Kunst vor dem Abriss des Brachelener Gebäudes Kaisersaal mit bunten Graffitis verziert

Brachelen · Die jungen Projekt-Teilnehmer nahmen das Angebot an, das Eigentümer Jürgen Sester ihnen machte. Der Abrissauftrag für das Gebäude ist bereits erteilt. Hier sollen 22 Wohnungen und eine Gewerbeeinheit entstehen.

 Der Kaisersaal in Brachelen steht vor dem Abriss. Zunächst aber dürfen Jugendliche, organisiert durch das Team des St. Lambertus-Jugendheims Hückelhoven, die Außenwände beim Graffiti-Open Air verschönern. Hier sind es Patricia (l., 15 Jahre) und Lea (15), die ihre Kunstwerke an die Wände sprühen. Danyel Kocar (38) gibt Tipps.

Der Kaisersaal in Brachelen steht vor dem Abriss. Zunächst aber dürfen Jugendliche, organisiert durch das Team des St. Lambertus-Jugendheims Hückelhoven, die Außenwände beim Graffiti-Open Air verschönern. Hier sind es Patricia (l., 15 Jahre) und Lea (15), die ihre Kunstwerke an die Wände sprühen. Danyel Kocar (38) gibt Tipps.

Foto: Laaser, Jürgen (jl)

„PEACE“ hat sie in bunten Buchstaben auf die Außenfassade des Brachelener Kaisersaals gesprüht. Lea Lippert (15) ist zum ersten Mal Teilnehmerin des Graffiti-Projekts, zu dem Streetworkerin Tatjana Neumann und Jacqueline Küppers, die Leiterin des Hückelhovener Lambertus-Jugendheims „Katho“, gemeinsam eingeladen haben. Die Tage des alten Veranstaltungsraums, in dem unter anderem die Brökeler Kappehäuer ihre Karnevalssitzungen jahrzehntelang stattfinden ließen, sind gezählt.

Während die fünf jungen Projekt-Teilnehmer sich draußen mit Sprühdosen kreativ betätigen, verkauft drinnen der neue Besitzer des Gebäudes mit Gaststätte und Übernachtungsmöglichkeiten, Jürgen Sester, das erworbene Inventar an Interessenten. Den Abrissauftrag hat Sester, der 22 Wohnungen sowie eine Gewerbeeinheit plant, bereits einem Heinsberger Unternehmen erteilt. In der ersten Oktoberwoche soll der Brachelener Kaisersaal endgültig aus dem Ortsbild verschwinden. Bis Mitte Dezember sollen die Arbeiten erledigt sein.

Doch vorher gibt der Eigentümer den Jugendlichen noch die einmalige Gelegenheit, das Haus mit fantasievollen Graffiti-Kunstwerken zu verschönern. Bereits im Januar rief er deswegen im Hückelhovener Jugendheim an. Leiterin Jacqueline Küppers war sofort begeistert, nahm das Angebot dankbar an. Leider gebe es nur wenig Spielraum und wenige Möglichkeiten, diese moderne und ansprechende Kunstform auszuleben, erklärt sie. So komme es leider häufig zu Straftaten. Das Graffiti-Projekt biete den Mädchen und Jungen eine legale Möglichkeit, ihr Hobby auszuüben. Sie würden bei dem Entstehungsprozess begleitet und informiert über die Folgen illegaler Sprüh-Aktionen. Was am Brachelener Fochsensteg an zwei Wochenenden entstanden ist, zieht viele interessierte Blicke auf sich. Spaziergängern, aber auch Motorrad- und Autofahrern fallen die farbenfrohen Schriftzüge sofort ins Auge.

Graffiti-Künstler Danyel Kocar aus Aachen beschäftigt sich seit 1999 mit Graffiti-Kunst, leitet regelmäßig Workshops, die in den Kreisen Heinsberg und Düren sowie in der Städteregion Aachen auf großes Interesse der Jugendlichen stoßen. Am Brachelener Kaisersaal gibt er den jungen Teilnehmern Tipps, erklärt ihnen, wie die Sprühdose richtig gehalten wird und wie aus der mitgebrachten Skizze ein großes Graffiti an der Wand entsteht. Immer wieder kommt Investor Jürgen Sester dazu, um die kunterbunten Kunstwerke zu bewundern. An Sportvereine oder Privatleute gibt er Gläser, Tische, Stühle und Lampen ab. „Für kleines Geld“, wie er sagt.

Wo jetzt noch der Saal steht, soll eine Tiefgarage gebaut werden. Der Brachelener, der sich im Vorstand des Heimatvereins engagiert, kennt die Geschichte des Gebäudes, dessen Gaststätte schon vor mehr als 100 Jahren vorhanden gewesen sei. Der Kaisersaal sei im Zweiten Weltkrieg zerstört und 1965 wieder aufgebaut worden. Der Eigentümer-Familie Krieger kaufte er das komplette Anwesen im Mai 2019 ab. Bewohnt ist der Kaisersaal immer noch: Alle Fremdenzimmer und Appartements sind laut Sester befristet bis Ende September vermietet. Um die Aktivitäten der Jugendheim-Besucher zu dokumentieren, hielten einige Teilnehmer die Graffiti-Aktionen unter Anleitung des Wassenberger Fotografen Sven Mispelbaum auf Bildern fest. Die Ergebnisse der Fotopirsch sollen im Jugendheim gezeigt werden.

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