Hilden „Manche Bilder sind für immer im Kopf“

Hilden · Klaus Smolinski, Leiter der 1. Wachabteilung der Feuerwehr Hilden, geht mit fast 60 Jahren in den Ruhestand.

 Klaus Smolinski hatte seinen Traumberuf gefunden.

Klaus Smolinski hatte seinen Traumberuf gefunden.

Foto: Zelger, Thomas

Das Feuerwehr-Ehrenzeichen in Gold hat der Landesinnenminister Klaus Smolinski schon Ende 2016 verliehen. Jetzt geht der Leiter der 1. Wachabteilung der Hildener Feuerwehr mit fast 60 (am 4. Juni) in den Ruhestand. 38 Jahre war der Hildener Feuerwehrmann – sein Traumberuf: „Das wollte ich immer schon werden.“ Zunächst machte der gebürtige Düsseldorfer eine Lehre als Automechaniker. Dann wurde er arbeitslos. „Die Werksfeuerwehr von Mannesmann sucht Leute“, schlug ihm der Berater auf dem Arbeitsamt vor: „Wäre das nichts für Sie?“

 Die Kameraden empfingen den Leiter der Ersten Wachabteilung zu Beginn seiner letzten Schicht mit einem Fackel-Spalier auf der Feuerwache.

Die Kameraden empfingen den Leiter der Ersten Wachabteilung zu Beginn seiner letzten Schicht mit einem Fackel-Spalier auf der Feuerwache.

Foto: Christtoph Schmidt/Feuerwehr Hilden

Doch, das reizte Klaus Smolinski schon. Sehr sogar. Zudem brauchten Feuerwehrleute eine abgeschlossene Berufsausbildung im handwerklichen Bereich. Die konnte er ja vorweisen. Aber es gab da noch ein großes Problem. Bedingung war das deutsche Sportabzeichen und der Rettungsschwimmer in Bronze. „Und ich konnte damals mit 22 Jahren nicht schwimmen“, erzählt Klaus Smolinski: „Ich bin als Kind einmal fast ertrunken. Wasser war für mich der reinste Horror.“ Als er das dem Leiter der Werksfeuerwehr von Mannesmann gestand, flachste der: „Wir haben hier nur ein Klärbecken. Darin kann man nicht schwimmen.“ Er gab Klaus Smolinski ein Jahr Zeit, das Rettungsschwimmer-Abzeichen in Bronze nachzuholen. „Es war eine Riesen-Überwindung für mich.“ Bei der DLRG habe er gute Ausbilder gefunden. Sie schafften es, ihm die Angst vor dem Wasser zu nehmen: „Damals bin ich dreimal in der Woche schwimmen gegangen und habe trainiert.“

Vier Jahre tat der Dienst bei der Werkfeuer (ganz wichtig: ohne s) Mannesmann, erst in Düsseldorf, dann in Duisburg. Weil der Konzern immer mehr Werke dicht machte, wechselte er zur Feuerwehr nach Hilden. Für ihn wieder ein Glücksfall. 1986 zog Klaus Smolinski mit seiner Frau und zwei Kindern nach Hilden: „Wir haben uns hier immer wohl gefühlt und möchten auch nicht mehr weg.“

Die Feuerwehr Hilden hat eine hauptamtliche Wache mit 70 Feuerwehrleuten sowie zwölf Beschäftigten im Rettungsdienst. Sie bilden zwei Wachabteilungen, die jeweils in 24 Stundenschichten Dienst tun. Das Rückgrat der Feuerwehr sind rund 100 ehrenamtlichen Feuerwehrleute. Sie haben die gleiche Ausbildung und kommen ihren hauptberuflichen Kameraden im Notfall zu Hilfe.

Klaus Smolinski leitete zuletzt die 1. Wachabteilung, war für 24 Mitarbeiter zuständig: Verwaltung, Planung, kleinere Einsätze. Bis 2018 hatte er zehn 24-Stunden-Dienste im Monat, dann acht, weil Deutschland eine EU-Richtlinie umsetzen musste. „Mit zunehmendem Alter ist mir das immer schwerer gefallen“, gibt der 59-Jährige zu: „Zu Hause schlafe ich tief und fest, aber nie auf der Wache.“ Wenn der Einsatzgong ertönt, schnellt der Puls in die Höhe und der Adrenalinspiegel steigt – auch bei einem Profi mit so viel Erfahrung. „Bei der Feuerwehr gibt es keine Routine. Man weiß nie, was einen erwartet.“ Manchmal Schreckliches. Ein erweiterter Suizid gehört zu seinen schlimmsten Einsätzen: „Ein Mann hatte in Hilden zuerst seinen 18 Monate alten Sohn umgebracht und dann sich selber.“ Vier Monate zuvor war ein 18 Monate altes Kind plötzlich verschwunden. Seine Mutter hatte es nur einen Augenblick aus den Augen verloren. Klaus Smolinski und seine Kameraden fanden den kleinen Jungen. Er war in einen Wassergraben an der Beethovenstraße gefallen, weggetragen worden und ertrunken. „Das war eine sehr harte Zeit. Ich habe lange nicht richtig schlafen können“, erzählt der Vater von zwei Kindern: „Die Bilder habe ich noch immer im Kopf. So etwas vergisst man nicht.“

Und was kommt jetzt? Konkrete Pläne hat er noch nicht: „Ich möchte erst mal runterkommen.“ Wandern mit seiner Frau hilft ihm dabei. Oder Krimis lesen; aktuell den Lincolm-Rhyme-Thriller „Der talentierte Mörder“ von Jefferey Deaver. Und kochen. Das macht Klaus Smolinski zu Hause regelmäßig. Und auf der Feuerwache an Feiertagen. Heiligabend hat er den Kameraden Rotwein-Gulasch mit Kartoffeln und Rotkohl serviert: „Ich wollte eigentlich Wildschwein machen wie in den Vorjahren, aber der Kollege konnte keines schießen.“ Nicht nur wegen seiner Kochkünste werden die Kameraden Klaus Smolinski vermissen. Bei seiner letzten Schicht haben sie morgens für ihn mit Fackeln Spalier gestanden. Und nach dem Dienst eine kleine Feier arrangiert. Alte Wegbegleiter wie Feuerwehr-Chef a.D. Bernd Janeck waren dabei. Die Feuerwehr ist wie eine Familie. „Ich kenne Klaus Smolinski seit mehr als 30 Jahren und habe ihn immer geschätzt“, sagt der amtierende Feuerwehr-Leiter Hans-Peter Kremer: „Er ist ein Mitarbeiter mit Kante und klaren Worten, auch wenn es mal unangenehm ist.“ Das sei heute eher selten.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort
Kanold war in aller Munde
In Hilden wurde einst eine der bekanntesten Süßwaren-Marken produziert. Kanold war in aller Munde