Fair-Teiler in Rurich Foodsharing läuft trotz Krise weiter

Rurich · Trotz der Corona-Krise bemühen sich die Foodsharer im Kreis Heinsberg, ihr System aufrechtzuerhalten. Bislang klappe das gut, schildert Wilhelm Körfer aus Rurich. Nur die Abläufe wurden den Schutzmaßnahmen angepasst.

 Foodsharing – Initiative gegen Lebensmittelverschwendung – funktioniert auch in Zeiten von Corona. An Stationen im Kreis Heinsberg sammeln und verteilen unermüdliche Helfer überproduzierte oder ungewollte Lebensmittel. Dieter Wimmers (li.) aus Wassenberg und Matt Körfer aus Rurich sortieren.

Foodsharing – Initiative gegen Lebensmittelverschwendung – funktioniert auch in Zeiten von Corona. An Stationen im Kreis Heinsberg sammeln und verteilen unermüdliche Helfer überproduzierte oder ungewollte Lebensmittel. Dieter Wimmers (li.) aus Wassenberg und Matt Körfer aus Rurich sortieren.

Foto: Ruth Klapproth

Seit etwas mehr als einem Jahr gibt es die „Foodsaver“ und „Foodsharer“ im Kreis Heinsberg: Leute, die Lebensmittel vor der Mülltonne retten und mit anderen teilen. Das Prinzip ist simpel: Übrig gebliebenes Essen wird bei Supermärkten und Discountern abgeholt, sortiert und zu sogenannten „Fair-Teilern“ gebracht, wo jeder sich kostenlos Produkte abholen darf.

Grundsätzlich darf dort jeder Lebensmittel ablegen oder mitnehmen. Rund elf Tonnen Lebensmittel wurden so durch das System im vergangenen Jahr aufgefangen und weitergegeben. Wilhelm „Matt“ Körfer aus Rurich hat in seinem Innenhof einen solchen Fair-Teiler etabliert. Durch die Corona-Krise haben sich die Abläufe in seinem Alltag als Foodsaver deutlich verändert. Strenge Hygienevorschriften und den Mindestabstand müssen Betriebsverantwortliche einhalten. Die wichtigste Botschaft jedoch: Die Foodsaver erhalten ihr System aufrecht. „Wir haben frühzeitig Maßnahmen ergriffen und sind mit der Sache gewachsen. Zum Beispiel haben wir Leute in den eigenen Reihen, die uns Masken nähen. Wir haben uns selbst eine Maskenpflicht auferlegt“, erklärt Körfer.

„Ich habe das Glück, dass ich einen 80 Quadratmeter großen Innenhof zur Verfügung habe“, erzählt er. Den habe er nun zweigeteilt: Auf einer Seite dürfen die Menschen zu einer festen Öffnungszeit einzeln eintreten und sich eine fertig gepackte Kiste nehmen. Hinter einem Tisch, der den notwendigen Abstand gewährleistet, warten in einem Kühlschrank die Milchprodukte. Auf der anderen Seite geht es wieder hinaus. Durch den ausreichenden Platz kann sein eigener Fair-Teiler weiterhin geöffnet bleiben. Viele Kisten werden ebenfalls direkt nach Hause geliefert: „In diesem Fall sieht es so aus, dass wir die geretteten Lebensmittel mit Mundschutz und Handschuhen sortieren, verpacken und den Leuten vor die Türe stellen“, schildert er den Ablauf. Damit Müll vermieden wird, geben einige Leute ihre eigenen Kisten ab, die dann wieder befüllt werden.

In Supermärkten aussortierte B-Waren wie Obst und Gemüse sind neben Back- und Trockenwaren in den Kisten enthalten. „Anders als die Tafeln dürfen wir auch Produkte weitergeben, die das Mindesthaltbarkeitsdatum überschritten haben. Wir vertrauen da ganz auf die Sinne“, erklärt Körfer. „Gerade bei Trockenwaren wie Keksen oder Schokolade sei dies häufiger der Fall. Zu Beginn der Krise habe es einen Einbruch gegeben bei der Menge an Lebensmitteln, die gerettet wurde. „Das war hauptsächlich dem Kaufverhalten der Bevölkerung geschuldet. Mittlerweile erhalten wir aber wieder fast die gewohnten Mengen“, berichtet Körfer.

Grundsätzlich geht es beim Prinzip des Foodsharings um bewusstes Konsumieren und einen nachhaltigen Lebensstil, weniger um Bedürftigkeit. „Momentan ist es aber so, dass wir zunehmend Anfragen von Senioren bekommen, die lieber zu Hause bleiben möchten oder Personen, die durch die geschlossenen Tafeln in eine Notlage geraten sind“, berichtet Wilhelm Körfer. „Wir schaffen immer wieder einen Platz für diese Menschen. Dabei wird gewährleistet, dass man mit dem Inhalt der Kiste mindestens zwei bis drei Tage auskommt.

Derzeit erhält der Ruricher ebenso vermehrt Anfragen von Betrieben, die bislang noch nicht mit der Foodsharing-Initiative zusammengearbeitet haben. Darunter sind beispielsweise Catering und Lieferdienste, die aufgrund abgesagter Veranstaltungen Lebensmittel abgeben möchten, oder auch Unternehmen, die sonst die jetzt geschlossenen Tafeln beliefert haben und nun andere Abnehmer suchen.
„Es ist viel in Bewegung im Moment und man weiß nicht, wie sich die Lage entwickelt“, sagt Körfer. Am wichtigsten ist ihm, dass der Betrieb des Rettens und Verteilens so gut wie eben nur möglich weiterläuft. „Es ist wichtig, dass wir trotz der Hilflosigkeit einen kühlen Kopf bewahren. Ich stehe mit den Kreisbehörden in Kontakt. Da wir zur Versorgung der Bevölkerung beitragen, dürfen wir voraussichtlich selbst im Falle einer Ausgangssperre weitermachen.“

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