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Hilden Sie sind ausgezeichnete Vorleser

Ingrid Tödtmann und Faraj Younan mit der Deutsch-Arabische Vorlesestunde den dritten Platz beim Lesepreis belegt.

 Deutsch-Arabische Vorleseabenteuer mit Ingrid Tödtmann und Faraj Younan.

Deutsch-Arabische Vorleseabenteuer mit Ingrid Tödtmann und Faraj Younan.

Foto: Koehlen, Stephan (teph)

Der eitle Land-Hahn ist neu in der Stadt und grüßt mit einem zeitlich sehr frühen und stimmlich kräftigem „Kikeriki“. Für Esel, Maus und Hund klingt das fremd, wo sie sich doch lieber in „I-A“, „Piep“ und „Wau“ verständigen.

Wie dieses Sprach-Dilemma im Bilderbuch von Lena Hesse ausgeht, kann man nachblättern. Noch schöner aber ist: Zuhören! Besonders wenn zwei so tolle Vorleser, Ingrid Tödtmann und Faraj Younan ein Buch vorstellen. Die eine in deutscher Sprache, der andere auf Arabisch. Übersetzt heißt Kikeriki übrigens Kukukuk. Diesen zwei engagierten Menschen in der Stadtbücherei zu lauschen, macht klar, warum sie gerade den dritten Preis für „Herausragendes individuelles Engagement von der PwC-Stiftung Jugend-Bildung-Kultur“ im Rahmen des Deutschen Lesepreises 2019 erhielten.

Ingrid Tödtmann ist in der hiesigen mehrfach ausgezeichneten und  sprichwörtlichen Bilderbuch-Bücherei schon seit zehn Jahren aktiv: „Ich habe schon früher meinem jüngeren Bruder, später meinen Kindern und Enkelkindern vorgelesen.“ Seit 2009 ist sie ehrenamtliche Textinterpretin. „Kinder halten mich jung.“ Das kann man sehen. Und natürlich ist die 77-Jährige auch stolz auf die Auszeichnung: „Wir wurden nach Berlin eingeladen. Das Ganze fand im Humboldt-Carré statt. Ich  habe es als eine große Wertschätzung empfunden.“

Die Stiftung Lesen und die Commerzbank-Stiftung ehrten insgesamt 16 Personen und Einrichtungen, die sich nachhaltig für die Leseförderung einsetzen. Dazu gehört jetzt auch „Leseabenteuer mit Faraj und Ingrid“ aus Hilden, die jeden Samstag ein Bilderbuch für Groß und Klein abwechselnd in Deutsch und Arabisch vortragen, und anschließend noch mit den Zuhörern Fragen beantworten, neue Vokabeln lernen, Malen oder Basteln.

Man muss live dabei gewesen sein, wenn Ingrid die Geschichte liest und die Kinder gespannt lauschen, anschließend die einzelnen Bilder-Seiten gezeigt bekommen. Und dann kommt Faraj ins Spiel. Er wirkt wie eine Art männliche Scheheresade, überaus freundlich und absolut überzeugend – auch wenn man Arabisch nicht versteht. Nachdem Ingrid ihren deutschen Textteil gelesen hat, übersetzt er nicht nur, sondern spielt den Inhalt – mit Mimik und Gesten – im Sitzen nach. Da ist es egal, ob die kleinen Zuhörer besser Deutsch oder Arabisch verstehen. Die lebhafte Interpretation von Faraj unterhält sie auch ohne Buchstaben-Kenntnisse.

Der begabte Geschichtenerzähler stammt aus Syrien. Er ist eigentlich Rechtsanwalt und lebt seit 2015 mit Frau und elfjähriger Tochter in Hilden. „Zuhause habe ich 15 Jahre in unserer Kirche Laien-Theater gespielt.“, erklärt der 46-Jährige sein schauspielerisches Talent.

Nach der halbstündigen Vorlesezeit liegen Malstifte und Bastel-Sachen bereit. Manfred Stumpf hat sein Enkelkind auf dem Schoß. Juna, zweieinhalb Jahre jung, kritzelt mit Wachsstiften den vorgedruckten stolzen Hahn ganz bunt. „Die Enkelkinder kommen aus Witten. Wenn sie hier sind, fragen sie jedes mal: Besuchen wir auch die Bücherei?“, erzählt der stolze Großvater. Auch zu Hause lege die Familie Wert auf Vorlesen.

Nele Schatz zählt mit ihren acht Lebensjahren schon zu den Stammgästen, seit das Duo Ingrid und Faraj im Jahr 2016 ihre zweisprachige Vorlesereihe gestartet hat. „Wir nutzen das Angebot der Bücherei extrem“, sagt Vater Stefan. Nele habe inzwischen mit 1000 Ausleihen sogar einen „Platinstatus“ in der Bildungseinrichtung.

Die fünfjährige Mila malt konzentriert die Federn des Hahns mit bunten Filzstiften aus. Ihr Kommentar zur Lesung: „Das war nicht schlecht. Ich muss aber noch selber lesen lernen“. Mutter Sanja Damjanovic ergänzt: „Wir sind das zweite Mal hier. Meine Tochter soll das Angebot nutzen.“

Wenn nicht gerade Festivitäten und Aktionen in die City locken, zählen die Vorleser durchschnittlich 15 Mädchen und Jungen auf den orangen Zuhörer-Stufen. Die Eltern freuen sich, entweder mit dabei zu sein oder eine Stunde mal schnell in der Stadt Besorgungen zu machen.

Es sei immer wieder eine Freude, mit Kindern zusammen zu sein und sehr wichtig, dass die Jugend Empathie und Fantasie entwickele, begründet Ingrid Tödtmann ihr ehrenamtliches Engagement. Sie würde sich für die Zukunft noch mehr arabisch sprechende Zuhörerschaft wünschen. „Da gibt es offenbar noch immer eine Hemmschwelle, besonders bei den Müttern.“ Vielleicht aber geht es im wahren Leben demnächst so gut aus wie in der Geschichte über tierische Verständnis-Schwierigkeiten: Der stolze Hahn wollte mit seinem lautstarken „Kikiriki“ nämlich eigentlich nur  „Guten Morgen“ sagen.

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