Hilden St. Josefs will mehr "Normalgeburten"

Hilden · Chefarzt der Geburtshilfe im Krankenhaus will Zahl der Kaiserschnitte auf das medizinisch notwendige Maß reduzieren

 Melanie in het Veld und Chefarzt Krystian Kuboth bei der Ultraschall-Untersuchung.

Melanie in het Veld und Chefarzt Krystian Kuboth bei der Ultraschall-Untersuchung.

Foto: Ralph Matzerath

Den Gänsehautmoment kennen Generationen von Frauen: Erst das glitschige Gel auf dem Bauch und dann der kühle Gerätekopf, der sich auf die Haut senkt. Doch schon im nächsten Moment hat Melanie in het Veld (35) den Schauer vergessen und schaut gebannt auf den Monitor. Der Kopf zeichnet sich ab, Arme und Beine sind zu sortieren, der Körper, ein pochendes Herz. Krystian Kuboth, Chefarzt der Allgemeinen Gynäkologie und Geburtshilfe am St. Josefs Krankenhaus, sagt kurze Zeit später den wichtigsten Satz: "Ihr Kind hat sich in die richtige Position gedreht. Damit steht einer natürlichen Geburt nichts im Wege."

Für Melanie in het Veld ist das eine gute Nachricht. Der Erstgeborene, vor drei Jahren, lag verkehrt herum und musste deshalb per Kaiserschnitt zur Welt geholt werden. Nun möchte sie eine ganz normale Geburt - wenn es geht. Und unterstützt das St.-Josefs-Krankenhaus und Chefarzt Kuboth dabei, diese Botschaft zu platzieren. Kuboth: "Natürlich sind jede Schwangerschaft und Geburt etwas ganz Persönliches. Aber ich rate allen Frauen dazu, die Kinder auf natürlichem Wege zu bekommen." Er wolle die Zahl der Kaiserschnitte reduzieren auf das medizinisch notwendige Maß. Mit diesem Vorsatz ist er im Januar Chef der Geburtsstation von St. Josefs geworden. Warum?

Krystian Kuboth glaubt, dass Schwangerschaften und Geburten in ein falsches Licht gerückt sind. "Die Menschen sind zwar bei uns in einem Krankenhaus. Aber sie sind ja völlig gesund. Und in froher Erwartung." Nicht wenigen Frauen erscheint ein Kaiserschnitt als der sichere, der leichtere Weg - auch für das Kind. Melanie in het Veld sagt, dass auf Schwangere eher zu viel als zu wenig Informationen niederprasseln: Das Internet weiß alles, die eigene Mutter weiß alles besser, und die Freundin hat zumindest etwas gehört. Sie hat den Kaiserschnitt vor drei Jahren so erlebt: "Während ich auf dem OP-Tisch lag, wurde mein gerade geborener Sohn von meinem Mann weggetragen. Und dann habe ich beide ganz lange nicht mehr gesehen." Während der Kaiserschnitt genäht wurde, versorgten eine Hebamme und der Ehemann ganz woanders das Neugeborene. "Und auch das mit der angeblich schmerzfreien Geburt stimmt nicht. Ich hatte noch Tage danach Schmerzen", sagt die werdende Mutter. Sie empfiehlt daher, nur dann das Skalpell anzusetzen, wenn es während einer Geburt medizinisch notwendig ist.

Konnte Kuboth die Zahl der Kaiserschnitte in St. Josefs senken? "Ich habe nicht gezählt", sagt er und freut sich sichtbar, als er erfährt, dass eine Frau, die eigentlich auf einem Kaiserschnitt bestand, ihr Baby ohne diesen Eingriff zur Welt gebracht hat. Das habe mit Haltung zu tun, versichert er. Man müsse das immer wieder vorleben, das Team drauf einschwören.

Der Statistik nach überzeugen Ärzte, Hebammen und Krankenschwestern der Gynäkologie und Geburtshilfe am St. Josefs Krankenhaus die Kundschaft. 372 Babys wurden hier bis Ende Oktober geboren. Wenn es so weiter geht, wird die Zahl von 430 Geburten aus dem Jahr 2013 deutlich übertroffen. "Wir schreiben auch in diesem Bereich schwarze Zahlen", sagt Krankenhaus-Direktorin Monika Felkl und weist auf die andere Seite hin: Die Kplus Gruppe, Eigentümerin auch des St.-Josefs-Krankenhaus, ist ein nüchtern rechnender Wirtschaftsbetrieb, der antritt gegen Konkurrenz in Düsseldorf oder Köln. Aus wirtschaftlichen Gründen wurde die Geburtsstation im Kplus-Haus Haan vor Jahren geschlossen. Haaner Babys kommen jetzt auch in Hilden zur Welt.

Für Melanie in het Veld ist ganz klar, warum sie auch ihr zweites Kind hier zur Welt bringen möchte: "Ich bin vor 35 Jahren auch hier in diesem Krankenhaus zur Welt gekommen." Solche Bande entziehen sich jedem Marketing.

(dne)
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