Gymnastik Immer recht freundlich

Für Ryosuke Miake ist Deutschland ein Abenteuer. Beim TuS 96 Hilden schaute sich der Sportwissenschaftler aus Tokio die Seniorengruppe an und zeigte Übungen aus seiner Heimat.

Mit einer wortreichen Begrüßung hält sich Ryosuke Miake nicht auf. Das mag auch daran liegen, dass er kein Deutsch und nur gebrochen Englisch spricht, vor allem aber daran, dass er in der nächsten Stunde so viele Übungen wie möglich mit der Gruppe absolvieren will. Er nickt kurz in Richtung der gut 20 Sportler, bringt sich in Position und schon geht es los. Mit Klatschen, Oberschenkelklopfen, Strecken und Trampeln bringt sich die Gruppe in Stimmung. "Eins, zwei, drei", zählt der Japaner beim Vormachen, wechselt später aber auch zu "One, two, three". Die Übungen erfordern volle Konzentration, denn Miake kombiniert einzelne Elemente zu anspruchsvollen Choreografien.

Der Japaner ist derzeit zu Gast beim TuS Hilden und lernt unter anderem hier den deutschen Seniorensport kennen. Miake lebt mit seiner Familie im japanischen Viertel in Düsseldorf und wurde von der Nippon Sport- und Wissenschaftsuniversität Tokio für seine Forschungen in Europa für ein Jahr freigestellt. Er sammelt jedoch nicht nur Informationen, sondern vermittelt auch die japanische Auffassung von Seniorengymnastik.

Inzwischen bewegen sich die Sportler frei durch die Sporthalle am Weidenweg. Zu Musik kreisen sie Arme und Köpfe, machen Ausfallschritte und Rumpfbeugen, strecken und recken sich, gehen betont im Rhythmus. Auch bei den folgenden Partnerübungen geht es um Kraft und Koordination. Angesichts mancher Kombinationen bekommen viele der Aktiven, die zwischen 55 und 70 Jahre alt sind, spontan einen Lachanfall. Miake quittiert das mit einem undeutbaren Lächeln, betont mehr mit Gesten als mit englischen Worten, wie wichtig das Timing ist. Die vorläufige Krönung ist eine Übung, die sich am besten mit "lebendiger Maibaum" beschreiben lässt. Das lässt einige Teilnehmer endgültig verzweifeln.

"Mit Seniorensport hat das wenig zu tun. Er hat eine tolle Art, die Übungen zu präsentieren, und es macht viel Spaß, aber manches birgt ein hohes Verletzungsrisiko", zieht Manfred Fieker eine Zwischenbilanz. Sonst steht der Sportwart des TuS 96 mit seiner Frau Annegret als Vorturner in der Mitte, heute schwitzt er als Aktiver. Der Kontakt zu Miake entstand über den Arbeitskreis "Sport für Ältere" beim Rheinischen Turnerbund, in dem zwei TuS-Mitglieder sitzen.

Nach einer Reihe von Einzel- und Partnerübungen mit Gymnastikbällen kehrt Ruhe ein. Es erklingt japanische Musik, zu der sich die Sportler langsam und fließend bewegen. Das sieht erstmals nach fernöstlicher Gymnastik aus. Miake erhält ein Sweatshirt vom TuS-Vorsitzenden Herbert Wetzig.

Und auch sonst hat sich die mehr als 9000 Kilometer lange Reise für ihn gelohnt. Denn Manfred Fieker hat dem Sportdozenten aus dem Fundus des Vereins etliche DVDs mit Aufnahmen der Gesundheitssportgruppe kopiert. Zum Abschluss genehmigt sich die Gruppe in einer Gaststätte einen Umtrunk. Darauf besteht Miake höchstpersönlich — und lächelt noch etwas breiter als zuvor.

(RP)
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