Kommentar Von ADS bis Zickenterror
Düsseldorf · Ehrlichkeit statt Leistungsdruck
Von "Aufmerksamkeitsstörung" über "Schlafen lernen" bis hin zu "Zickenterror" – die gut sortierte Elternbibliothek im ersten Stock der Stadtbücherei am Nové-Mesto-Platz hält Erziehungstipps für jedes Alter bereit. "Unsere Ratgeber werden gut genutzt", betont Büchereileiterin Claudia Lemke. Die 1755 Medien im Bestand der Elternbibliothek seien allein in diesem Jahr bis jetzt schon über 3000 Mal ausgeliehen worden.
Die Auswahl trifft Lektorin Birgit Halfkann, die auf Grundlage von Fach-Rezensionen, Kundenwünschen oder -empfehlungen einkauft. Vier Themenkomplexe umfasst ihre direkt neben der Kinderbücherei gelegene Abteilung: "Eltern werden", "Aufwachsen", "Freizeit" und "Lernen". Pfeile an den jeweiligen Regalreihen verweisen auf die thematischen Untergruppen wie pädagogische oder Spiele-Tipps, Party-Gestaltung, Kinderkleidung selbst stricken, Freizeitgestaltung, Medienerziehung oder Elternprogramme wie "Step".
Auch die "Gurus" unter den Beratern sind vertreten: Klassiker wie der bereits 1964 erschienene Dreikurs (siehe Info), Thomas Gordons "Familienkonferenz" oder Rogges gesammelte Werke seien immer noch stark nachgefragt; die Popularität von Steve Biddulph lasse dagegen nach. Offenbar ist "das Geheimnis glücklicher Kinder" inzwischen ergründet.
Die ehrliche Auseinandersetzung mit der eigenen Biografie sei wichtiger als die Lektüre jedes Erziehungs-Ratgebers, empfiehlt Dr. Reinhard Mühlen den ihn konsultierenden Eltern. Ein Gedanke, den aktuell auch eine große Wochenzeitung aufgreift: Noch nie seien Eltern so fürsorglich gewesen wie heute, würden den Nachwuchs aber bei der kleinsten Auffälligkeit zum Therapeuten schicken, da man dem Spezialisten mehr traue als der eigenen Intuition. Offenbar also lassen wir Eltern lieber an unseren nicht immer stromlinienförmigen Kindern herumschrauben, als uns selbst zum TÜV zu begeben. Denn dann müssten wir ja gegebenenfalls unsere überzogenen Erwartungshaltungen und Projektionen auf den Prüfstand stellen. Stattdessen versuchen wir, unsere eigene Atemlosigkeit auf unsere Kinder zu übertragen, statt sie zu verteidigen gegen das Räderwerk, in dem wir selber stecken. stm