Abschleppen auf Zeit

Reportage Die DLRG-Ortsgruppe Haan richtete die Bezirksmeisterschaft der Rettungsschwimmer aus. Die Disziplinen simulierten den Ernstfall und verlangten den Aktiven Kondition, Kraft, Konzentration und Können ab.

Der Blick von Jennifer Klump ruht auf der Wasseroberfläche, die so glatt ist, dass sich die Leuchtröhren an der Decke des Hallenbades darauf spiegeln. Ein langer Pfiff durchbricht den Augenblick der Stille. Am Beckenrand gibt Michael Weiß das Kommando "Auf die Plätze!", nach dem sich die Starterinnen in Position bringen. Dann ein kurzer Pfiff. Die Schwimmerinnen tauchen mit einem "Köpper" ins Wasser und kraulen los. Auf der Hälfte der Strecke tauchen sie ab, unterqueren ein 70 Zentimeter tiefes Hindernis. Nach acht Bahnen schlägt die 18-jährige Haanerin als Zweite an. Erschöpft sieht sie aus, als sie sich durch die nassen Haare fährt, aber auch zufrieden. Drei Disziplinen folgen noch – ein wahrer Kraftakt.

Mutter Jutta Klump ist die erste Gratulantin und drückt ihre Tochter stolz an sich. Die Vorsitzende der Haaner Ortsgruppe der DLRG hilft bei der Bezirksmeisterschaft im Hallenbad am alten Kirchplatz bei der Verköstigung der Rettungsschwimmer. Starter aus sechs Städten sammeln im Einzel- und Mannschaftswettkampf Punkte in verschiedenen Disziplinen, die alle weit über das normale Lagenschwimmen hinausgehen. Ein Höchstmaß an Kondition, Konzentration, Kraft und Können wird den Sportlern abverlangt, zum Beispiel beim "Retten" einer 60 Kilogramm schweren Plastikpuppe.

Der zwölf Jahre alte Marcel ist nervös. Für ihn ist es der erste Wettkampf überhaupt, und er hat keine Ahnung, was ihn erwartet – abgesehen von den drei Disziplinen, die er schwimmen wird. "Ich bin schon seit vier Jahren Mitglied in der DLRG. Das ist ein ganz anderes Schwimmen. Was wir hier lernen, ist oft echt schwierig", berichtet er und schaut hinter sich ins Becken, wo gerade drei ältere Aktive in bemerkenswertem Tempo durch das Wasser pflügen.

"Alle Disziplinen zielen auf eine denkbare reale Rettung ab. Das heißt, die hier rein sportliche Situation könnte es im Ernstfall auch bei einer Wache am Unterbacher See geben", stellt Timo Reiter fest. Er ist Ausbildungsleiter der Haaner Ortsgruppe und verbringt den Tag sitzend vor dem Computer, um die Ergebnislisten zu erstellen. " Wir rechnen mit einer Formel die geschwommenen Zeiten in Punkte um", erläutert er. Das System basiert auf den aktuellen Weltrekorden. "Auch Rettungsschwimmer wollen sich miteinander messen, aber weil wir in Haan nur einmal wöchentlich trainieren, stehen für uns eher Spaß und Trainingseffekt im Vordergrund", betont Reiter.

Ann Laube wird rot im Gesicht. Das liegt nicht allein an der angenehmen Temperatur im Hallenbad, sondern vor allem daran, dass die rund 200 Personen – in Badeanzug oder -hose, mit Stoppuhr um den Hals oder Kaffee in der Hand – geschlossen "Happy Birthday" singen. Die Haanerin wird heute volljährig, verbringt den Geburtstag aber dennoch im Hallenbad. "Jetzt zahlt sich das ganze Training mal aus", ist sie sich mit Jennifer Klump, Kerstin Esdar (22), Amelie Schustek (20) und Maike Laibach (17) einig. Zusammen vertreten sie den Ausrichter als Staffel. "In der Realität musste zum Glück bisher noch keine von uns jemanden retten", stellen die jungen Frauen fest, "aber gut vorbereitet sind wir."

(RP)
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