7 Fakten Wie Hilden zu seiner Bücherei kam

Hilden · Am 13. Februar 1912 bewilligen die Hildener Stadtverordneten 500 Mark aus den Zinsüberschüssen der Sparkasse für die Errichtung einer Volksbibliothek. Zwölf Mal ist die Stadtbibliothek in den vergangenen 100 Jahren umgezogen. Hier sind sieben Fakten, die Sie vielleicht noch nicht kennen.

 Star Wars Aktionswoche in der Stadtbücherei: Alex (8) fand das klasse.

Star Wars Aktionswoche in der Stadtbücherei: Alex (8) fand das klasse.

Foto: Köhlen, Stephan (teph)

1) 1893 empfiehlt der Regierungspräsident dem Hildener Bürgermeister, eine Volksbibliothek einzurichten.1899 erneut. Bürgermeister Karl Wilhelm Heitland antwortet, dass die fünf konfessionellen Bibliotheken ausreichten. 1300 Bände hatten die Bibliotheken des Borromäusvereins, des katholischen Gesellenvereins, des katholischen Arbeitervereins, des evangelischen Jünglingsvereins und der evangelischen Schule. Es waren vorwiegend religiöse Schriften und Unterhaltungsliteratur.

2) 1902 fragt der Landrat an – und das Jahr für Jahr. Nichts geschieht. 1912 ändern die Stadtoberen ihre Meinung. Weil der Kreis Geld zur Verfügung stellt und auch die meisten Nachbarstädte bereits Stadtbüchereien eingerichtet haben. Am 13. Februar 1912 bewilligen die Stadtverordneten 500 Mark aus den Zinsüberschüssen der Sparkasse für die Errichtung einer Volksbibliothek. Am Sonntag, 5. Januar 1913, um 11.30 Uhr eröffnet die Volksbibliothek im Hintergebäude der Schule Schulstraße. Mit einem Schrank und 391 Bänden. Hilden hat zu dieser Zeit 18.500 Einwohner. Geöffnet ist sonntags von 11.30 bis 12.30 Uhr. Eine Leihgebühr gibt es nicht. Die Ausstellung einer Leserkarte kostet in den ersten Jahren 20 Pfennig. In der Bücherei gibt es ausschließlich Unterhaltungsliteratur.

Wer früher ein Buch ausleihen wollte, musste sich an die Mitarbeiter an der Theke wenden. Erst in den 1950er Jahren setzte ein Umdenken ein. 
  Foto: Stadtarchiv Hilden

Wer früher ein Buch ausleihen wollte, musste sich an die Mitarbeiter an der Theke wenden. Erst in den 1950er Jahren setzte ein Umdenken ein. Foto: Stadtarchiv Hilden

Foto: Stadtarchiv Hilden

3) Als den Nazis 1933 die Macht übergeben wird, „säubern“ sie auch die Stadtbüchereien. Leiter Heinrich Strangmeier fingiert einen „Verkauf“ der jetzt verbotenen Bücher, zahlt das aus eigener Tasche und rettet so rund 90 Bände. Nach 1945 kehren sie nach Hilden zurück. Sechs der geretteten Bücher sind in der Stadtbibliothek ausgestellt.

 Bibliothek des Jahres 2016. Das Team der Stadtbücherei jubelt.

Bibliothek des Jahres 2016. Das Team der Stadtbücherei jubelt.

Foto: Stadt Hilden

4) 1955 stellt Büchereileiter Max Beier auf die bis heute praktizierte Freihand-Aufstellung um. Jeder Nutzer kann in den Regalen selber stöbern. Das war bis dahin nicht so. Man musste seine Wünsche einer Mitarbeiterin an einer Theke nennen. Zuerst wird die Kinderbücherei auf Freihand umgestellt. Rund 1000 Kinder und Jugendliche unter 14 Jahren leihen in den 1950er Jahren 40.000 Bände im Jahr aus. Sie haben die Wahl zwischen 3300 Titeln.

Auf Initiative Heinrich Strangmeiers zog die Bücherei wenige Tage nach dem Krieg 1945  in das Gebäude Mittelstraße 44. In den Kriegsjahren hatte die NSDAP dort ihr Quartier.

Auf Initiative Heinrich Strangmeiers zog die Bücherei wenige Tage nach dem Krieg 1945  in das Gebäude Mittelstraße 44. In den Kriegsjahren hatte die NSDAP dort ihr Quartier.

Foto: Kirschbaum/Stadtarchiv Hilden

5) Zwölf Mal wechselt die Bücherei in hundert Jahren das Gebäude und den Standort. 1913 eröffnet die Volksbibliothek im Hintergebäude der Schule Schulstraße. Noch im gleichen Jahr zieht sie in das Haus Marktstraße 5 um. Ab Juni 1924 ist die Bücherei in einem Zimmer der evangelischen Schule an der Walder Straße untergebracht. Von 1930 bis 1945 haust die Stadtbücherei im Keller des damaligen Helmholtz-Gymnasiums an der Gerresheimer Straße 20. 1962 befindet sich die Bücherei im Haus Mittelstraße 44 (dort hatte die NSDAP ihr Hauptquartier) und 46 (ehemalige Commerzbank). 1972 zieht die Bücherei in das Kulturamtsgebäude an der Mettmanner Straße. 1976 ist sie in der ehemaligen Sparkasse an der Bismarckstraße.

  
 Von 1930 bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges 1945 war die Bücherei im Keller des damaligen Helmholtz-Gymnasiums an der Gerresheimer Straße 20 untergebracht.

Von 1930 bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges 1945 war die Bücherei im Keller des damaligen Helmholtz-Gymnasiums an der Gerresheimer Straße 20 untergebracht.

Foto: Kirschbaum/Stadtarchiv Hilden

6) Am 15. Januar 1994 öffnet der Neubau am Nové-Město-Platz. Der schicke, gläserne Turm des Hildener Architekten Hans Strizewski kostet 6,1 Millionen Mark und gilt seit seiner Fertigstellung als eines der schönsten Bücherei-Gebäude in der ganzen Region.

7) 2016 erhält die Stadtbücherei Hilden die Auszeichnung „Bibliothek des Jahres“ – und das im Wettbewerb mit Uni- und Landesbibliotheken in ganz Deutschland. Das ist ungefähr so, als wenn der VfB Hilden die Deutsche Meisterschaft gewonnen und Bayern, Dortmund und Schalke geschlagen hätte. Hilden fördere die interkulturelle Bibliotheksarbeit, erläuterte die Jury in ihrer Laudatio. Die Stadtbücherei  habe eine Reihe von Angeboten für geflüchtete Menschen konzipiert und umgesetzt. Mit allen örtlichen Schulen und mit vielen Kindertagesstätten seien Kooperationsvereinbarungen für regelmäßige Angebote geschlossen worden. Sie sorgten für den Großteil der Neuanmeldungen bei der Stadtbücherei. In der Bibliothek sei ein Netz aus Lernpaten, Vereinen und Religionsgemeinschaften in der Stadt entstanden. In ihrer digitalen Kommunikation und Ausstattung sei die Bücherei vorbildlich: Über umfangreiche Social Media-Kanäle binde die Bibliothek die Hildener Öffentlichkeit in ihre Angebote, Aktionen und Services ein und biete allen Besuchern elektronische Endgeräte (E-Book-Reader, Tablets und Smartphones) zum Ausprobieren an. Mit regelmäßigen Schulungen, Gaming-Aktivitäten und vielfältigen Veranstaltungen (vor Corona 360 pro Jahr) erreiche die Stadtbibliothek eine große Bandbreite an Zielgruppen. Mit rund 6200 Kunden und 130.000 Besuchen pro Jahr (vor Corona) ist die Stadtbücherei am Nove-Mesto-Platz die am meisten besuchte Service-Stelle der Stadtverwaltung.

Diesen Artikel haben wir 2022 erstmals veröffentlicht und anlässlich des „Geburtstags“ 2024 noch einmal republiziert.

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