Ausstellung in Hückelhoven Platzen Träume eigentlich immer an der Wirklichkeit?

Hückelhoven · Der Kunstverein Canthe fügt dort noch bis Sonntag die Werke von elf eigenen Künstlern zur großen Jahres-Ausstellung zusammen, für die diese den Titel „Traum und Wirklichkeit“ gewählt haben

Dirk Tölke vor „Traum und Wirklichkeit“ von Laura Helene Förster.  RP-Foto:    Willi Spichartz

Dirk Tölke vor „Traum und Wirklichkeit“ von Laura Helene Förster. RP-Foto: Willi Spichartz

Foto: Willi Spichartz

Das Alte Rathaus am Ratheimer Markt ist derzeit mit Planen verhüllt. Die Frage „war … hier?“, kommt hier nicht, die Antwort selbstredend auch nicht. Verhüllt ist drinnen derzeit auch eine lebensgroße Holzskulptur „Ganz in Weiß“, eine weibliche Figur im Brautkleid mit Schleier, passend zur Räumlichkeit – das Alte Rathaus ist auch Trau(m)zimmer der Stadt Hückelhoven. Der Kunstverein Canthe fügt dort noch bis Sonntag die Werke von elf eigenen Künstlern zur großen Jahres-Ausstellung zusammen, für die diese den Titel „Traum und Wirklichkeit“ gewählt haben, im Grund das Ur-Thema von Bildender Kunst.

Canthe-Künstler Toni Jansen begrüßte für den verhinderten Vorsitzenden Helmut Neusser und den ebenfalls verhinderten Stellvertreter Jürgen Legewie mehr als 50 Interessierte zur Themen-Jahres-Ausstellung des seit 40 Jahren bestehenden Kunstvereins. Er erinnerte an die im vergangenen Jahr verstorbenen Mitglieder, die Künstler Miroslaw Sigut und den am Montag zu Grabe getragenen Henning Herzberg de Pers sowie den langjährigen Vorsitzenden Hans Latour. Im Frühjahr jeweils stellt sich die Künstlergruppe ein Thema für die Ausstellung, die Ende November oder Anfang Dezember präsentiert wird. Eine Tradition, die auch über zwischenzeitliche Ateliergespräche der Künstler vertieft wird.

Eine gewisse Tradition hat auch der Umstand, dass der Aachener Kunsthistoriker Dirk Tölke zur Eröffnung von Bild zu Bild, Skulptur zu Skulptur, Objekt zu Objekt eine regelrechte Fangemeinde hinter sich her zieht, den Blick auf Detailaspekte richtet und ihn dabei schärft. „Niemand träumt etwas, das ihn nichts angeht“, stellte Tölke den Fokus auf die Neuro-Wissenschaft, nach der von Träumen im Schlaf nach dem Wechsel in die Wachphase Bruchstücke erhalten bleiben – und den Künstlern als Ideen dienen. Die Ausstellung der elf Canthe-Künstler zeige Entwicklung, Entwicklung zum Wachtraum. Zum Erwachen aus einem schönen Traum wie dem des Griechen Ikarus vom Fliegen, aus dem er nicht aufwachte, er stürzte zu Tode gezeigt in Acryl auf Leinwand.

Real abblätternde Farbe auf einem Foto eines Hauses im Dorf – Landflucht auf dem Land? Städter fliehen aufs Dorf, allerdings in die Neusiedlung am Rand, der Traum zerplatzt an Geräuschen und Gerüchen des Alt-Dorfs.

Alte Bilder überarbeitet – eine neue Wirklichkeit als Aufgabe der Kunst insgesamt, drehbare Flugmenschen in einem Objekt als Ideal, japanischer Mensch, japanische Kuh, Fotos ferner Exotik, Träume, die in Düsseldorf in der Realität entstanden sind, so der Kunsthistoriker.

Der Traum von der ewigen Jugend, von der Ehe, von Lebenssituationen der Verlorenheit und der Alterung, großformatig eine „Wolkenwelt“, mindestens doppeldeutig, abstrakt und figürlich, grundlegend als „Neuorganisation“ als Aufgabe der Kunst überhaupt, so Dirk Tölke, der den Rundgang mit dem eindrücklichen Rat schloss: „Träumen Sie!“

(isp)
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