Serie Haltestellen-Geschichten Waldschenke war ein beliebtes Ausflugsziel

Hilden · Die Haltestelle „Waldschenke“ steht an der Elberfelder Straße (B 228), eine sehr alte Ausfallstraße in Richtung Wuppertal-Elberfeld über Haan, auf der noch vor über 58 Jahren Jahre Straßenbahnen der „Bergischen Kleinbahn AG“ und später der „Rheinischen Bahngesellschaft AG“ (Rheinbahn) fuhren.

 Die Waldschenke aus der Vogelperspektive mit Parkplatz und Außen-Terrasse, Ruderbooten auf dem Weiher und  Wasserfontäne.

Die Waldschenke aus der Vogelperspektive mit Parkplatz und Außen-Terrasse, Ruderbooten auf dem Weiher und  Wasserfontäne.

Foto: Stadtarchiv Hilden

Man konnte vom Oberbilker Markt in Düsseldorf über Wersten, Holthausen und Benrath sowie auf weiterem Wege über Hilden, Haan bis nach Vohwinkel (heute Wuppertal) mit der Linie „V“ fahren und dann in die Schwebebahn umsteigen. Das dauerte mit Stopps etwa 110 Minuten bei einer Geschwindigkeit von 25 km/h. Auf überörtlichen Strecken galt die Straßenbahn in den 1960ern als Verkehrshindernis für die Autos, 1961 fährt die „V“ zum letzten Mal.

Die Elberfelder Straße führt mitten durch den Hildener Stadtwald, der von vielen Menschen als Fahrrad-, Jogging- oder Wanderstrecke genutzt wird. Im Wald ist auch ein „Trimm-Dich-Pfad“ angelegt worden. Unweit der ehemaligen Waldschenke wurde 1929 der „Lievenstein“ als Denkmal für den Stifter des Stadtwaldes, Ehrenbürger Wilhelm Ferdinand Lieven, aufgestellt und eine über 100 Jahre alte Eiche ( Lieveneiche) erklärte man zu einem Naturdenkmal.

 Bauarbeiten für das Kriegerdenkmal am Fuchsberg. Bis heute wird dort der Opfer von Kriegen und Gewalt gedacht.

Bauarbeiten für das Kriegerdenkmal am Fuchsberg. Bis heute wird dort der Opfer von Kriegen und Gewalt gedacht.

Foto: Stadtarchiv Hilden

Die „Waldschenke“ ist ein Ausflugsziel nicht nur der Hildener, sondern auch für die Ausflügler aus den umliegenden Städten. Das war schon 1908 zu Beginn der Gaststätte so und ist es heute auch noch. Heute heißt das Lokal mit großer Außen-Gastronomie „12 Apostel“. Nach 1908 fanden etliche Aus- und Umbauten statt. Ein beliebtes Sonntagsvergnügen waren nicht nur „Kaffee & Kuchen“ oder kühle Biere auf der Terrasse, sondern auch eine Tour mit dem Ruderboot zu zweit oder alleine auf dem Weiher, in dessen Mitte eine große Wasserfontäne sprudelte.

Scheinwerferübung der Flugabwehr aus der Waldkaserne auf dem Sandberg im Winter 1938/39.

Scheinwerferübung der Flugabwehr aus der Waldkaserne auf dem Sandberg im Winter 1938/39.

Foto: Stadtarchiv Hilden

Nach dem Zweiten Weltkrieg beschlagnahmten die britischen Militärs die Waldschenke und erst 1958 konnte das Haus allmählich wieder als Ausflugslokal genutzt werden. Neben der Waldschenke hat der Tennisverein TC Stadtwald Hilden seine Platzanlage. TC-Teams spielen zum Beispiel in der Niederrheinliga oder in der Verbandsliga.

Straßenbahn der Linie V an der Haltestelle „Waldschenke“ 1961, Im Bild Triebwagen 107 mit Beiwagen.

Straßenbahn der Linie V an der Haltestelle „Waldschenke“ 1961, Im Bild Triebwagen 107 mit Beiwagen.

Foto: Stadtarchiv Hilden

In Blickweite von der Waldschenke aus befindet sich das Freibad im Grünen, das Waldbad Hilden. Zwei große Schwimmbecken, ein Sprungbecken mit diversen Sprunganlagen und ein Kinderbecken sowie Wasserrutschen garantieren für viel Wasserfreuden bei Jung und Alt.

Das Waldschwimmbad in den 1930er Jahren: Die Straßenbahn hielt praktisch vor dem Eingang.

Das Waldschwimmbad in den 1930er Jahren: Die Straßenbahn hielt praktisch vor dem Eingang.

Foto: Stadtarchiv Hilden

In den Anfängen sah es da im Waldbad schon etwas bescheidener aus. 1923 begann das Waldbad als Naturbad, es musste nämlich reichlich gespart werden. Und so wurde erst einmal das Wasserbecken nicht betoniert, sondern eine ordentliche Rasenböschung angelegt. Das Wasser entwich ständig und es musste mit viel Leitungswasser immer wieder aufgefüllt werden. Dann wurde nachträglich doch betoniert, aber der moorige Untergrund machte Reparaturen notwendig. Mit viel Geld musste dieses Problem gelöst werden und dann wurde die Badeanstalt mit Umkleiden, Brausen oder Sprungturm weiter ausgebaut.

Das Waldschwimmbad in den 1930er Jahren

Das Waldschwimmbad in den 1930er Jahren

Foto: Stadtarchiv Hilden

Gegenüber der Waldschenke liegen Gelände, Mannschaftsunterkünfte, Werkstätten und Sportplatz der Bundeswehr. Seit 1969 heißt die Kaserne „Waldkaserne“. Sie wurde 1937/38 erbaut und diente der deutschen Wehrmacht, speziell Flugabwehrtruppen, als Unterkunft. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde Deutschland in vier alliierte Besatzungszonen aufgeteilt. Im Sommer 1945 zogen die US-Militärs aus Hilden ab und übergaben die Stadt den Britischen Einheiten („British Army of the Rhine“).

 Eingang der Waldkaserne an der Elberfelder Straße unter dem englischen „Union Jack“. Die Briten zogen erst 1969 ab.

Eingang der Waldkaserne an der Elberfelder Straße unter dem englischen „Union Jack“. Die Briten zogen erst 1969 ab.

Foto: Stadtarchiv Hilden

Im März 1968 verließen die einstigen Besatzer die Stadt Hilden. Die Bundeswehr übernahm die Kasene. Seit vielen Jahren gibt es sogar einen „Freundeskreis der Bundeswehr Waldkaserne Hilden“.. Jedes Jahr im Karneval stürmen zu „Altweiber“ die Jecken die Waldkaserne.

Südlich der Haltestelle, westlich der Waldkaserne steht auf dem Fuchsberg ein Ehrenmal - auch als Gedenkstein oder Kriegerdenkmal bezeichnet - für die Gefallenen in kriegerischen Auseinandersetzungen vor dem Zweiten Weltkrieg, Es wurde 1936 eingeweiht. Die eingemeißelten Namen beginnen schon im Jahr 1815 oder setzen sich fort mit Südafrika (1904). Auch in der NS-Zeit wurden hier Kriegshelden geehrt. Für die Zeit von 1939 bis 1945 ist eine Gedenktafel angebracht: „Hilden gedenkt seiner Toten, die im 2. Weltkrieg gefallen sind - oder durch Terror, Flucht, Vertreibung und Gefangenschaft ums Leben kamen.“

In der Hildener Heide auf beiden Seiten der Elberfelder Straße erheben sich die drei größeren Hügel von Hilden. Nördlich der Taubenberg mit ca. 81 Metern Höhe, südlich der Jaberg (106,6 Meter) und daneben der Sandberg (106,2 Meter), der im Winter gerne als Rodelbahn genutzt wird. Östlich des Taubenbergs ist 2008 der Segelflugplatz Kesselsweier geschlossen worden. Am Sandberg wurden in den 1920er Jahren erste Flugversuche unternommen. In dem Gebiet rund um die drei Erhebungen fand man immer wieder Klingenschaber oder Feuersteinklingen aus der Frühzeit und es gibt Geschichten dazu, die Jahrtausende zurückreichen.

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