Im Twizy von München bis zum Nordkap Eine Stunde fahren, zwei Stunden laden

Hilden · Otto Schönbach ist mit seinem kleinen Elektro-Auto auf Rekordtour. In Hilden legte er einen Boxenstop ein.

 Otto Schönbach (42) fährt mit dem Twizy von München zum Nordkap.  RP-Foto: Christoph Schmidt

Otto Schönbach (42) fährt mit dem Twizy von München zum Nordkap. RP-Foto: Christoph Schmidt

Foto: RP/Christoph Schmidt

Lederhose, Wanderschuhe, Bart, kernig: Otto Schönbach sieht so aus, wie man sich im Rheinland einen Bayer vorstellt. „Die Lederhose muss ich nicht waschen. Das ist unkompliziert“, erklärt er. Das ist wichtig, wenn man sich so ein Abenteuer vorgenommen hat. In rund sechs Wochen will der 42-Jährige mit seinem vollelektrischen Renault-Twizy von München zum Nordkap fahren – mit einem Gefährt, das nur knapp 80 Kilometer Reichweite hat. Es ist ein Rekordversuch.

Bei Bäcker Schüren in Hilden legte er jetzt einen Boxenstop ein. „Ich möchte die Leute zum Nachdenken bringen über ihre Mobilität“, erläutert Schönbach seine Mission: „Die meisten bewegen sich im Alltag höchstens 200 Kilometer. Diese Entfernung kann man auch mit Elektroautos zurücklegen. Das ist einfach, günstig und nachhaltig.“ Der Twizy ist aber nicht nur ein Elektro-Auto: Er ist ein kultiger Hingucker auf der Straße, mit dem man Aufmerksamkeit erregt. Er ist eine Lebenseinstellung, ein Statement auf vier Rädern.

Tesla fahren muss man sich leisten können. Der Twizy ist so etwas wie einst die „Ente“: Wer so ein komisches Auto fährt, traut sich was, hat Selbstbewusstsein. „Twizy-Fahrer sind alle auf sehr positive Weise bekloppt“, sagt Otto Schönbach und meint damit auch sich selbst. Sein Gefährt sorgt dafür, dass er jeden Tag interessante Leute kennenlernt. Er werde auf seiner Nordkap-Challenge häufig von anderen Twizy-Fahrern spontan zur Übernachtung oder zum Auftanken eingeladen. Eine Stunde fahren, zwei Stunden aufladen: Das ist sein Rhythmus.

Sein Twizy schafft 200 bis 250 Kilometer pro Tag. In fünf Tagen hat der Theatermeister am Prinzregenten-Theater jetzt schon 1000 Kilometer zurückgelegt. Und erlebt dabei Deutschland auf neue Weise .„Jede Landschaft riecht anders. Das ist mir früher nie aufgefallen.“

Der Münchner hat schon drei Twizy-Deutschland-Treffen organisiert und beim Klima-Gipfel 2015 in Paris Präsident Francois Hollande im Grand Palais die Hand geschüttelt. Dort traf er auch fünf Renault-Manager (Hersteller des Twizy): „Sie waren nett, fanden gut, was wir machen. Unterstützung gab es aber nicht.“ Am 5. Mai hat Otto Schönbach geheiratet. Seine Frau Maria stammt aus Chemnitz (Sachsen). Sie arbeitet in München für eine Firma, die Elektro-Autos verleast. Maria konnte sich nicht frei machen, sonst hätte sie ihren Mann begleitet. In den vergangenen fünf Jahren hat Otto Schönbach mit seinem Twizy schon 55.000 Kilometer und 1300 Ladestopps zurückgelegt. Die Batterie lade noch zu 98,5 Prozent, erzählt der Pilot stolz – so wie andere die PS-Zahl oder die Beschleunigung ihres Boliden erwähnen: „Der Akku ist extrem haltbar.“

Sein bisher größtes Abenteuer: Mit dem Twizy rauf auf das Stilfser Joch (2800 Meter) und dann noch über zwei weitere Pässe über eine Distanz von 122 Kilometern. 15 Meter vor der Ladesäule ging Otto Schönbach am Ende der Strom aus. „Da habe ich halt die letzten Meter geschoben.“

Twizy-Fahrer sind eine Comunity und suchen Gemeinschaft. Deshalb sind zu Schönbachs Boxenstop in Hilden auch rund zehn andere Twizy-Fahrer gekommen. Alles Männer – bis auf Valeska Staubus. Die 33-jährige Leverkusenerin ist Mutter von Louis (1,5 Jahre) und begleitet ihren Partner Florian Schröder. Die Familie fährt zwei Elektro-Autos. Und einen Golf Variant Diesel, wenn es zum Wohnwagen in den Westwald geht: „Den wollen wir aber irgendwann gegen einen Hybrid umtauschen“, erklärt sie. Der Diesel ist halt bequem mit den Kindern.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort