Hilden Qiagen hilft kleiner Sozialfirma in Not

Hilden · „Ge-mein_sam“ hilft Familien mit behinderten Kindern. Als wegen der Corona-Pandemie alle Mitarbeiter mit Null Einkommen in Kurzarbeit geschickt werden mussten, bot das Biotech-Unternehmen sieben von ihnen einen Job an. Ein tolles Beispiel für „Hildener helfen Hildenern“.

  Hildener helfen Hildenern: Melanie Hassan ist sehr dankbar, dass das Biotech-Unternehmen sie und sechs ihrer Mitarbeiter bis Ende Juli angestellt hat.

Hildener helfen Hildenern: Melanie Hassan ist sehr dankbar, dass das Biotech-Unternehmen sie und sechs ihrer Mitarbeiter bis Ende Juli angestellt hat.

Foto: Melanie Hassan

Als alleinerziehende Mutter eines behinderten Sohnes hat Melanie Hassan kämpfen gelernt. Aber die Corona-Pandemie hat die Gründerin an ihre Grenzen gebracht. Im April 2019 hat die 40-Jährige die gemeinnützige Firma „Ge_mein_sam für Integration und Entlastung“ gegründet: „Wir unterstützen als Integrationshelfer Familien mit behinderten Kindern in Kita, Schule und der Freizeit.“ Diese Dienstleistung ist in der ganzen Region (Kreis Mettmann, Leverkusen, Solingen) gefragt. „Vor Corona hatten wir 23 Mitarbeiter“, erzählt Melanie Hassan.

Dann kam der 13. März 2020, ein Freitag. Für das junge Unternehmen ein „schwarzer Freitag“. Es musste wegen der Covid-19-Pandemie auf Anordnung der Behörden seine Arbeit einstellen – von heute auf morgen. „Für unsere Mitarbeiter war das ein echter Schock. Wir werden nur für die tatsächlich geleisteten Stunden bezahlt“, erläutert Hassan: „Das ist in der Branche so üblich.“

 Das Hauptquartier von Qiagen im Gewerbegebiet Ost: Das Unternehmen beschäftigt weltweit rund 5100 Mitarbeiter an über 35 Standorten.

Das Hauptquartier von Qiagen im Gewerbegebiet Ost: Das Unternehmen beschäftigt weltweit rund 5100 Mitarbeiter an über 35 Standorten.

Foto: Qiagen/Dirk Laubner

 Das bedeutet: Alle Mitarbeiter mussten in Kurzarbeit geschickt werden – bei Null Einkommen. Viele Mitarbeiter seien Alleinerziehende und Mütter, die ohnehin nicht auf Rosen gebettet sind.

Die Geschäftsführerin weiß sehr gut, wie sich das anfühlt. Sie suchte nach einem Ausweg: „Der Schutzschirm für gemeinnützige Unternehmen kam für uns viel zu spät.“

Melanie Hassan erfuhr, dass Qiagen, Europas größtes Biotechnologie-Unternehmen mit Sitz in Hilden, zahlreiche Mitarbeiter sucht – weil Qiagen unter anderem einen neu entwickelten Corona-Schnelltest produziert. Sie nahm Kontakt auf – und Qiagen stellte sechs ihrer Mitarbeiter und sie selbst über eine Zeitarbeitsfirma  befristet bis Ende Juli 2020 ein.

 Das ist für die Unternehmerin eine große Hilfe: „Wir haben mit unseren Mitarbeitern eine Vertragsunterbrechung vereinbart. Sobald die Corona-Lockerungen greifen, können sie wieder zu uns zurückkehren. Für unsere Kunden bedeutet das: Die Kinder behalten ihre Bezugspersonen.“

Ein tolles Beispiel für das gut funktionierende Netzwerk „Hildener helfen Hildenern“, von dem auch Bürgermeisterin Birgit Alkenings in der letzten Sitzung des Stadtrates gesprochen hatte: „Das ehrenamtliche und das berufliche Hildener Netzwerk hat sich (in der Corona-Krise) bewährt.“

„Natürlich freuen wir uns, dass wir im Fall von Frau Hassan und ihren Hildener Kollegen in der aktuellen Lage helfen konnten“, sagt Robert Reitze, Senior Manager Public Relations bei Qiagen: „Gleichzeitig haben die vielen Mitarbeiter in unserer Produktion in Hilden in den letzten Monaten maßgeblich dazu beigetragen den weltweiten Bedarf an Reagenzien zur Testung auf SARS-CoV-2 zu bewältigen. Wir haben unsere Produktion dieser Reagenzien massiv erhöht, von etwa 400.000 Reaktionen (für jeweils einen Test auf SARS-CoV-2) pro Monat in 2019 auf über sieben Millionen im April und dem Ziel, bis Oktober 20 Millionen pro Monat zu erhöhen. Dazu haben wir auf einen Dreischichtbetrieb 24 Stunden, sieben Tage die Woche umgestellt und im Zuge dessen auch Mitarbeiter über Zeitarbeitsfirmen eingestellt.“ Qiagen liefert seine Reagenzien und Testkits an Kunden weltweit. „Wir versuchen weiterhin den außergewöhnlich hohen Bedarf an Tests und Reagenzien bestmöglich zu bedienen“, so Robert Reitze.

 Der US-Laborausrüster Thermo Fisher will Qiagen für rund zehn Milliarden Euro übernehmen. Offen ist, was dann aus dem Hauptquartier in Hilden wird. „Qiagen ist am Standort Hilden fest verankert“, sagt dazu Senior Manager Public Relations Robert Reitze: „Unsere Pläne der Erhöhung unserer Produktionskapazitäten hier am Standort in Hilden sprechen für sich.“

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