Hilden Peer Steinbrück sitzt gerne auf Hildens berühmtester Bank

Hilden · Der SPD-Spitzenkandidat sucht den Mittelpunkt der Städte auf – in Hilden wie in Mettmann.

Worte platzen schon mal aus ihm heraus, "nicht alles ist vorsätzlich und geplant". Das hat Peer Steinbrück vor drei Jahren in einem Interview über sich selbst gesagt. Lange ist es noch nicht her, dass ihm das sichere Treten in die Fettnäpfchen problemlos gelang, was den Start seines Wahlkampfs verhagelte.

"Am meisten geärgert hat mich, dass es im Wahlkampf lange nicht um Politik, sondern um Nebensächlichkeiten ging", sagt der 66-Jährige heute dazu. Er hat sich auf seine Themen konzentriert, die nicht immer seine Themen waren: Mit sozialer Gerechtigkeit und Frauenquote hätte dereinst wohl niemand Peer Steinbrück in Verbindung gebracht. Seit er SPD-Kanzlerkandidat mit dem Wahlkreis Mettmann I ist, bringt er sich selbst durchaus damit in Verbindung. Priorität hat für ihn der Mindestlohn von 8,50 Euro.

Beobachter, die den Diplom-Volkswirt seit Jahren begleiten, sagen, dass sie ihm seine neue Sicht auf die Dinge abnehmen. Die Frauenquote etwa, die Steinbrück jetzt fordert, und der gleiche Lohn für Frauen und Männer – da hätten sich seine Frau und seine beiden Töchter wohl nachdrücklich durchgesetzt und ihn zu einem Umdenken bewegt.

"Nicht alles ist vorsätzlich und geplant." Dazu gehört wohl, dass Steinbrück bei einem seiner Besuche in Hilden eine Pflaume isst. Sie wurde ihm von einem betagten Hildener angeboten, als er sich auf der Jaubank am Markt niederließ, einem seiner Lieblingsorte im Wahlkreis. "Die Bänke rund um den alten Baum sind bei meinen Besuchen in Hilden ein ersehnter Anlaufpunkt", sagt Steinbrück.

"Bei einigen meiner Radtouren durch den Kreis habe ich auf dem Alten Markt einen Zwischenstopp eingelegt, manchmal, um einzukehren und die abgeleisteten Kilometern wieder aus den Beinen zu bekommen, manchmal, um mit den Menschen unkompliziert ins Gespräch zu kommen." Gerne hält er sich aus dem gleichen Grund auf dem Markt in Mettmann auf; Mittelpunkte liegen dem ehemaligen Ministerpräsidenten und ehemaligen Bundesfinanzminister eindeutig und, ehrlicherweise: Er hat auch keine Angst vor ihnen, scheint jetzt ebenso intensiv mit Pflege und Rente in Deutschland befasst wie einst mit der Bankenkrise.

Er selbst fühlt sich dem Renteneintrittsalter von 67 Jahren, von CDU und SPD einst beschlossen, nicht nah. "Mit 66 Jahren . . . fängt das Leben als Kanzler an", antwortet er auf entsprechende Fragen. Andere Fragen mag er, der gebürtige Hamburger mit Wohnsitz in Bonn, kaum noch hören, etwa die: Nervt es eigentlich, wenn ihm vorgehalten wird, nicht aus dem Kreis Mettmann zu kommen? "Das, was da mitschwingt, gefällt mir nicht", antwortet Steinbrück, "weil es nicht stimmt. Mir ist die Arbeit im und für den Wahlkreis sehr wichtig. Seit den 80er Jahren habe ich enge Verbindungen in den Kreis. Seit 2009 bin ich hier mit dem Herzen präsent. Und ich arbeite in Berlin für die Interessen der Bürger, Unternehmen, Vereine und Verbände. Die Leute haben ein sehr feines Gespür dafür, dass ich in meinem Wahlkreis präsent gewesen bin und sein werde."

Zumindest 2009 haben "die Leute" im Wahlkreis nicht ihm den Vorzug gegeben, sondern seiner Kontrahentin von der CDU, Michaela Noll. Und auch für den 22. September dieses Jahres sagen die Prognosen einen Sieg für Noll voraus. "Nicht die Prognosen entscheiden die Wahl", wird der SPD-Kandidat nicht müde zu betonen: "Auch nicht die Moderatoren. Sondern allein die Wähler." Er könnte auch sagen, dass nicht alles vorsätzlich und planbar ist. Auch die Frage nach seiner Art von Ironie und Bissigkeit hat Steinbrück unzählige Male gehört: "In der SPD ist es nicht viel anders als in meinem Freundes- und Bekanntenkreis. Manche haben einen gewissen Spaß an meiner Art, andere eben nicht." Großen privaten Spaß hat Peer Steinbrück, wenn er bestimmte Musik hört: Vor wenigen Wochen war er bei einem "tollen Konzert von Seeed" in Berlin.

"Und zu Hause höre ich gerne die Dire Straits", wie er erzählt. Den größten Spaß in diesem Wahlkampf hatte wiederum Peer Steinbrück bei seiner Rede am Brandenburger Tor zum 150-jährigen Bestehen der SPD vor mehr als 200 000 Leuten: Das sei Gänsehautfeeling gewesen, sagt er heute. Keine Frage, das mit dem Mittelpunkt.

(RP)
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