Heinsberger Jubiläumsfirma Aus kleinen Anfängen auf der Straße des Erfolgs

HEINSBERG · Krisen und Kriege, Schicksalsschläge und Stehvermögen. Das Familienunternehmen Frauenrath blickt auf 150 Jahre Firmenhistorie.

 Arnold Frauenrath (Mi.) mit seinen Pflasterern. Mit 17 war der Sohn von Gründer Gereon Frauenrath nach der Korbmacherlehre bei den Gebrüdern Königs in den  Betrieb eingetreten.

Arnold Frauenrath (Mi.) mit seinen Pflasterern. Mit 17 war der Sohn von Gründer Gereon Frauenrath nach der Korbmacherlehre bei den Gebrüdern Königs in den  Betrieb eingetreten.

Foto: Frauenrath

Der Recherche zweier Historiker, die Arndt Frauenrath (1940-2015) beschäftigte, ist ein Gründungsjahr zu verdanken, nach dem das Familienunternehmen sein 150-jähriges Bestehen gefeiert hat. In den Steuerrollen der Bürgermeisterei Hilfarth von 1868 fanden sie Gereon Frauenrath (30), als selbstständigen Pflasterer in einem drei-Personen-Haushalt, darunter ein Familienmitglied unter 16.

Der Handwerksbetrieb, der im Winter nicht bauen kann, braucht vor der Jahrhundertwende einen Nebenerwerb. Schon Gereons Vater hatte in Hilfarth als Wannmacher gearbeitet, die Familie besitzt 20 Morgen Land mit Korbweiden und geht dem florierenden Handwerk des Korbflechtens nach. Das lernen auch die Söhne Arnold und Jakob, die sodann vom Vater das Pflastern erlernen. Als Gründer Gereon Frauenrath sich mit rund 60 Jahren aus der harten Arbeit zurückzieht, wagen Arnold, im September 1868 geboren, und sein jüngerer Bruder Jakob 1904 einen Neubeginn. Und der junge Arnold beweist unternehmerisches Geschick, baut den einstigen Pflasterbetrieb zu einem modernen Straßenbauunternehmen aus, das ab 1925 mit Dampfwalzen auch Schwarzdeckenbau erledigt. Die Korbmacherei ist derweil im Niedergang begriffen. Indessen tritt Glanzstoff 1899 in Oberbruch mit der Kunstfaser einen Siegeszug an. Die Umstellung auf Viskoseverfahren beschert dem Industriestandort Oberbruch einen gewaltigen Aufschwung und Arnold Frauenrath volle Auftragsbücher. Mit dem geschäftlichen Erfolg ziehen Familie und Baubetrieb nach Heinsberg. 1914 beschäftigt Frauenrath 30 Mitarbeiter. Doch der 1. Weltkrieg durchkreuzt alle Pläne. Jakob und alle Mitarbeiter müssen zum Militär, Arnold bleibt in Heinsberg zurück. In den 1920er Jahren baut er das Unternehmen rasch wieder auf. Jetzt bietet der zunehmende Kraftverkehr Wachstumschancen. Immer häufiger werden jetzt Deckschichten aus Teer und Bitumen aufgebracht. Mit 6000 Goldmark wird zum 1. Oktober 1925 der Straßenwalzenbetrieb A. Frauenrath ins Handelsregister eingetragen.

Die Weltwirtschaftskrise trifft auch Frauenrath, erst 1936 kommt ein Aufschwung. Inzwischen hat mit den Söhnen Moritz und Gereon die dritte Generation das Steuer übernommen, aus dem Pflasterbetrieb ist ein vielseitiges Straßenbauunternehmen gewachsen. Doch treffen Schicksalsschläge die Familie. Schon 1923 war Peter, der Älteste, mit 20 nach schwerer Krankheit gestorben, im Dezember 1936 folgt ihm Moritz mit 29 Jahren. 1939 übergibt Arnold Frauenrath seinem nunmehr einzigen Sohn Gereon den Betrieb. Ab 1942 muss Frauenrath für die Nazi-Organisation Todt (OT) bauen – in Russland, begleitet von seinem Schwager Willy Königs und einer Straßenbaukolonne. Als Soldat fällt Gereon am 8. Oktober 1944 in Lettland. So verlieren Arnold und Wilhelmine Frauenrath auch noch den Jüngsten, gerade erst 33. Er hinterlässt seine junge Frau Carola und zwei Kinder. Steht das Unternehmen vor dem Aus?

 Mit einer Spritzmaschine trugen Arbeiter Teer auf. In den 1930er und 1940er Jahren waren sie in der Saison täglich außer sonntags von etwa 7 bis 18 Uhr auf den Baustellen.

Mit einer Spritzmaschine trugen Arbeiter Teer auf. In den 1930er und 1940er Jahren waren sie in der Saison täglich außer sonntags von etwa 7 bis 18 Uhr auf den Baustellen.

Foto: Frauenrath
 Arbeiter posieren vor der ersten Dampfwalze der Firma Frauenrath auf der Geilenkirchener Straße im Jahr 1925.

Arbeiter posieren vor der ersten Dampfwalze der Firma Frauenrath auf der Geilenkirchener Straße im Jahr 1925.

Foto: Stadtarchiv Heinsberg
 Gereon und Jörg (re.) Frauenrath sind die geschäftsführenden Gesellschafter der Unternehmensgruppe. In der fünften Generation führen sie den Familienbetrieb nach 150 Jahren in die Zukunft.

Gereon und Jörg (re.) Frauenrath sind die geschäftsführenden Gesellschafter der Unternehmensgruppe. In der fünften Generation führen sie den Familienbetrieb nach 150 Jahren in die Zukunft.

Foto: Frauenrath
 Straßenbau zu Urgroßvaters Zeiten – mit Holzschuhen und Pfeife. Der seinerzeit moderne Straßenwalzbetrieb begann 1925.

Straßenbau zu Urgroßvaters Zeiten – mit Holzschuhen und Pfeife. Der seinerzeit moderne Straßenwalzbetrieb begann 1925.

Foto: Frauenrath

Die Familie wird mit Schwiegertochter und den Enkeln Arndt und Brigitte evakuiert und findet 1944 ein Trümmerfeld in Heinsberg vor. Vom Betrieb ist neben teilweise zerbombten Gebäuden nur eine kleine Motordieselwalze übrig. Arnold Frauenrath überzeugt Carola, mit Hilfe des langjährigen Mitarbeiters August Schneider, den Neuanfang zu wagen. Sie ist gerade erst 30, nicht vom Fach und muss sich als Unternehmerin behaupten. Das tut sie 20 Jahre lang mit eisernem Willen – um ihrem fünfjährigen Sohn Arndt das Unternehmen zu erhalten. Wohl das spannendste Kapitel der Firmenhistorie. Zwar hat sie Risiken und große Investitionen gescheut, dafür aber die Firma wieder aufgebaut, um sie nach dem Tod von Schwager Willy 1963 an Sohn Arndt zu übergeben. Die vierte Generation springt mit nur 22 Jahren ins kalte Wasser. Der reine Straßenbauer strebt zu neuen Horizonten. 1988 beginnt der Bau der neuen Zentrale an der Industriestraße. Ein Jahr später übernimmt mit Gereon und Jörg Frauenrath die fünfte Generation und schlägt neue Kapitel der Erfolgsgeschichte des Familienbetriebs auf.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort