tafel mit der „Filiale“ in Wassenberg zur Verfügung steht.

Rund 100 Ehrenamtler bilden die Grundlage der Hückelhovener Tafel, für die ab und an im Jahr die Arbeit etwas in den Hintergrund rückt – so beim Sommerfest, Besuch des Korbmachermuseums Hilfarth, bei Spielen von Borussia Mönchengladbach und Stadionführungen dort; hilfreich bei der Finanzierung war dabei eine zweckgebundene größere Einzel-Geld-Spende.

Bedauern äußerte Tafel-Vorsitzender Heinz-Josef Schmitz zum Scheitern eines von Hückelhoven angestrebten Tafel-Netzwerks für den Kreis Heinsberg. Dabei sollte nach seiner Auffassung allen Beteiligten klar sein, dass Meinungsbildung, Arbeits- und Erfahrungsaustausch, das Helfen untereinander Sinn machen, erhebliche Synergieeffekte generieren können. Auch der CDU-Bundestagsabgeordnete Wilfried Oellers habe das Scheitern bedauert.

„Ich habe die stille Hoffnung“, so Juppi Schmitz, „dass es in einem zweiten Anlauf doch noch klappen wird!“ Und abschließend betonte er: „Die Menschen, die von unseren Leistungen profitieren, sollen sich weiterhin wohlfühlen und Wertschätzung erhalten, auch ein Gefühl für Hilfe, Geborgenheit und Teilhabe erfahren!“

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort