Haan Wachwechsel bei der Haaner Tafel

Haan · Bernd Fürstenberg übernimmt die Leitung der Haaner Tafel von Marion Beckershoff. Bis zum Jahresende arbeitet die Tafel-Gründerin ihren Nachfolger ein.

Es war ein Zeitungsaufruf, der Bernd Fürstenberg vor zwei Jahren zur Haaner Tafel brachte. Der Kaufmann im Vorruhestand wollte sich ehrenamtlich betätigen und da kam der Bedarf nach einem Fahrer gerade recht. "Ich war erschrocken, als ich hörte, dass zehn Prozent aller Bürger berechtigt sind, bei uns einzukaufen", berichtet Fürstenberg. Alle zwei Wochen hilft der inzwischen 60-Jährige bei der Ausgabe der Lebensmittel dienstags im Gemeindezentrum der Freien evangelischen Gemeinde mit.

Erst vor einigen Tagen sei ihm dabei ein Erlebnis nahegegangen. Er habe einem Mann Lebensmittel gegeben und vorgeschlagen, er könne den Rest ja einfrieren. Die Antwort des Kunden: "Würde ich ja gerne machen – aber ich lebe auf der Straße." Bernd Fürstenberg ist immer noch erschüttert: "Und das bei uns in Haan!" Das lässt ihn dafür arbeiten, "dass so eine Not abgemildert wird", betont Fürstenberg.

Bis zum Jahresende wird Marion Beckershoff ihren Nachfolger einarbeiten. Vor neun Jahren hatte die rührige 54-Jährige mit den Vorarbeiten der Tafelgründung begonnen, die Anfang Oktober 2006 ihren Betrieb aufnahm. Jetzt will sich die Haanerin – sie ist Gestalttherapeutin und Heilpraktikerin für Psychotherapie – mehr der beratenden Tätigkeit – auch innerhalb des Sozialdienstes katholischer Frauen und Männer (SKFM) – widmen. "Die Tafel hat sich so entwickelt wie ich mir das vorgestellt habe", blickt Marion Beckershoff zurück und ist stolz auf die Vielzahl ehrenamtlicher Helfer und die Stimmung im Team. Sie dankt allen für ihr Engagement und wünscht Bernd Fürstenberg "das Vertrauen und die große Mithilfe, die ich hatte". Bedauerlich findet Beckershoff, dass es in unserem Land so viele Bedürftige gebe. Die Zahl der Hartz-IV-Bezieher habe sich in sieben Jahren verdoppelt.

Zum gestrigen Ausgabe-Tag brachte Jutta Glenz einen großen Karton von Strickwaren an die Ellscheider Straße. Mützen und Schals für Kinder, zum Teil aufwendig gestrickte Socken, Loops und Taschen hatten Kundinnen und Schülerinnen des von Jutta Glenz gegründeten Handarbeit-Fachgeschäftes "gefilzt und zugenäht" gefertigt. Im Juni hatte die Geschäftsfrau von der Bahnhofstraße den Aufruf gestartet. "Ich möchte daraus eine Dauereinrichtung machen", sagt die Kauffrau. Wer immer – auch aus Wollresten– nette Sachen für Kinder häkeln, stricken oder nähen möchte, kann diese Spenden bei ihr im Geschäft abgeben.

Alle Tafelkunden hatten gestern die Möglichkeit, bei ihrem Einkauf einen der Wollartikel auszusuchen. Mittags war alles vergriffen. 20 ehrenamtliche Helfer unter Leitung von Agnes Deitermann bestückten im Gemeindezentrum die Tische mit Waren, die von den sechs Fahrern angeliefert worden waren.

Die "Tafel"-Arbeit ist schwerer geworden. "Wir brauchen dringend neue Sponsoren", betont Marion Beckershoff. Um den "Tafel"-Betrieb zu gewährleisten, fielen Fixkosten von rund 30 000 Euro pro Jahr an – unter anderem zum Unterhalt der Fahrzeugflotte. In diesem Jahr dürfte das Jahresziel verfehlt werden. "Uns fehlt noch rund die Hälfte des Geldes", sagt Beckershoff.

Darum ist die Tafel angewiesen auf Spenden. Bernd Fürstenberg nennt Geld statt Geburtstagsgeschenke als Möglichkeit. Eine Familie stifte der Tafel monatlich 50 Kilogramm Kartoffeln und ein Ehepaar bringe regelmäßig einen großen Karton voller Supermarkt-Einkäufe. "Am meisten gefragt sind bei den Kunden Zucker, Kaffee und Waschmittel", sagt der neue Tafelleiter.

(RP)
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