Schulleiter verlässt Hildener Bonhoeffer-Gymnasium Der Kapitän geht von Bord

Seit 39 Jahren ist Udo Kotthaus Lehrer am Dietrich-Bonhoeffer-Gymnasium in Hilden, seit zehn Jahren leitet er die Schule. Jetzt geht er in Ruhestand. Und hat sich seinen Abschied eigentlich anders vorgestellt. Doch dann kam Corona.

 Der Schulleiter des Dietrich-Bonhoeffer-Gymnasiums, Udo Kotthaus, geht in den Ruhestand.

Der Schulleiter des Dietrich-Bonhoeffer-Gymnasiums, Udo Kotthaus, geht in den Ruhestand.

Foto: Matzerath, Ralph (rm)/Matzerath, Ralph (rm-)

Udo Kotthaus mag eine Menge: Radfahren, unterrichten, das weitläufige Gelände des Bonhoeffer-Gymnasiums, Frankreich und vor allem Menschen. Eins aber mag er überhaupt nicht: die Corona-Krise. Eigentlich sollte der 66-jährige Schulleiter des Bonnis mit einem großen Fest verabschiedet werden, danach wäre er mit seiner Frau erst nach Frankreich, später dann nach Vietnam und Kalifornien gereist. Aber das Virus macht ihm einen Strich durch die Rechnung. „Wir fahren jetzt in den Teutoburger Wald. Dort ist es auch schön“, sagt Udo Kotthaus.

Stimmt. Wie so vieles, was der studierte Physik- und Philosophielehrer sagt. Denn unbedacht verlässt nichts seine Stimmbänder und seinen Mund. Seit 39 Jahren bringt der Wuppertaler Generationen von Schülern an der Gerresheimer Straße die Hauptsätze der Thermodynamik, den kategorischen Imperativ und den Satz des Pythagoras bei. Mathe? „Seit meinem ersten Tag unterrichte ich auch Mathematik“, erklärt der Pädagoge. „Schon damals herrschte ein Mangel an Mathelehrern.“

Nun steht Udo Kotthaus vor seinem Ruhestand. Rund vier Wochen arbeitet er noch, obwohl er bereits Anfang des Jahres mit seinem 66. Geburtstag hätte aufhören können. „Ich wollte aber noch das Schuljahr zu Ende bringen“, sagt er. Dass es durch die Corona-Krise zu seinem wahrscheinlich ungewöhnlichsten Schuljahr werde würde, konnte er damals noch nicht wissen. Normalerweise tummeln sich 1800 Schüler in dem Gebäude und auf dem Gelände. Momentan sind es etwa 250 jeden Tag. Die Koordinierung des Unterrichts ist eine echte Herausforderung. Trotzdem: „Ich freue mich jeden Tag darauf, zur Arbeit zu fahren“, sagt Udo Kotthaus. Und er sei froh, dass er seine Schüler vor seinem Abschied noch einmal sehen konnte. „Gestern hatte ich zwei Doppelstunden Mathe in der siebten Klasse“, sagt er und lächelt glücklich.

Udo Kotthaus hat in seiner Zeit als Lehrer eine Menge bewegt. Gleich zu Beginn, 1981, etabliert er physikalische Schülerübungen. Damals eine absolute Ausnahme, heute Standard. „Wir haben alte Radios auseinander gebaut und Sonnenkollektoren gebastelt“, erklärt er. Mit einem Kollegen begeistert der Pädagoge vor allem Oberstufenschüler für Philosophie, sodass mehr als die Hälfte der 180 Jugendlichen lieber über Kant und Platon sprechen wollen, als das Fach Religion zu belegen. Doch der damalige Rektor legt sein Veto ein. Immerhin ist das Bonni eine kirchliche Schule.

Vor zehn Jahren fasst Udo Kotthaus einen Entschluss und bewirbt sich um den frei werdenden Posten des Schulleiters: „Ich wollte noch einmal etwas anderes machen.“ Er schließt sich nach seiner Beförderung nicht in sein Büro ein, sondern geht auf Schüler und Kollegen zu. „Ich wollte immer authentisch und offen sein. Kommunikation ist in diesem Job alles.“ Er bringt das neue Atrium auf den Weg, außerdem zwei internationale Klassen. Sein Meisterstück ist aber die Kooperation von Gymnasium und Gesamtschule, die er gemeinsam mit seinem Kollegen Guedo Wandrey von der damaligen Wilhelmine-Fliedner-Realschule begleitet. Am evangelischen Schulzentrum werden seitdem eine durchlässige Unterstufe und eine kooperative Oberstufe angeboten. Die beiden Kollegien werden sanft zusammengeführt.

Was genau Udo Kotthaus ab Mitte Juli macht, weiß er noch nicht. „Ich kann mir meinen Ruhestand noch nicht so richtig vorstellen“, sagt er. Daher habe er auch nichts geplant. „Ich habe immer schon gerne Sport gemacht, auch wenn ich nicht besonders gut war.“ Radfahren gehört dazu, aber auch Laufen und Fitness. Auch Heimwerken kann sich der Sohn eines Elektromeisters, der seinem Vater schon mit 14 auf Baustellen helfen durfte, gut vorstellen. „Ich werde aber in jedem Fall auch wieder mit Menschen arbeiten“, sagt er. Mit der neuen Schulleitung hat er schon locker vereinbart, dass er auch nach den Sommerferien noch unterrichten kommen kann, wenn es gewünscht ist. Außerdem möchte er mit Migranten arbeiten. Und gegen eine Woche auf dem Wuppertaler Markt, in der er am Gemüsestand aushilft, hat er auch nichts. „Ich bin offen für alles“, sagt er.

Aber daran möchte er jetzt eigentlich noch nicht denken. Jetzt stehen erst einmal die letzten Wochen des Schuljahres an. Darauf möchte er sich konzentrieren. Dabei leidet er mit seinen Abiturienten. „Sie hatten so viel vorbereitet.“ Doch Corona hat ihnen das Spektakel des letzten Schultags genommen, den Abiball und vieles mehr. Wie sehr das schmerzt, kann Udo Kotthaus  gut nachvollziehen. Auch er hatte eine große Verabschiedung mit Hunderten Gästen geplant. Die Einladungen, unter anderem an 50 ehemalige Schüler, die teilweise im Ausland leben und zugesagt hatten, waren längst verschickt. Doch daraus wird nichts – zumindest nicht zum angedachten Termin. „Ich werde die Feier aber nachholen – und wenn es November wird“, verspricht Udo Kotthaus. Der 66-Jährige bezeichnet sich selbst als Feiermensch. Noch etwas, das er gerne mag.

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