Denkmaltag in Hilden Schule wie zu Kaisers Zeiten

HILDEN · Die Musik- und die Volkshochschule beteiligten sich gestern erstmals am Denkmaltag und präsentierten das Alte Helmholtz an der Gerresheimer Straße.

So „ansprechend“ kann also ein  Baudenkmal sein, wenn Menschen sich in Geschichte einfühlen: VHS-Leiter Martin Kurth und Musikschulleiterin Eva Dämmer traten in historischen Kostümen vor das Portal des „Alten Helmholtz“ an der Gerresheimer Strasse, um über 20 interessierte Besucher schon zu Beginn persönlich zu begrüßen. „Wir sind heute Oberlehrer aus der Gründungszeit der ehemaligen Schule“, erklärte Dämmer ihr Outfit mit langem, tafftig-grünen Rock, Schirm und Charme. Kollege Kurth trat daneben mit Melone und zeitgemäß in strengem Anzug mit Weste zum Sonntagsdienst an. Accessoires: Historische Uhrenkette und Schulglocke. „Wir haben das alles extra für den heutigen Tag geliehen.“

 Martin Kurth und Eva Dämmer in historischen Kostümen vor dem Alten Helmholtz.

Martin Kurth und Eva Dämmer in historischen Kostümen vor dem Alten Helmholtz.

Foto: Matzerath, Ralph (rm-)

Den musikalischen Auftakt gab die SBH-Brass unter Leitung von Peter Scheerer. „Entdecken, was uns verbindet“ lautete das diesjährige Motto des Denkmaltages, der zum 25. Mal europaweit begangen wird. Karin Herzfeld, Vertreterin der unteren Denkmalbehörde, zählte gestern zu den ersten Besuchern und freute sich über die Kreativität der Gastgeber. „Das Alte Helmholtz ist bei unseren Aktionen das erste Mal dabei. Hier wird noch heute gemeinsame Kultur vermittelt.“

 Büro und Wohngebäude erbaut um 1900. Denkmal. Eigentümer Architekt Christof Gemeiner.

Büro und Wohngebäude erbaut um 1900. Denkmal. Eigentümer Architekt Christof Gemeiner.

Foto: RP/Christoph Schmidt

Besonders wenn ein gebildeter Mensch wie „Professor Doktor“ Gerhard Wollmann in die Historie einführt: Anno 1910 bekam der damals regional bekannte Architekt Peter Klotzbach den Auftrag, ein Schulgebäude im Stil des damals modernen Späthistorismus zu planen. Ein von der Straße zurück gesetztes Gebäude, davor eine Parkanlage, dahinter ein Schulhof. Das alles im Sinne des damaligen Ideals ein „Pflanz-und Pflegezentrum“ zu erstellen. Die Klassenzimmer lagen zur Gerresheimer  Straße hin. Der erhöhte Haupteingang und seine Säulen wurden mit Tuffstein aus der Vulkan-Eifel gestaltet. Im Fries sind die Jahre der Bauzeit eingemeißelt. Laut Geschichtserklärung vor Ort war schon im August 1913 Baubeginn, im Dezember 1914 wurde die Schule fertig. Allein „Kaisers Geburtstag“ am 27. Januar 1915 musste abgewartet werden, um das Gebäude offiziell seiner Bestimmung zu übergeben. An den Hildener Handwerkern lag die Verzögerung jedenfalls nicht.

 Das moderne Pfarrzentrum Atrium neben der katholischen Pfarrkirche Mittelstraße 10.

Das moderne Pfarrzentrum Atrium neben der katholischen Pfarrkirche Mittelstraße 10.

Foto: RP/Christoph Schmidt

Von außen ist heute noch der Zugang zur ehemaligen Wohnung des strengen „Hausmeister-Höller“ ins Souterrain zu sehen. Die Haupttreppe durften Schüler sowieso nur einmal betreten: „Wenn sie die Mittlere Reife oder später Abitur hatten.“ Der Raum unter dem Kuppeldach wurde als „Aula“ benutzt. Ein Rundgang um das über 100-jährige Gebäude führte auch am Neubau des Archivs vorbei, dass 2004 auf dem alten Schulgelände eine neue Bleibe fand.

 Stefanie Breuers mit ihrem Hund Abu zeigte Besuchern ihr Kückeshaus (Eisengasse 2) aus dem 18. Jahrhundert.

Stefanie Breuers mit ihrem Hund Abu zeigte Besuchern ihr Kückeshaus (Eisengasse 2) aus dem 18. Jahrhundert.

Foto: Christoph Schmidt

Die gut dokumentierte Geschichte Hildens sei übrigens seinen Archivaren zu verdanken, betonte Wollmann bei seiner Führung. Ellen Wiederhold, Hildens berühmte Bürgermeisterin, bestand 1940 hier ihr Abitur. Ihr Vater, ein erfolgreicher Unternehmer, spendierte nach dem Krieg die neue Einrichtung.1959 zog ein „Neusprachlicher Zug“ ins Bildungs-Gemäuer. Ab 2004 wurde Weiterbildung für die Zukunft im historischen Gebäude geplant. Für Besucher wie Manfred Wilhelm (ehemaliger Schüler), der heute in Langenfeld wohnt, war die Besichtigung ein besonderes Erlebnis: „Ich wollte meiner Frau (Brigitte) zeigen, wo ich Abitur gemacht habe.“ Andreas Köhler kam mit Töchterchen Greta, die mit eineinhalb Jahren zu den jüngsten Besuchern zählte: „Wir wohnen in der Nachbarschaft. Unseren beiden älteren Töchter gehen schon zur Musikschule.“ Und die haben sich bestimmt über die Einrichtung eines Klassenzimmers gewundert, in dem noch eine „Schulbank“, ein Abakus, ausrollbare Landkarte oder ein Leder-Toni plus Schiefer-Tafel zu bestaunen waren.

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