Haan Rechenzentrum: Rezept für sichere Daten gesucht

Haan · Das Apothekenrechenzentrum ARZ Haan liegt mit dem Landesdatenschützer im Clinch. Die Patientendaten sind genügend gesichert, sagt ARZ.

 Thomas Haubold, Chef der ARZ Service GmbH (links) und Giovanni Castagna, Leiter der Produktion, zeigen die Sortiermaschine für Kassenrezepte.

Thomas Haubold, Chef der ARZ Service GmbH (links) und Giovanni Castagna, Leiter der Produktion, zeigen die Sortiermaschine für Kassenrezepte.

Foto: Matzerath, Ralph (rm-)

Stefan Mühr ist des Themas überdrüssig, beinahe jedenfalls. Immer, wenn es um das Apothekenrechenzentrum (ARZ) Haan geht, fällt der Begriff Datenschutz und der Name des Landesdatenschützers Ulrich Lepper. Mühr, Bereichsleiter beim ARZ und Prokurist, spricht dann davon, dass das Zentrum erst vor zwei Jahren für seine Datensicherheit als einziges Apothekenrechenzentrum nach internationaler Norm zertifiziert wurde und dass der Datenschützer dabei ist, ein "Geschäft mit der Angst" zu befeuern. Derzeit wird geprüft, und es kann gut sein, dass sich die beiden Seiten vor Gericht wiedersehen. "Wir brauchen eine Entscheidung, und zwar bald", sagt Mühr.

Darum geht es im Kern:

Das ARZ Haan ist ein Dienstleister für Apotheker, die als autonome Vertragspartner Kunden des ARZ sind. Alle Rezepte, die die Apotheker mit den Kassen abrechnen müssen, gehen per Kurier an die Firmentochter ARZ Service GmbH. Dort wird die Menge des Papiers zunächst gewogen, "um eine Einschätzung darüber zu bekommen, wie viele es etwa sind", erklärt Geschäftsführer Thomas Haubold, "um den Apothekern eine Vorauszahlung leisten zu können." Anschließend werden die Rechnungen für die Krankenkassen fertig gemacht und ihnen übermittelt. "Die Kassen bekommen dazu auch alle personenbezogenen Daten, das ist vorgeschrieben", so Haubold. Auf 74 Millionen Rezepte mit einem Volumen von 6 Milliarden Euro beläuft sich die jährliche Abrechnungsleistung des ARZ Service. 12 000 Apotheken in Deutschland sind die Kunden, und mehr als 200 Beschäftigte arbeiten dafür am Standort Haan. Insgesamt hat das ARZ sieben Standorte und drei Tochterfirmen mit 550 Mitarbeitern aus dem medizinischen und pflegerischen Dienstleistungsbereich. Die Abrechnung mit den Kassen im Auftrag der Apotheker ist das Kerngeschäft des Zentrums, und in diesem Feld gibt es auch keine Anfechtungen. Darüber hinaus ist es dem ARZ aber gerichtlich erlaubt, die Rezeptdaten weiter zu verkaufen, etwa an Pharmaunternehmen. Die interessieren sich dafür, um ihre Forschung an die Gegebenheiten anzupassen: Welche Krankheiten breiten sich aus? Was wird gegen sie verschrieben? Was wird gebraucht, welches Medikament ist effektiv? Bei diesem Geschäftsbereich handelt es sich um "ein wesentliches Zusatzgeschäft", so Mühr – und genau dies könnte gefährdet sein, wenn sich die Ansicht des Datenschützers durchsetzt.

Die Rezeptdaten, die verkauft werden, werden – anders als die Daten, die an die Kassen gehen – anonymisiert. In einem computergestützten Verfahren werden die Namen und Daten in Codes umgewandelt, die noch sehr begrenzte Rückschlüsse zulassen, die für die Pharmahersteller zur Beantwortung ihrer Fragen relevant sind. "Nicht relevant sind die personenbezogenen Daten", sagt Stefan Mühr, "also Namen, Adressen und so weiter der Patienten selbst." Genau hieran stört sich aber Ulrich Lepper: Ihm ist der Grad der Anonymisierung der Daten nicht hoch genug. Dies müsse das ARZ abstellen und damit zu einer absoluten Anonymisierung kommen.

Das wiederum hält das Rechenzentrum für überzogen: "Der Aufwand, aus den anonymen Daten zu Rückschlüssen zu kommen", so Mühr, "wäre unverhältnismäßig hoch." Die Geschäftsführer weisen auch darauf hin, dass die Bestimmungen in den unterschiedlichen Bundesländern sehr unterschiedlich gehandhabt werden. Während der bayerische Datenschützer etwa das Verfahren abnickt, hat der nordrhein-westfälische damit Probleme. ARZ ist sich sicher, dass das gesamte Verfahren vor dem Hintergrund der Datenschutz-Enthüllungen der letzten Monate zu betrachten ist: "Die Leute sind besonders sensibilisiert, und das ist auch verständlich", sagt Mühr. Unverständlich bleibt ihm, dass Ulrich Lepper das Verfahren zwar kritisiert, aber noch nicht einmal im Haus des Zentrums an der Landstraße gewesen sei, um sich den Vorgang einmal selbst anzusehen. "Die Gespräche sind von unserer Seite nicht unterbrochen worden."

Stand der Dinge ist, dass ARZ eine lange Stellungnahme beim Landesbeauftragen eingereicht hat. "Diese Stellungnahme wird nun von der Fachabteilung geprüft", sagt Roul Tiaden, Sprecher der Behörde. "Die Prüfung wird ergeben, ob es zu weiteren Gesprächen kommt oder ob wir eine Anordnung herausgeben." Dass ARZ gegen eine Anordnung klagen wird, hat Vorstand Siegfried Pahl bereits bekräftigt.

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(RP)
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