Hilden Nur wenige Frauen im Stadtplan

Hilden · Mit der Gleichberechtigung sieht es im Hildener Straßenverzeichnis düster aus. Nur elf Straßen und Plätze sind nach Frauen benannt. Fast dreimal so viele tragen Männernamen. Doch wer sind die wenigen Namensgeberinnen?

340 Straßen gibt es in Hilden. Nur wenige von ihnen tragen die Namen berühmter Menschen. Vor allem weibliche Namensgeberinnen sind rar: Es gibt nur elf Straßen oder Plätze mit Frauennamen.

Das soll sich bei zukünftigen Namensgebungen ändern. Denn der Heimat- und Kulturverein hat den Wunsch geäußert, bei Neu- oder Umbenennungen vor allem Frauen zu berücksichtigen. Die Stadt hat sich bereits bei zwei Straßen daran orientiert: Die Gabriele-Münter- und die Paula-Modersohn-Straße liegen im Malerviertel.

Nach einer Hildenerin ist die Marie-Colinet-Straße benannt. Colinet (Todesdatum um 1638) war Hebamme und die Frau des Arztes Wilhelm Fabry. Sie war die Erfinderin der Magnetextraktion. Bei dem Verfahren werden Metallsplitter mit einem Magneten aus einem verletzten Auge entfernt. Ihr Mann wurde mit dem Verfahren berühmt.

Ebenfalls Ärztin war Dorothea Erxleben (1715 bis 1762). Sie war von ihrem Vater in medizinischen Dingen ausgebildet worden. Trotz dieser Erfahrung wurde ihr lange der Zugang zur Universität verwehrt. Erst 1754 reichte sie ihre Promotion ein. Sie gilt deshalb als erste promovierte deutsche Ärztin.

Eine weitere Hildenerin ist mit Ellen Wiederhold (1921 bis 1995) vertreten. Die Unternehmerin und Naturwissenschaftlerin dürfte vielen bekannt sein, war sie doch bis 1994 Bürgermeisterin. Zunächst hatte sie die Lackfabrik ihres Vaters, Walter Wiederhold, übernommen — erst nach dem Verkauf ging "us Ellen" in die Politik und war 25 Jahre lang Bürgermeisterin.

Von internationaler Berühmtheit sind Käthe Kollwitz (1867 bis 1945), Marie Curie (1867 bis 1934) und Lise Meitner (1878 bis 1968). Während Kollwitz zu den bedeutendsten Künstlerinnen des 20. Jahrhunderts zählt, trugen Curie und Meitner zur Erforschung der Radioaktivität bei. Auch Agnes Pockels (1862 bis 1935) war Physikerin und Chemikerin. Sie erforschte als Autodidaktin bedeutende Grundlagen auf dem Gebiet der Oberflächen- und Grenzflächenspannung. Beobachtungen dazu hatte sie beim Abwasch gemacht.

Wichtig für die Region war Wilhelmine Fliedner (1835 bis 1904), Tochter von Theodor Fliedner, der die Kaiserswerther Diakonie gründete. Sie setzte sich im 19. Jahrhundert für die Schule an der Gerresheimer Straße ein, die heute nach ihr benannt ist.

Für die nächste Benennung gibt es einen Vorschlag des Arbeitskreises "Stolpersteine": Hendrika Grüter. Sie arbeitete bei einem jüdischen Hildener Arzt. Grüter gilt als eines der Opfer der Pogromnacht im November 1938. Sie wählte in dieser Nacht mit ihren Arbeitgebern den Freitod. Überliefert sind ihre Worte: "Unter solchen Leuten kann ich nicht mehr leben." An der Gerresheimer Straße erinnert ein Stolperstein an Grüter.

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