Hilden Wellness-Jazz zum Auftakt

Karolina Strassmayer, Drori Mondlak, Stefan Bauer und John Goldsby eröffneten die Jazztage mit Lebenslust und Leidenschaft. Im Kunstraum des Gewerbeparks war es brechend voll, einige wünschten sich in die große Halle.

Hilden: 22. Jazztage - "My favorite Things"
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22. Hildener Jazztage - "My favorite Things"

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Die Bilder in warmen Farben der aktuellen Kunstraum-Ausstellung passten hervorragend zum schwungvollen Opening der Jazztage, zu denen Ludger Reffgen im Gewerbepark-Süd eine treue Fangemeinde begrüßen konnte: Rund 180 Zuhörer quetschten sich in die muckelige Location, um Karolina Strassmayer, Drori Mondlak, Stefan Bauer und John Goldsby als erweitertes Ensemble "Klaro!" zu lauschen.

Ein Glücksgriff für den Vorsitzenden des Hildener Kulturausschusses, der eine kurze Bilanz vergangener Festivals zog und Peter Baumgärtner für die Organisation von 17 Jazztagen dankte. Mit dem Opener "The tragic lives of Maximilian and Carlotta" zeigte die passionierte Bergsteigerin, warum sie zu Recht auf dem Gipfel der Altsaxophonist(inn)en steht: Ihre augenzwinkernd interpretierte Eigenkomposition mixt gekonnt europäische Folklore mit amerikanischen Traditionals, überrascht mit chromatischen Einfällen und Trugschlüssen.

Mit Schmäh erzählte Strassmayer nicht nur die Geschichte hinter dem Stück, sondern stellte auch ihre Band vor, die dem Anspruch des Themas "World Jazz" mehr als gerecht wird: Die "Jazz World" der Österreicherin mit Wohnsitz in Köln und NYC wird bereichert von zwei Wahl-New-Yorkern aus Mexiko-City und dem Ruhrgebiet sowie einem im Rheinland lebenden US-Amerikaner.

Letztgenannter - Bassist John Goldsby ist Strassmayers WDR-Big-Band-Kollege - hatte denn auch in "Droris Dilemma" reichlich Gelegenheit, mit fingerfertigen Läufen seiner Spielfreude Ausdruck zu verleihen, während Stefan Bauer mit vier Schlegeln und wuchtiger Chromatik das zweimanualige Vibraphon bearbeitete, um es dann wieder mit Pedal-Effekten zu dämpfen.

Kein Wunder, dass die Bandleaderin nicht nur ihre eigenen Soli zum Niederknien fand. In "After All", der Eigenkomposition ihres wohl nicht nur musikalischen Partners, zog Drummer Drori Mondlak alle perkussiven Register - da vibrierte selbst der Notenständer.

Längst war da schon der Funke aufs Publikum übergesprungen, das zwar mit Beifall für gekonnte Soli nicht geizte, ansonsten aber eher gesittet blieb - dies wohl auch dem Durchschnittsalter geschuldet, das nach dem bereits anderthalb Stunden dauernden ersten Set dankbar an die Frischluft strömte. Die Musiker mischten sich in der Pause natürlich unters Publikum - auch das macht die Popularität der Jazztage aus.

Den nächsten Szenenapplaus gab?s für das Eingeständnis Karolinas, bei der Titelauswahl ihrer Eigenkompositionen ein schlechtes Händchen zu haben: "Seven Minutes in Heaven" ist nämlich in den USA der Titel für die Spielvariante des deutschen "Flaschendrehens". Kein Wunder, dass der Saxophonistin das erotisierende Aufwärts-Glissando besonders gut gelang.

Es ist ja schon eine Kunst, derart voluminöse Luftströme in stickiger Luft zu erzeugen - und dann noch so einschmeichelnd, das von den entrückten Zuhörern sich keiner auch nur zu räuspern wagte. Sanft zupfte der Bassist, streichelte der Drummer die Felle mit den Besen: Wellness-Jazz pur. Dann wieder schien sich das Ensemble im Dschungel verirrt zu haben: Wie eine Djembe muteten die Trommel-Rhythmen an, die bei "Calling all shadows" im Ethno-Jazz explodierten.

Auch in "Sweet Tooth" spielte sich Drummer Drori in einen Rausch, der mit Akkorden des Vibraphonisten dann wieder in geregelte Bahnen geklöppelt wurde. Auch Stefan Bauer war mit einer Eigenkomposition vertreten: In "Coney Island" erzählt der Wahl-New-Yorker vom nostalgischen Vergnügungspark an der Atlantikküste. Es wird spannend zu hören, was "Jazz World" noch so bereit hält.

(rl/ila)
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