Hilden "Persönliche Freiheit statt Vereinsmeierei"

Hilden · Begleitend zur Serie "Chöre in der Stadt" sprach RP-Mitarbeiterin Uli Schmidt mit Karl Hentschel, dem Leiter der Musikschule Hilden.

 Karl Hentschel ist Leiter der Musikschule Hilden.

Karl Hentschel ist Leiter der Musikschule Hilden.

Foto: blazy

Herr Hentschel, fast jede der hiesigen Sing-Gemeinschaften wünscht sich mehr Nachwuchs. Nicht nur bei den Männerstimmen. Müssen wir wirklich einen Abgesang auf das Chor-Wesen anstimmen?

Hentschel Ich bin zwar kein Fachmann für Gesang, auch wenn ich in meiner Jugend gerne im Chor gesungen habe und das schon früh meinen Werdegang als Musiker mit geprägt hat. Ich sehe aber durchaus eine Zukunft. Allerdings nicht mehr im traditionellen Sinne.

Wie meinen Sie das? Reicht eine Namensänderung? Etwa von Chor zu Collegium? "Voix mixte" statt "Almrausch"?

Hentschel Der gesellige Aspekt steht heute nicht mehr so im Vordergrund. Früher begann eine Chorprobe an der Theke beim Bier und wurde dort auch beendet. Viele Menschen wollen heutzutage keine verpflichtende "Vereinsmeierei" mehr, sondern lieber persönliche Freiheit.

Funktioniert das in einem Chor? Mit vielen anderen?

Hentschel Durchaus, weil ein gemeinsames Ziel, etwa ein Konzert, angestrebt wird. Es gibt das Bedürfnis, sich kreativ zu äußern. Dazu gehört ganz sicher auch die eigene Stimme als Instrument.

Was sollten Sänger-Vereine tun, um nicht zu verstummen?

Hentschel Es ist nach meiner Überzeugung wichtig, dass ein Chorleiter weiß, was er fachlich will und gleichzeitig Sänger und Sängerinnen begeistern kann.

Kennen Sie zukunftsweisende Beispiele? Auch für junge "Singer" jenseits von Fernseh-Wettbewerben?

Hentschel Ja. Das Projekt "Voneinander lernen", an dem sich die Fabry- und die Fliedner-Realschule zusammen mit unserer Partnerstadt Warington im vergangenem Jahr beteiligt haben. Da gab es im Juni ein Gospel-Festival in Liverpool, an dem 50 junge Sänger aus Hilden beteiligt waren.

Warum ausgerechnet Gospel?

Hentschel Das ist etwas Besonderes, schon deshalb, weil mit ihnen Bewegung einhergeht. Choreografie aus dem Stand. In England hat übrigens der Chor-Gesang alte Tradition. Auch mit den so genannten "Barber-Shop-Chören."

Wie bitte? Singen beim Frisör?

Hentschel Ja, das ist der Ursprung. Weil es damals noch kein Radio gab. Deshalb klingen diese Lieder heute noch fetzig a capella.

Meinen Sie jetzt ohne Haube?

Hentschel Nein, ich meine ohne Zusatz-Instrumente.

(chm)
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