Hilden Neue Perspektiven in der Pflegefamilie

Hilden · Etwa 50 Pflegeverhältnisse gibt es in Hilden. Das Jugendamt sucht ständig Eltern, die bereit sind, Kinder aufzunehmen.

"Komme ich aus Mamas Bauch?" Wenn die kleine Annika (Name geändert) mit ihren mittlerweile fünf Jahren solche Fragen stellt, müssen die Pflegeeltern Thomas und Katrin ehrlich sein. Nein, sie komme nicht aus Mamas Bauch, sie habe noch eine andere, eine leibliche Mutter, lautet die Antwort.

Die Eltern konnten sich allerdings nicht adäquat um ihre Kinder kümmern. Daher sind Annika und Leon (Name ebenfalls geändert) jetzt seit dreieinhalb Jahren in ihrer neuen Familie. "Es ist wichtig für die Entwicklung der Kinder, dass ihnen ihre Herkunft bewusst ist", erklärt Nicole Albrecht-Peters vom Pflegekinderdienst des Jugendamts in Hilden. Wenn Kinder in Pflegefamilien kommen, haben die leiblichen Eltern auch weiterhin das Recht, ihr Kind in regelmäßigen Abständen zu sehen. Informatiker Thomas und Ergotherapeutin Katrin entschieden sich 2009 dazu, ein Pflegekind aufzunehmen. "Wir wollten Kindern, die nicht so behütet aufwachsen, eine Perspektive in unserer Familie geben", begründet Katrin den Entschluss. Mit Zwillingen hätten sie zu diesem Zeitpunkt allerdings nicht gerechnet.

Bewerber um ein Pflegekind können Paare aber auch Einzelpersonen sein. Sie müssen zunächst einmal einer Überprüfung durch den Pflegekinderdienst standhalten. So wird versucht, ein vollständiges Bild zu bekommen. "Ganz wichtig sind Toleranz, Konflikt- und Kooperationsfähigkeit", sagt Albrecht-Peters. Die gewonnenen Eindrücke werden dann mit den Bedürfnissen des Pflegekinds abgeglichen. In einer Anbahnungsphase von etwa zwei Monaten werden die Kinder und die zukünftigen Pflegeeltern langsam aneinander gewöhnt. Erst wenn das Vertrauen entsprechend gewachsen ist, findet die endgültige Umsiedlung statt. Etwa 50 Pflegeverhältnisse gibt es in Hilden derzeit; das Jugendamt berät etwa 20 Paare jährlich, die sich vorstellen können, ein Kind aufzunehmen. Gesucht werden Pflegeeltern praktisch dauernd.

Bei Annika und Leon hat ihr Einleben gut funktioniert. Inzwischen gehören sie ganz zur Familie. Ihre Pflegeeltern sind "Mama und Papa", und auch "Oma und Opa" wurden von den beiden bereits voll angenommen. "Der einzige Unterschied ist, dass uns im Gegensatz zu leiblichen Eltern anderthalb Jahre fehlen", sagt Pflegemutter Katrin. Diese Lücke könne in ihrem Fall aber mit den Informationen, die die Bereitschaftspflege über die Kinder gesammelt hat, gefüllt werden. "Wir haben Fotos und Videos und sind so in der Lage, den Kindern Fragen über ihr erstes Lebensjahr zu beantworten – zum Beispiel wann sie Krabbeln oder Laufen lernten", erzählt die 35-jährige. Unter der Bereitschaftspflege werden Pflegefamilien verstanden, die die Kinder kurzfristig aufnehmen, wenn sie schnell aus ihrer Ursprungsfamilie genommen werden müssen.

Im Alltag fällt die besondere Herkunft der Zwillinge kaum noch auf. "Sie haben einen Freundeskreis und auch jeder sein eigenes Hobby", berichtet Katrin. "Leon reitet gern und Annika geht tanzen." In ihrem gemeinsamen Kinderzimmer haben die Zwillinge viele Spielsachen und Bücher. In der Familie fühlen sie sich geborgen und sie bekommen, wenn sie in die Schule kommen, jeder ein eigenes Zimmer. "Wenn das klappt", gibt Thomas zu bedenken. Denn noch seien die beiden nur schwer voneinander zu trennen.

Informationen gibt es beim Pflegekinderdienst und im Amt für Jugend, Schule und Sport, Tel. 02103-72-510.

(RP)
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