Hilden Prozess startet – Polizist schießt verwirrten Hildener an

Hilden/Erkrath · Der 30-Jährige war 2018 in seiner Erkrather Wohnung mit einem Messer auf die Beamten losgegangen.

 Vor dem Wuppertaler Landgericht muss sich der Hildener, der nach Erkrath gezogen war, nun wegen versuchten Totschlags verantworten.

Vor dem Wuppertaler Landgericht muss sich der Hildener, der nach Erkrath gezogen war, nun wegen versuchten Totschlags verantworten.

Foto: ddp, ddp

Die Nachtschicht hat gerade begonnen, als auf der Polizeiwache ein Notruf eingeht. Am anderen Ende der Telefonleitung: Eine Frau, die in der Wohnung nebenan lautstarkes Schreien und verzweifelte Hilferufe gehört haben will. Zwei Einsatzwagen eilen zum Brockerberg in Erkrath.

Dort angekommen, sind die Schreie durch ein geöffnetes Fenster bis auf die Straße zu hören. „Es hörte sich an, als wäre jemand in Gefahr“, erinnert sich ein Polizeibeamter. Mit drei Kollegen sei er nach oben geeilt, um vom Balkon der Nachbarin aus in die Wohnung des gebürtigen Hildeners zu schauen, aus der zuvor die Hilferufe zu hören waren. Dort habe der Mann mit einem Messer herumgefuchtelt.

Was danach passierte, ist wohl dass, wovor man sich als Polizist fürchtet: Der Beamte holte aus dem Einsatzwagen ein Brecheisen und verschaffte sich und seinen Kollegen gewaltsam Zugang zur Wohnung. „Der Mann stand im Flur, hatte ein Messer in der Hand und stürmte laut schreiend auf uns zu“, sprach der Polizeibeamte im Zeugenstand über den Moment, als er zur Dienstwaffe greifen musste. Nach einem Schuss ins Bein sei der Angreifer zu Boden gesunken und habe dennoch weiter das Messer in der Hand behalten. Es habe einige Augenblicke gedauert, bis man die Lage unter Kontrolle gebracht habe, hieß es.

Kurz darauf war klar: Der Bewohner war allein in der Wohnung und bereits polizeibekannt. Es hatte bereits mehrere Einsätze am Brockerberg gegeben und auch mehrere Einweisungen des 30-Jährigen in die Psychiatrie. Immer wieder soll der in der Wohnung randaliert und bereits seit längerem unter gesetzlicher Betreuung gestanden haben.

Sein Betreuer soll zuvor darüber geklagt haben, dass der Mann nicht kooperativ und seine Wohnung in einem desolaten Zustand sei. Dass er dort häufiger mit Mobiliar um sich geworfen haben soll, wurde nun auch zum Gesprächsthema am Wuppertaler Landgericht. Dort muss sich der Hildener, der mit seiner Freundin nach Erkrath gezogen war und nach der Trennung dort mittlerweile allein wohnt, nun wegen versuchten Totschlags verantworten.

Nach der Tat im September 2018 war er erst in die LVR-Klinik in Langenfeld und später in die forensische Psychiatrie eingewiesen worden. Bereits seit längerem steht offenbar fest: Der Angeklagte leidet an paranoider Schizophrenie. An die Tat kann er sich nicht mehr erinnern. Er habe noch kurz zuvor Geld bei seinem Betreuer abgeholt und Kokain gekauft. Danach habe er sich auf seine Couch gesetzt und Fernsehen geschaut.

Und dann? Filmriss. Immer wieder habe er Stimmen gehört und aus der Wohnung nebenan das Knallen einer Peitsche. In dem Haus stimme etwas nicht, das könne mit der Sado-Maso-Szene zu tun haben – so soll es der Angeklagte der psychiatrischen Gutachterin erzählt haben. Sie wird nun vor Gericht gehört werden um festzustellen, ob der Mann im Zustand verminderter Schuldfähigkeit gehandelt hat. Der Prozess wird fortgesetzt.

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