Leichtathletik Laufwunder mit Pokalgarantie
Das Haus von Werner Beecker in der Steinkulle wirkt unscheinbar. Nichts deutet darauf hin, dass hier der in Sachen Sport wohl fleißigste Haaner Trophäensammler ist. Bei der RP-Sportlerwahl 2008 verteidigte der 76-Jährige seinen Titel als Einzelathlet. Bei der Übergabe am Donnerstag fehlte Beecker allerdings aus gutem Grund – denn er war schon wieder unterwegs. Im dänischen Aarhus startete er bei der Senioren-Europameisterschaft, wollte erstmals Gold gewinnen. "Das fehlt mir nämlich noch in meiner Sammlung", sagt er.
Wer dem Haaner im Hildener Stadtwald oder am Unterbacher See schon einmal beim Training begegnet ist, mag kaum glauben, dass Werner Beecker mit 14 Jahren an Lungen-Tuberkulose litt und ihm die Ärzte noch ein Jahr gaben. Einer jedoch riet ihm: "Junge, schaff' dir ein Fahrrad an und fahr!" Beecker bekam immer besser Luft, fuhr wie ein Besessener und machte zum Spaß eine Tour mit einigen Radrennfahrern durchs Bergische Land. Die erkannten sein Talent. Der Haaner fuhr fortan für den RC Schwalbe, wurde nach nur fünf Wochen Vereinsmeister und nach wenigen Monaten Deutscher Meister. Er fuhr bei der Weltmeisterschaft, schlug freiwillig einen Profivertrag aus und beendete seine Karriere mit 39 Jahren. "Nach einem Arbeitsunfall wurde mir das zu heikel", erinnert sich der 76-Jährige.
Beecker stieg aufs Laufen um und erwies sich auch hier als riesiges Talent. Seinen bisher größten Erfolg verbuchte er mit 62 Jahren. In England holte er mit zwei Sekunden Abstand auf den Sieger den Vize-Weltmeistertitel. Heute blickt Beecker auf einen Vize-EM-Titel, 40 Siege bei der Deutschen, 37 bei der Westdeutschen und 76 bei der Nordrheinmeisterschaft zurück. Dazu kommen 275 Radsporterfolge, über 1200 erste Plätze bei leichtathletischen Wettkämpfen, ein DM-Titel im Duathlon und ein Hallenweltrekord über 3000 Meter (11:48,83 Minuten). "Ich laufe, weil es mir immer noch Spaß macht und gesund ist. Das Gewinnen war eine Weile wichtig, heute sehe ich das aber gelassener", sagt Beecker. Meist siegt er ohnehin, weil in seiner Altersklasse bundesweit kaum jemand mithalten kann.
Pro Woche absolviert der Haaner zweimal 20 Kilometer laufend und etwa 100 Kilometer auf dem Rad, am Wochenende startet er in der Regel bei zwei Wettkämpfen. "Mein Sohn Detlef ist der einzige, der in meine Fußstapfen tritt. Er fährt auch Radrennen", stellt der dreifache Großvater fest. Geraucht hat er nie. Alkohol trinkt er selten. Dafür ernährt er sich gesund, isst zum Beispiel kaum Fleisch. "Mein Ehrgeiz ist noch immer groß, aber mit 80 Jahren werde ich wohl keine Wettkämpfe mehr besuchen", sagt er. Beecker will dann nur noch für sich laufen und mit seiner Frau spazierengehen. Das Sportabzeichen und einen Triathlon hat er bei allen Erfolgen noch nie absolviert – er kann nämlich nicht schwimmen. Und auch den Führerschein hat er nie gemacht. "Ich komme doch zu Fuß oder mit dem Rad überall hin."