Fußball Spiele ohne Schiedsrichter

Fußball · Was in der Fußball-Kreisliga C längst die Regel ist, wird bald auch in der Kreisliga B und beim Nachwuchs Normalität sein. Vereinen drohen härtere Sanktionen: Punktabzug, Aufstiegsverbot.

Düsseldorf "Ohne Schiri geht es nicht" – so lautete vor einigen Jahren eine Kampagne des DFB, mit der neue Schiedsrichter geworben werden sollten. Dem Fußballkreis Düsseldorf droht allerdings ein ganz anderes Szenario – ohne Schiri muss es gehen. "Wir haben derzeit lediglich rund 160 Schiedsrichter, bräuchten allerdings ungefähr 250, um alle Spiele besetzen zu können", bilanziert Schiedsrichterchef Bernd Biermann.

Die Folgen sind deutlich spürbar: In der Kreisliga C der Herren kommt fast gar kein Unparteiischer mehr. Ein Schicksal, das jetzt auch den Mannschaften der Kreisliga B droht: "Es ist beabsichtigt die Durchführungsbestimmungen dahingehend zu ändern, dass die Kreisliga B spielen muss, auch wenn kein Schiedsrichter da ist."

Dasselbe gilt für die Leistungsklassen der D- und C-Jugend – immerhin die Ligen der besten Nachwuchsteams des Kreises. Dabei müssen die Vereine Schiedsrichter stellen – wie viele, das hängt von der Anzahl der gemeldeten Teams ab. Jeder fehlende Unparteiische wird mit Ordnungsgeldern bestraft. Das spülte Anfang des Jahres alleine von den Vereinen des Kreises Düsseldorf über 11000 Euro in die Kassen des Verbandes.

Doch das scheint den Vereinen egal zu sein. Ein kurz darauf angebotener Lehrgang für Neulinge musste ausfallen, da gerade einmal fünf Teilnehmer gemeldet waren. Ein Novum in der bisherigen Geschichte der Düsseldorfer Vereinigung.

"Nun müssen alle mit den daraus resultierenden Konsequenzen leben", bilanziert Biermann, der für die Nichtstellung des Schiedsrichtersolls härtere Strafen ins Gespräch bringt. "In anderen Landesverbänden können als Strafen Punktabzüge, Zwangsabstiege oder Nicht-Aufstiege der ersten Mannschaften ausgesprochen werden. Das sollten wir hier am Niederrhein durchaus in Erwägung ziehen, vielleicht werden die Vereine dann mal wach."

Dabei weiß der oberste Schiedsrichter durchaus, dass es immer schwieriger ist, Ehrenamtler in den Vereinen zu motivieren – und nichts anderes ist das Pfeifen, Aufwandsentschädigung hin oder her.

Aber es gibt noch ganz andere Gründe, warum immer mehr Schwarzkittel die Pfeife an den Nagel hängen. "Meine Leute sind schon bei den Zehnjährigen immer mehr Anfeindungen, Beschimpfungen und Bedrohungen ausgesetzt", sagt Bernd Biermann und berichtet von einer kürzlich durchgeführten D-Jugend-Partie: "Da haben die anwesenden Zuschauer dem jungen Unparteiischen vorgeworfen, er sei gekauft worden."

In anderen Spielen sind es dann Beschimpfungen, Beleidigungen oder auch mal Drohungen – erstaunlicherweise aber kaum von Spielern: "Unsere jugendlichen Schiedsrichter haben in der Regel keine Probleme mit den Spielern. Mit den Aktiven sind sie auf Augenhöhe. Es sind die Eltern und Zuschauer, also in der Regel Erwachsene, die sie so heftig angehen. Statt den jungen Schiedsrichtern Respekt zu zollen und deren Leistung anzuerkennen und zu unterstützen, werden diese noch zum Buhmann für Niederlagen gemacht." Die Folge: Immer mehr junge Schiedsrichter hören entnervt auf. Biermann zitiert einen 18-Jährigen, der nach fünf Jahren im schwarzen Trikot nun Pfeife und Karten abgegeben hat: "Das Pfeifen ist ein Hobby, das Spaß machen soll. Und es macht mir keinen Spaß, jeden Sonntag von Erwachsenen beschimpft, beleidigt und bedroht zu werden."

Schiedsrichter müssen ein dickes Fell haben. "Aber die Vereine schicken uns meist nur 14-, 15-Jährige zu den Lehrgängen. Das Mittelalter, so ab 30, das mehr Lebenserfahrung hat und mit solchen Situationen umgehen kann, fehlt uns fast völlig", sagt Biermann, der bemüht ist, seinen Anfängern erfahrene Kollegen als Paten an die Seite zu stellen: "Und selbst diese ehrenamtlichen Paten, die dafür ihre Zeit opfern und keinen Cent bekommen, werden noch von Eltern und Trainern beleidigt", sagt der langjährige Vorsitzende der Düsseldorfer Schiedsrichter. "Nun erhalten wir alle die Quittung von solchem Verhalten. Bald werden die Vereine mehr als die Hälfte der Pflichtspiele am Wochenende selbst pfeifen müssen. Ob das dem Sport dient, muss ernsthaft bezweifelt werden, ist aber leider nicht zu ändern."

(RP)
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