Hilden Unfallbilder gehen unter die Haut

Hilden · Das Präventionsprogramm der Polizei richtete sich gestern an rund 300 Oberstufenschüler von Hildener Gymnasien.

 300 Oberstufenschüler verfolgten gebannt die Schilderungen und Bilder von Unfällen. Auch Jenna Wisser und Hanna Schnelle sind tief beeindruckt.

300 Oberstufenschüler verfolgten gebannt die Schilderungen und Bilder von Unfällen. Auch Jenna Wisser und Hanna Schnelle sind tief beeindruckt.

Foto: Olaf Staschik

"Crash Kurs NRW" nennt sich eine Aktion der Polizei, die jungen Verkehrsteilnehmer ab 17 Jahren eindringlich vor Augen führt, welche Schicksale mit Unfällen verbunden sind, die häufig durch Fehlverhalten verursacht werden. Polizisten, Sanitäter, Notärzte und Seelsorger erzählen plakativ von Einsätzen, die sie erlebt haben, zeigen Fotoaufnahmen, vor denen sie die Öffentlichkeit normalerweise schützen. Rund 300 Oberstufenschüler der beiden Hildener Gymnasien wurden gestern mit dem Präventionsprogramm konfrontiert.

In der Aula des Helmholz-Gymnasiums herrscht fast so etwas wie Totenstille, als die Polizistin Steffi Trump auf die Bühne tritt und mit belegter Stimme von einem Einsatz erzählt, der ihr bis heute schwer zu schaffen macht. " Ich kann mich genau erinnern. Es war eine verregnete Nacht von Mittwoch auf Donnerstag, kurz vor Silvester. Ich war mit meiner Kollegin auf Streife. Um 0.22 Uhr erhielten wir plötzlich über Funk folgende Nachricht...."

Aus den Lautsprechern der Mensa knackt und fiept es, dann hört man die Originalaufnahme aus der Unfallnacht. "Einsatz auf der Meiersberger Straße, Ecke Steinhofstraße. Verkehrsunfall mit Verletzten." Sehr plastisch schildert die 37-jährige Polizistin, wie sie sich mit Blaulicht der Unfallstelle nähert, diese absperrt und dann erst das gesamte Ausmaß realisiert. Zeitgleich werden Fotos gezeigt, überall verstreute Trümmerteile, eine wie ein Streichholz umgeknickte Ampel, der völlig zerknautschte Mercedes. Fünf junge Männer saßen in dem Fahrzeug. "Zwei lagen auf der Straße, bedeckt mit Tüchern, zwei saßen im Kofferraum eines anders Autos und zitterten am ganzen Köper. Aber das Schlimmste waren diese fürchterlichen Schreie, diese unsagbar schlimmen Hilfeschreie des eingeklemmten Fahrers. Nie wieder werde ich die vergessen", beschreibt Steffi Trump stockend und mit leiser Stimme ihre Emotionen. "Später haben wir erfahren, sie wollten von Heiligenhaus nach Ratingen zu Mc Donalds, eine reine Spaßtour war das mit völlig überhöhtem Tempo." Niemand ruft etwas dazwischen, keiner lacht. Betroffenheit. Der Appell ist deutlich, auch ohne erhobenen Zeigefinger. Trotzdem bringt es die Moderatorin Ilka Steffens auf den Punkt: Der Kick für diesen einen Moment kann nicht nur ein, sondern viele Leben verändern, zerstören. "Seid Euch bewusst, dass auch Ihr als Mitfahrer Einfluss haben könnt. Wenn Ihr merkt, dass jemand sich beim Fahren beweisen will, indem er unverhältnismäßig Gas gibt, dann nehmt ihm den Druck mit Worten und macht ihm klar, dass er das nicht nötig hat." Rettungssanitäter Marcel Burowski erzählt von einem schweren Motorradunfall an einem sonnigen Junitag, verursacht ebenfalls durch überhöhte Geschwindigkeit. Fotos zeigen ein völlig zertrümmertes Motorrad, ein Klumpen Blech, der keinerlei Rückschlüsse mehr auf etwa die Marke zulässt. Auch Marcel Burwoski schont die jungen Zuhörer nicht mit Worten: "Der junge Fahrer lag mitten auf der Autobahn, er war mit Freunden und Familienmitgliedern unterwegs, die alle um ihn herumstanden. Er blutete überall, die Knochen guckten hervor, die Blutlache wurde immer größer. Zwei Stunden später war er tot. Diese zwei Stunden haben das Leben unzähliger Menschen erschüttert und zerstört, das sind Bilder, die man nie mehr vergisst."

Auch die Geschichten eines Seelsorgers, der Eltern die Todesnachricht ihrer verunglückten Kinder nicht nur einmal überbracht hat, die Erzählungen eines Notarztes über Einsätze, in denen Drogen und Alkohol im Spiel sind und letztlich die Schilderungen eines jungen Mannes, der selbst seit einem Motorradunfall querschnittsgelähmt ist, vermitteln die Botschaft der Veranstaltung: Leichtsinn, Übermut und Selbstüberschätzung sind keine guten Begleiter im Straßenverkehr.

Die 17-jährige Jenna Wisser ist sichtlich betroffen: "Mich hat das alles sehr mitgenommen. An einer Stelle musste ich wirklich weggucken." Auch ihre Freundin Hanna Schnelle wirkt bedrückt. Sie macht gerade den Führerschein. "Ich persönlich brauche diesen Appell nicht, weil ich eh sehr vorsichtig und ängstlich bin. Aber es war schon heftig und auch gut. "

(dani)
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