Hilden Pfarrer: "Kirchenglocken sind Klang - nicht Lärm"

Hilden · Reiner Nieswandt, Pfarrverweser von St. Jacobus, spricht über die lebhafte Diskussion um das Läuten.

Einige fühlen sich durch Glockengeläut gestört, viele nicht. Im Gegenteil: Sie verbinden Glockenklang mit Heimat. Das Thema hat in den vergangenen Wochen viele Leser berührt. Sie haben engagiert diskutiert. Zum Abschluss der Debatte kommt Pfarrer Reiner Nieswandt aus Haan zu Wort, der die Pfarre St. Jacobus Hilden kommissarisch leitet. Er geht auf den Umstand ein, dass es bis vor fünf Jahren keine Beschwerden über das Geläut gegeben hat, in jüngster Zeit aber einige von sich reden gemacht haben - wenn auch nicht massenhaft. Er wisse von einem Haushalt, der sich in kurzem Zeitraum zweimal beschwert habe - über morgendliches Glockenläuten am Feiertag.

Die Diskussion über das Läuten von Kirchenglocken hängt für den Pfarrer mit der Frage zusammen, welchen öffentlichen Raum man Kirchen und religiösen Gemeinschaft zubilligt oder ob die Ausübung einer Religion ausschließlich als private Angelegenheit angesehen wird. "Niemand sollte sich der Illusion hingeben, eine öffentlich religionsfreie Gesellschaft wäre humaner", sagt Nieswandt. Gegenbeispiele seien Länder, die nach wie vor unter "totalitären säkularen Regimen" leiden müssten. Selbst demokratische Länder wie die USA oder Frankreich mit seiner sehr strikten Trennung von Staat und Kirche zeigten deutlich, dass es in diesen Gesellschaften trotzdem zu gefährlichen, auch religiös-fanatischen Entwicklungen kommen könne. "Das deutsche Modell der Partnerschaft von Staat und Kirche hat sich hingegen in vielen Bereiche bewährt und ist belastbar." Der vom Menschen selbst verursachte Lärm habe - global betrachtet - erhebliche Ausmaße angenommen: "Ich meine, wir sollten über dieses Problem mal grundsätzlich ins Gespräch kommen." Viele Musik-, Fahr- oder Maschinengeräusche würden von denen, die sie nicht selbst verursachen, aber passiv aufnehmen müssen, als störend empfunden - weil man Lärm nicht einfach ausweichen kann. Nieswandt: "Dann können wir auch gerne über das Läuten von Kirchenglocken miteinander ins Gespräch kommen."

Geläut sei aber nicht gleich Geläut. Es gelte zwischen Uhrzeitgeläut (in der Regel zwischen 7 und 20 Uhr), Glockengeläut zu den Gottesdiensten (in der Regel 15 Minuten vor Beginn) und dem so genannten Angelus-Läuten morgens, mittags und abends grundsätzlich zu unterscheiden: "Dieses ruft die Gläubigen zu einem kurzen Gebet und Innehalten im Alltag auf." Es werde bereits seit dem Mittelalter in den katholischen Regionen praktiziert. Die Idee dazu habe der Heilige Franziskus von Assisi gehabt - nach seiner Orientreise, inspiriert vom Gebetsruf der dortigen Muezzins.

Nieswandt: "Unsere Kirchenglocken besitzen eine hohe Klangqualität, da sie aus Bronze hergestellt wurden und nicht, wie mancherorts, aus Stahl oder Eisen. Außerdem werden die Glockenklänge von Fachleuten aufeinander abgestimmt, so dass ein ,Klang' entsteht und nicht ein ,Lärm'."

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(RP)
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