Hilden Wenn Kinder gemobbt werden

Hilden · Leistungsabfall, Rückzug, Bauchschmerzen: Alle diese Symptome können ein Anzeichen dafür ein, dass Kinder in der Schule gemobbt werden. Beim Jugendamt gibt es Mitarbeiter, die Kinder, Eltern und Lehrer unterstützen.

 Michael Willms ist Sozialpädagoge und Deesakalationstrainer.

Michael Willms ist Sozialpädagoge und Deesakalationstrainer.

Mobbing unter Schülern ist ein aktuelles Thema, das es sogar in den jüngsten Fernseh-Tatort schaffte. Für Michael Willms, Sozialpädagoge bei der Stadt Hilden, gehört zum Alltag, was viele Erwachsene als Hochspielen ganz normaler Auseinandersetzungen unter Kindern und Jugendlichen abtun, oft mit den Worten: "Wir haben uns früher auch gestritten und gekloppt."

 Mobbing unter Kindern und Jugendlichen muss nicht mit körperlicher Gewalt einhergehen, sondern kann auch verbal geschehen oder durch Ausgrenzung.

Mobbing unter Kindern und Jugendlichen muss nicht mit körperlicher Gewalt einhergehen, sondern kann auch verbal geschehen oder durch Ausgrenzung.

Nicht mit Tätern konfrontieren

Doch Mobbing ist mehr, weiß der ausgebildete Deeskalationstrainer: "Mobbing ist ein Konflikt, der sich über drei bis sechs Monate verfestigt", erläutert Willms. Ausgrenzung aus der Klassengemeinschaft, verdeckte oder offene Schikanen, verbale Attacken ("Du stinkst, setz dich woanders hin!"): Die Formen des Mobbing sind vielfältig und oft so subtil, dass Eltern und Lehrer zunächst nichts davon mitbekommen.

Kinder, die gemobbt werden, reagieren nicht selten mit Rückzug, Leistungsabfall und körperlichen Beschwerden wie Bauch- oder Kopfschmerzen. Eltern, die solche Veränderungen mitbekommen, sollten Mobbing als Ursache in Betracht ziehen, sagt Willms. Aus Erfahrung weiß er: "Kinder, die sich ernst genommen fühlen, offenbaren sich."

Stellt sich heraus, dass das Kind wirklich gemobbt wird, sollten Eltern auf keinen Fall den (oder die) "Täter" oder dessen Eltern mit Anwürfen konfrontieren, sondern eine Lösung des Konflikts im Schulalltag anstreben. "Den Klassenlehrer ansprechen, fragen, wie das Kind in der Klasse zurecht kommt", rät Willms.

Lehrer sollten mit Hilfe von externen Fachleuten den Mobbing-"Täter" in der Gruppe ansprechen. Wenn alles Reden nicht fruchte, könnten sie "mit dem ganzen Sanktionskatalog drohen, der ihnen zur Verfügung steht, bis hin zum Schulverweis", empfiehlt Willms. Auf Anforderung stehen er und zwei weitere Kollegen Lehrern und Eltern beratend zur Seite.

Täter aus allen sozialen Schichten

Wer mobbt, ist immer stärker als der Gemobbte. "Fatal ist, wenn sich eine Clique bildet. Die kann eine ganze Klasse beherrschen", weiß Willms. Oft gibt es in einer solchen Gruppe eine "graue Eminenz", die die anderen manipuliert. "Die muss man herausfiltern und mit ihr arbeiten", sagt der Sozialpädagoge.

Die "Täter" kommen aus allen sozialen Schichten. "Nicht selten haben sie es zu Hause mit Stressfaktoren zu tun und suchen sich als Ventil ein Opfer, das sie triezen können", weiß der Sozialpädagoge. Die Dritten im Mobbing-Szenario sind die Zuschauer, die oft die Situation bagatellisieren oder Angst haben, selbst zum Opfer zu werden. Wenn man es schafft, dass sie Stellung beziehen, das Geschehen öffentlich machen und Hilfe holen, sei man ein ganzes Stück weiter, erläutert Willms.

Das gilt auch für Eltern und Lehrer. Bisher hätten sich erst wenige Schulen an die Fachkräfte im Jugendamt gewandt, berichtet der 33-Jährige. Er weiß aber aus Erfahrung, dass gerade nach dem Übergang in weiterführende Schulen, wenn der Klassenverband sich neu finden muss, die Gefahr von Mobbing unter Kindern groß ist.

(RP)
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