40 Fälle im Kreis Tuberkulose bleibt Gefahr in Hilden

Hilden/Kreis · Sowohl bundesweit als auch im Kreisgebiet steigt die Zahl der TBC-Erkrankten. Kein Grund zur Panik - aber zur Aufmerksamkeit

 Klaus Generet, Chefarzt der Inneren Medizin am Sankt-Josefs-Krankenhaus in Hilden, ist Lungenfacharzt.

Klaus Generet, Chefarzt der Inneren Medizin am Sankt-Josefs-Krankenhaus in Hilden, ist Lungenfacharzt.

Foto: KPlus-gruppe

Mettmann 40 an Tuberkulose erkrankte Menschen hat das Gesundheitsamt des Kreises Mettmann im vergangenen Jahr registriert. Das war klar höher als die Zahlen vergangener Jahre. 2016 registrierte das Robert Koch-Institut - die zentrale Forschungseinrichtung der Bundesrepublik für Infektionskrankheiten - 5915 Erkrankungen. 2015 waren es 5852, teilte das Institut mit. Damit seien die Zahlen nach einem Tiefststand im Jahr 2012 (4112 Fälle) deutlich angestiegen. 2015 starben 105 Menschen hierzulande nach einer TBC-Infektion, darunter war ein Kleinkind.

Gleichwohl warnt Rudolf Lange, Leiter des Kreisgesundheitsamtes, vor vorschnellen Schlüssen: Auch wenn das Institut vom bundesweiten Anstieg spreche, dürfe man nicht vergessen, "dass wir es selbst auf Bundesebene nur mit Zahlen im Bereich einiger 1000 Erkrankter zu tun haben", sagt der Amtsarzt. Ein dauerhafter, verlässlicher Trend ergebe sich daraus noch nicht.

Warum es trotzdem Sinn macht, gerade jetzt wieder vor der Tuberkulose zu warnen, erläutert Klaus Generet. Der Chefarzt für Innere Medizin im St.-Josefs-Krankenhaus Hilden ist unter anderem Pneumologe, also Lungenfacharzt.

Generet sagt: "Die Tuberkulose ist wie ein Chamäleon. Immer, wenn man glaubt, sie sei verschwunden, taucht sie in einer anderen Farbe wieder auf." Hauptproblem: Viele Erkrankungen, die wie eine Bronchitis aussehen, sind in Wahrheit TBC-Fälle.

"Gerade bei jungen Menschen ist der Körper durchaus in der Lage, mit den Tuberkulose-Erregern fertig zu werden", sagt Chefarzt Generet. Wenn die angebliche Bronchitis dann nach einigen Wochen verschwunden sei, komme natürlich keiner auf die Idee, zu überprüfen, ob es nicht doch etwas anderes gewesen sein könne. Und auf diese Weise gebe es auch im Kreis vermutlich eine hohe TBC-Dunkelziffer.

Aber wie erkennt man überhaupt Tuberkulose? Der Hildener Lungenfacharzt rät allen Patienten, die über Wochen oder gar Monate hinweg hartnäckigen Husten mit Auswurf und sogar Fieberschüben haben, ihren Hausarzt aufzusuchen und mit ihm zu besprechen, ob eine Röntgenaufnahme Sinn mache. "Das ist ein erster Weg, um eine TBC zu identifizieren", sagt Generet. Ein spezieller Bluttest könne dann letzte Klarheit bringen.

Warum diese Klarheit auch für einen jungen, gesunden Menschen wichtig sein kann, erläutert der Hildener Mediziner anhand eines Beispiels: "Es kommt gar nicht so selten vor, dass junge Menschen eine TBC unerkannt besiegen, sich einige Bakterien aber verkapseln und Jahrzehnte auf der Lauer liegen."

Erst wenn der Mensch dann 80 Jahre oder älter sei, sein Immunsystem schwächele und irgendein Krankheitserreger Raum greife, aktivierten sich plötzlich auch wieder die Tuberkulose-Bakterien. Ein Horror-Szenario, das den Fachärzten zufolge aber tatsächlich zu den Realitäten gehört.

Wo kommt die Zunahme der Tuberkulose her? In der Beantwortung sind sich sowohl Gesundheitsamts-Chef Lange als auch Chefarzt Generet einig: Es sei eine Mischung aus dem erweiterten Urlaubs-Verhalten der deutschen Bevölkerung in Kombination mit dem Zuzug von Menschen aus anderen Nationen.

Vor allem Osteuropa spielt eine große Rolle, wie Generet berichtet: "Es gibt Länder wie Russland, in denen es keine Tuberkulose gibt, weil sie von Staats wegen nicht stattfinden darf." Gleichwohl sei gerade in diesen Ländern die Krankheit auf dem Vormarsch.

Dass Deutschland bis in die Kommunen wachsam bleibe, macht nach Auffassung von Lange Sinn: "Es gibt inzwischen multiresistente Erreger, die es immer schwieriger machen, die TBC zu bekämpfen." Wachsamkeit sei auch ein Schutz, damit die Zahlen nicht eines Tages wirklich dramatisch ansteigen.

(RP)
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