Hückelhoven Brombeerproblem bei Hasenglöckchen

Hückelhoven · Nach der Durchforstung im Wald der Blauen Blumen zwischen Baal und Doveren lassen Baumkronen jetzt mehr Licht durch. Das hat dazu geführt, dass Brombeeren die Hasenglöckchen überwuchern. Die Folge: Es muss gespritzt werden.

 Das Hasenglöckchen bei Baal gerät unter dem Würgegriff der wilden Brombeeren in Bedrängnis. Einzige Rettung nach Überzeugung des Naturschutzbeirats ist das Spritzen. Auf einer Testfläche wurden Ranken wirksam bekämpft.

Das Hasenglöckchen bei Baal gerät unter dem Würgegriff der wilden Brombeeren in Bedrängnis. Einzige Rettung nach Überzeugung des Naturschutzbeirats ist das Spritzen. Auf einer Testfläche wurden Ranken wirksam bekämpft.

Foto: KREIS HEINSBERG

Der Wald der Blauen Blumen bei Doveren ist als großes zusammenhängendes Vorkommen der Waldhyazinthe deutschlandweit einmalig. Entsprechend ist die Stadt Hückelhoven bemüht, die Fläche, die Naturfreunde aus nah und fern anzieht, zu hegen und zu pflegen. Die letzte Durchforstung aber, die dem Hasenglöckchen mehr vom lebensnotwendigen Licht verschaffen sollte, hat ein anderes Problem heraufbeschworen: Mit mehr Licht sind die Brombeersträucher explodiert und bedrohen nun die Blauen Blumen. Um den Bestand zu retten, so wurde jetzt im Naturschutzbeirat deutlich, muss im Naturschutzgebiet Herbizid gespritzt werden.

Anfang 2013 hatte die Stadt Hückelhoven Forstarbeiten zwischen den Buchenstämmen veranlasst. Die Durchforstung sei für das Überleben der Blauen Blumen unabdingbar gewesen, hatte der für Umwelt und Naturschutz zuständige Geo-Ökologe Harald Helger versichert. "Der Einschlag war notwendig. Wenn es zum Kronenschluss kommt, verschwindet das Hasenglöckchen", hieß es damals. Doch der Schuss ging wohl nach hinten los. Norbert Dismon vom Amt für Umwelt und Verkehrsplanung des Kreises Heinsberg, zuständig für Landschaftsplanung sowie Eingriffe in Natur und Landschaft, hatte eine Hiobsbotschaft in der Sitzung des Naturschutzbeirats am Montag: "Der Bestand des Hasenglöckchens ist durch das Überwuchern mit Brombeeren in Teilbereichen des Naturschutzgebietes akut bedroht." Zwar seien in Europa die Bestände der Hyacinthoides non-scripta wegen großer Vorkommen in England, Frankreich und Spanien keine besonders schützenswerte Art, doch gelten die großen Flächen zwischen Baal und Doveren und bei Doverheide, hinter QVC, als einziger natürlicher Bestand in Deutschland. "Die Hasenglöckchen sind so stark überwachsen, dass ihr Vorkommen in den nächsten Jahren verschwindet, wenn man nicht eingreift. Ohne Licht sind sie nicht überlebensfähig", erläuterte Dismon. Der Stickstoffeintrag aus der Luft fördere das Wachstum der Brombeere.

Doch was tun? Überlegt wurden verschiedene Maßnahmen von der chemischen Keule bis zur mechanischen Bekämpfung. Mähen sei kaum durchführbar, weil die Wurzeln im Boden bleiben, erklärte Norbert Dismon. Eine Beweidung mit Ziegen sei wegen der nahen Straße und der Giftigkeit der Hasenglöckchen nicht möglich. Man müsse eine Lösung finden, bis die Baumkronen in zehn bis 15 Jahren wieder dichter wachsen. Im Jahr 2016 wurden zwei Testfelder gespritzt. Die besten Ergebnisse habe Garlon gebracht, ein selektiver Unkrautvernichter, der nur mit Sachkundenachweis und Genehmigung verwendet werden darf. Das müsse in der Wachstumsperiode im Juli/August gespritzt werden. Auch der Botaniker der Biologischen Station Wildenrath habe sich für das Spritzen ausgesprochen. "Ein Verzicht wegen des Naturschutzgebiets würde dem Hasenglöckchen zum Verhängnis", stellte Dismon klar.

Förster Claus Gingter räumte ein, man habe Gutes für die Scilla gewollt, aber nichts Vernünftiges erreicht: "Die letzte Durchforstung war ein Rohrkrepierer." Auch er hielt Garlon für das Mittel der Wahl - als absolute Ausnahme: "Das Ergebnis spricht für sich." Eine ganz andere Ansicht vertrat Michael Straube vom Naturschutzbund: "Mir widerstrebt es grundsätzlich, in einem Naturschutzgebiet zu spritzen." Daher werde er auch nicht für die Maßnahme stimmen. Die Mehrheit im Naturschutzbeirat (bei einer Gegenstimme und drei Enthaltungen) ließ sich schweren Herzens überzeugen, mit Herbizid die Brombeeren zu vernichten, um die Blauen Blumen zu retten.

(gala)
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