Hilden/Langenfeld Säureopfer bereitet sich auf Prozess vor

Hilden/Langenfeld · Reyhan C. wurde mit Schwefelsäure übergossen. Ab Montag stehen der Täter und ihr Ex-Freund als Anstifter vor Gericht.

Säureanschlag in Hilden: Prozess beginnt
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Reyhan C. versucht, wieder ein normales Leben zu führen. "Sie muss zwar noch ihre Narben behandeln und wird traumapsychologisch betreut. Aber sie macht ihre Ausbildung weiter und war jetzt auch zehn Tage in Urlaub", berichtet ihre Anwältin, Dr. Esma Cakir-Ceylan. Damit habe sich die 21-jährige Hildenerin für die kommenden Wochen stärken wollen. Denn am Montag stehen zwei Männer vor Gericht, die ihr Schreckliches angetan haben sollen.

Angeklagt sind ihr Ex-Freund Serhat K. (23) sowie Alan K. (19) aus Langenfeld. Serhat hat gestanden, Alan beauftragt zu haben, die junge Hildenerin mit Schwefelsäure zu übergießen — als Rache dafür, dass sie sich von ihm getrennt hatte.

Bei der Tat am 29. Dezember am Albert-Schweitzer-Weg in Hilden wurde nicht nur Reyhan schwer verletzt. Auch ihre Großmutter Sultan A. bekam Säure ab, als sie ihre Enkelin an der Wohnungstür vor dem Täter schützen wollte. Sultan A. hatte den ihr unbekannten jungen Mann für einen Spendensammler gehalten und — weil sie ihn nicht verstand — ihre Enkelin herbeigerufen. Sowohl Reyhan C. als auch Sultan A. treten in dem Prozess als Nebenklägerinnen auf.

Opfer-Anwältin hofft auf hohe Strafe

"Meine Mandantin ist sehr nervös", sagt Esma Cakir-Ceylan. "Denn während des Prozesses wird sie ihren Ex-Freund das erste Mal wiedersehen." Im Moment fühle sie sich in Sicherheit, weil der Langenfelder ebenso wie Alan K. in Untersuchungshaft sitze. "Deshalb haben wir ein großes Interesse daran, dass er eine möglichst hohe Strafe bekommt. Denn wenn er entlassen wird, werden die Ängste wieder aufkommen."

Welche Mindeststrafe sie fordern werde, stehe noch nicht fest, sagt Cakir-Ceylan. "Der Ex-Freund ist ja nicht nur wegen der Anstiftung zum Säureangriff angeklagt, sondern auch wegen Verstößen gegen das Gewaltschutzgesetz." Er habe sich in der Vergangenheit der richterlichen Anordnung widersetzt, sich Reyhan C. nicht mehr zu nähern. Die junge Hildenerin hatte bereits vor dem Säureangriff mehrfach Anzeige gegen Serhat K. erstattet, weil er sie nach der Trennung verfolgt und geschlagen hatte.

Außerdem sei noch unklar, ob die 21-Jährige Schäden von der Säure zurückbehalte. "Sie muss jetzt zwei Jahre lang einen Kompressionsanzug tragen, damit die Narben flach bleiben", berichtet die Anwältin. Darüber hinaus habe sie eine Halskrause und eine Maske für den Hinterkopf erhalten, die sie nachts tragen müsse, ebenfalls, um die Narben zu behandeln. "Davon bekommt sie regelmäßig Kopf- und Nackenschmerzen."

Aus der Haft habe Serhat K. seiner Ex-Freundin einen Entschuldigungsbrief geschickt. "Den haben wir aber nicht ernst genommen", sagt Cakir-Ceylan. "Das hat er offensichtlich noch eben vor dem Prozess machen wollen." Die Neusserin lobt ihre junge Mandantin. "Sie ist eine starke Frau, auch wenn das Ganze an den Nerven zehrt", erklärt sie. Aus der alevitischen Gemeinde in Düsseldorf, in der Reyhan C. Mitglied sei, erhalte sie großen Zuspruch und Unterstützung. "Die Vereinsführung hat ihr verdeutlicht, dass sie an ihrer Seite steht und kein Verständnis für die Taten hat."

Von dem Verhalten der Türken in Hilden ist Reyhan C. enttäuscht. Hier hätte sie sich ebenfalls Zuspruch gewünscht, hatte sie nach der Tat gesagt. Das sei jedoch nicht der Fall gewesen. Sie geht davon aus, dass der Säureangriff kulturell geprägt sei, weil Serhat K. ein stolzer Kurde sei, der seine Freundin als sein Eigentum betrachte. Auch Alan K. sei Kurde.

Serhat, der als Haupttäter gilt, wird von einem Düsseldorfer Anwalt vor Gericht verteidigt. Dieser wollte sich vor Prozessbeginn gegenüber der RP nicht äußern.

www.rp-online.de/hilden

(RP/rl/top/EW/ila/url)
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