Dreimonatiger Feldversuch auch in Hilden und Haan Diskriminierung – man vermietet deutsch

Hilden/Haan · Bei einem dreimonatigen Feldversuch der Beratungsstelle gegen Alltagsrassismus im Kreis Mettmann bekamen Mietinteressenten mit arabischen Namen häufig gar keine Antwort.

 Am Wohnungsmarkt im Kreis Mettmann werden laut einer Studie Wohnungssuchende nach ihrer Herkunft diskriminiert

Am Wohnungsmarkt im Kreis Mettmann werden laut einer Studie Wohnungssuchende nach ihrer Herkunft diskriminiert

Foto: dpa/Paul Zinken

Jeder zweite Wohnungsanbieter im Kreis Mettmann benachteiligt Mietinteressenten mit arabisch klingenden Namen. Zu diesem Ergebnis kommt eine Kurzzeit-Studie der Beratungsstelle gegen Alltagsrassismus. Im Zeitraum August bis Oktober 2022 schickte die Beratungsstelle auf einem Online-Portal zwei Test-Identitäten auf Wohnungssuche. Die eine wandte sich unter einem deutschen Namen an private und gewerbliche Anbieter von Mietwohnungen. Die andere schrieb unter einem augenscheinlich arabischen Namen dieselben Online-Wohnungsinserate an.

Gesucht wurden Drei-Zimmer-Wohnungen mit einer Kaltmiete von höchstens 800 Euro im Monat für eine dreiköpfige Kleinfamilie. 117 solcher Anfragen versandten die Tester in alle zehn Städte des Kreises. Mettmann war mit 15 Anfragen ein Schwerpunkt, in Hilden gab es etwa ein Dutzend Bewerbungen, in Haan 5. Auf die Anfragen antworteten laut den Forschern 41 Anbieter überhaupt nicht. Bei 16 weiteren Mails gab es eine automatisierte Antwort, in der um die Zusendung eines Selbstauskunftbogens gebeten wurde. Von den 117 Anfragen hätten daher 60 Anfragen ausgewertet werden können.

Von diesen reagierten laut der Studie insgesamt 30 nur auf die deutsche Anfrage. Das entspricht 50 Prozent. Von 29 Wohnungsanbietern gab es an beide Test-Identitäten gleichlautende Antworten, ein Anteil von 48 Prozent. Hierbei wurde zwölfmal ein Besichtigungstermin angeboten, in 17 Fällen gab es Absagen für beide Test-Identitäten. Einmal erhielt nur die arabische Testidentität eine Antwort; das macht zwei Prozent aus. Die Wissenschaftler machen daher eine „Nettodiskriminierungsrate“ von 48 Prozent aus.

Zudem kommen die Urheber der Studie zu diesem Schluss: „Trotz der recht geringen Grundgesamtheit von 60 Rückmeldungen ist der sehr eindeutige Trend zu erkennen, dass ein allein aufgrund seines Namens als arabischstämmig erkennbarer Wohnungsinteressent signifikant schlechtere Chancen auf dem (Online-) Wohnungsmarkt hat.“ Unter den privaten Wohnungsanbietern habe die Diskriminierungsrate leicht höher gelegen als bei gewerblichen Anbietern.

Verglichen wurden die Ergebnisse aus dem Kreis Mettmann mit ähnlichen Studien in Deutschland. Dabei zeige sich, dass die im Kreis Mettmann ermittelte Diskriminierung im Vergleich zu anderen Studien „verhältnismäßig hoch“ sei. Allgemein sehen Wissenschaftler laut der Beratungsstelle gegen Alltagsrassismus, in der muslimischen Religionszugehörigkeit eine Erklärung für die Ungleichbehandlung von Wohnungsinteressenten.

Die Urheber der Untersuchung bezeichnen sie selbst nur als Stichprobe. Dennoch seien die Ergebnisse dazu geeignet, die rassistische Diskriminierung auf dem Wohnungsmarkt aufzuzeigen. In einem zweiten Schritt sollen nun die bislang verdeckt angeschriebenen Vermieter um eine Stellungnahme gebeten werden.

Dass es Vorbehalte bei den Anbietern von Mietwohnungen gibt, erfährt auch Martin Sahler, Abteilungsleiter der Fachstelle für Integration und Migration bei der Caritas im Kreis Mettmann Tag für Tag. Dabei dürften aber längst nicht alle Immobilienbesitzer über einen Kamm geschoren werden. Sicher gäbe es einige, die nicht zu erreichen seien. „Aber wir haben eine ganze Reihe von Vermietern kennengelernt, die eine soziale Ader besitzen und nicht einfach so an der Wohnungsnot von Menschen vorübergehen.“ Die Caritas versuche, durch ein Wohnraummanagement, Wohnungsanbieter und Wohnungssuchende zusammenzubringen. „Wichtig ist immer, dass man miteinander ins Gespräch kommt“, macht Sahler deutlich. Dabei könnten Vorbehalte gegenüber Familien oder Einzelpersonen entkräftet werden, deren monatliche Miete vom Jobcenter übernommen werde. Sahler: „Dies ist ein zuverlässiger Partner bei Mietzahlungen. Das machen wir Vermietern immer wieder deutlich.“

Ebenso werde mit den Wohnungssuchenden gesprochen. Ihnen erklären die Caritas-Mitarbeiter zum Beispiel, dass man sich in einem Miethaus an die dort herrschenden Regeln halten muss. „Da in den städtischen Sammelunterkünften der Müll nicht getrennt werden kann, müssen die neuen Mieter oftmals darauf hingewiesen, dass sich das jetzt in der eigenen Wohnung ändert“, weiß Sahler. Auch die Bedeutung von nächtlichen Ruhezeiten ab 22 Uhr oder der mögliche Lärm durch häufige Besuche werde angesprochen. „Wir stehen bereit, uns auch nach einer Vermittlung um Probleme zu kümmern“, sagt Sahler. Aufgrund der guten Vorbereitung sei dies nur selten nötig.

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