Haan Nun im Friedensdorf auskurieren

Düsseldorf · In dieser Woche hat Regine Jäger-Zimmer die schwere Aufgabe, die Mädchen beim Packen zu beraten. Denn jedes Kind erhält vom Friedensdorf eine Tasche in Einheitsgröße, in die es etwas von der gespendeten Kleidung und Spielsachen für zu Hause einpacken darf. "Alles wäre zu viel", sagt die Betreuerin mit Blick auf die freundlichen Gaben, die sich schon jetzt im Zimmer türmen. Suhila hat schon entschieden, dass sie ihrer Schwester auf jeden Fall ein Stofftier mitbringen möchte.

Schönes Grün, komischer Himmel

Das wäre für Fahima schwieriger: Die Achtjährige hat zehn Geschwister. Heimweh habe sie aber nicht, beteuert Fahima: "Wir sind ja nur für eine kurze Zeit hier." Gegen einen längeren Aufenthalt in Deutschland hätten die Mädchen freilich nichts einzuwenden. "Ich finde die Gebäude sehr schön und dass es hier so viele Grünflächen gibt", schwärmt Suhila. Nur den Himmel finden die Mädchen "komisch", wenn er bei Sonnenuntergang orange erstrahlt. Das Essen im Krankenhaus schmeckt ihnen auch. Am liebsten essen sie Reis – was in Afghanistan zu jeder Mahlzeit gehört. Mineralwasser kannten sie vorher gar nicht. "Das Wasser schmeckt hier so sauer", wundert sich Fahima.

Dass die Mädchen ihre Betreuerin nicht privat besuchen werden, gehört zum Konzept des Friedensdorfes. "Wenn sie ein deutsches Zuhause erleben, wäre der Kulturschock noch größer", hat Jäger-Zimmer gelernt, die stattdessen mit den beiden "vielleicht noch einen Ausflug in den Zoo" machen möchte. Denn der Abschied naht – zumindest von Haan. In der kommenden Woche sollen Suhila und Fahima nach Oberhausen gebracht werden, wo sie mit den anderen Kindern aus Afghanistan, Angola und weiteren Kriegsgebieten noch etwas im Friedensdorf aufgepäppelt werden, bevor es im August zurück in die Heimat geht.

In Afghanistan besuchen beide die Schule. Suhila freut sich besonders darauf, da sie auf Grund ihres lahmen Beins lange nicht zur Schule gehen konnte und stattdessen in einer Teppichfabrik arbeiten musste. "Das hat müde gemacht." Beide wollen später Polizistin werden – "um unserem Land zu dienen". Ein Land, in dem die Eltern schon sehnsüchtig auf ihre Töchter warten. "Wenn Eltern sich entscheiden, ihr krankes Kind in fremde Hände zu geben, damit es in einer fremden Kultur gesund werden kann", sagt Kliniksprecherin und Friedensdorf-Fördermitglied Cerstin Tschirner, "dann ahnt man, wie groß ihre Verzweiflung sein muss."

(RP)
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