Streit in Hilden Politik watscht Verwaltung beim Thema Rats-TV ab

Hilden · Schon seit Jahren wird über die Live-Übertragung von Ratssitzungen diskutiert. Vor über einem Jahr erhielt die Verwaltung dazu einen Prüfauftrag. Jetzt legte sie einen Beschlussvorschlag vor – mit drei Sätzen. Kevin Buchner (SPD): „Das ist Arbeitsverweigerung.“

 In Monheim können interessierte Bürger die Ratssitzungen bequem von zu Hause aus am Computer via Internet live verfolgen

In Monheim können interessierte Bürger die Ratssitzungen bequem von zu Hause aus am Computer via Internet live verfolgen

Foto: Matzerath, Ralph (rm-)

In Monheim, in Leverkusen oder in Mettmann (Kreistag) ist es bereits Realität: Bürger können dort per Livestream die politische Beratung im Stadtrat/Kreistag und seinen Ausschüssen von zu Hause aus mit verfolgen.

In Hilden war das Thema lange umstritten. 2016 scheiterte die Bürgeraktion mit einem Antrag am mehrheitlichen Nein der meisten anderen Fraktionen. Dann verschwand das Thema in Versenkung.  Neue Aktualität erhielt die Live-Übertragung von politischen Beratungen über das Internet durch die Corona-Pandemie. Sie stellte das Bürgerparlament vor große Herausforderungen, öffentliche Sitzungen mit Publikum durchzuführen.

Vor gut einem Jahr beauftragte der Stadtrat die Verwaltung zu prüfen, unter welchen Bedingungen ein Livestream von Ratssitzungen möglich wäre. Vor kurzem legte Bürgermeister Claus Pommer das Ergebnis vor. Die Mitglieder des Ältestenrates hätten sich verständigt, das Streamen von Ratssitzungen in der Stadthalle ab 2022 ein Jahr lang zu testen. Das solle ein externer Dienstleister übernehmen. Kosten pro Sitzung: 3000 Euro, also 15.000 Euro insgesamt. Das Geld müsse zusätzlich im Haushalt bereitgestellt werden.

„Das ist Arbeitsverweigerung“, kommentierte Kevin Buchner (SPD) diese wenigen, dürren Sätze: „Da haben wir uns gänzlich etwas anderes vorgestellt. Für was geben wir die 15.000 Euro aus? Wie sind die Rahmenbedingungen?“ Die SPD erwarte bis Sommer 2022 dazu eine ausführliche Sitzungsvorlage.

„Die CDU sieht das ganz genau so“, betonte Peter Groß. Zu den Rahmenbedingungen gehöre auch eine Redezeit-Begrenzung und einen Rednerliste. Seit die Sitzung des Kreistags im Internet gestreamt werden, habe sich gezeigt, dass die Sitzungen deutlich länger geworden seien – weil sich viele gerne reden hörten.

„Die Verwaltung misst dem Vorhaben nicht den nötigen Stellenwert zu“, kritisierte auch Ludger Reffgen (Bürgeraktion): „Wir sollten möglichst schnell zu einer Lösung kommen. Schließlich reden wir schon seit fünf Jahren über das Thema.“ Der Kreistag zeige, was möglich ist.

Die nötigen 15.000 Euro überplanmäßig zur Verfügung zu stellen, sollte kein Problem sein, meinte Klaus-Dieter Bartel (Grüne): „Das ist keine Frage des Geldes, sondern des Wollens.“ Der Antrag der SPD (ausführliche Beschlussvorlage bis Sommer 2022) wurde mehrheitlich angenommen.

Auch Haan tut sich mit dem Thema schwer. In der Gemeindeordnung NRW sind Übertragungen weder ausdrücklich erlaubt, noch verboten. Das „Streamen“ von Rats- und Ausschusssitzungen ist daher rechtlich zulässig. Allerdings weist der Städte- und Gemeindebund darauf hin, dass Film- und Tonaufnahmen nur möglich sind, wenn alle Mandatsträger ihre Zustimmung abgegeben haben. Daran hapert es gewaltig. Die Stadt Haan hat 124 Ratsmitglieder, Sachkundige Bürger und Verwaltungsbeschäftigte dazu befragt. Es gab nur 32 Rückmeldungen. Elf Mitglieder des Haaner Stadtrats haben bisher ihre Einwilligung für eine öffentliche Live-Übertragung aus den Rats- und Fachausschuss-Sitzungen gegeben. 23 haben sich noch nicht dazu geäußert.

Im Kreistag im Mettmann haben alle Mitglieder bis auf zwei der Übertragung ihrer Person zugestimmt. Allerdings kann jedes Kreistagsmitglied diese Zustimmung ad-hoc durch Zeigen einer auf den Plätzen ausliegenden roten Karte widerrufen.

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