Hilden Lotsen im Behördendschungel

Hilden · Das "Stellwerk" bündelt seit über einem Jahr Hilfen für Heranwachsende und Familien in der Hildener Stadtverwaltung. Für rund 380 Kinder wurden Zuschüsse für Sport- und Freizeitaktivitäten gewährt.

 Nora Spiller vom "Stellwerk" hilft einem Mann bei der Durchsicht seiner Finanzen. Die Mitarbeiter des Familienbüros müssen Kunden, die des Deutschen noch nicht so mächtig sind, häufig erklären, was sich hinter welchen Begriffen verbirgt.

Nora Spiller vom "Stellwerk" hilft einem Mann bei der Durchsicht seiner Finanzen. Die Mitarbeiter des Familienbüros müssen Kunden, die des Deutschen noch nicht so mächtig sind, häufig erklären, was sich hinter welchen Begriffen verbirgt.

Foto: Olaf Staschik

Die junge Frau, die im Familienbüro "Stellwerk" im Bürgerhaus an der Mittelstraße mit ihrer dreijährigen Tochter sitzt, zog es vor zwei Jahren von Polen nach Hilden. Zwar spricht sie schon gut genug Deutsch, um im Alltag einigermaßen zurecht zu kommen, doch für komplizierten, bürokratischen Schriftverkehr wie etwa die Anträge fürs Wohngeld reicht es noch nicht. Daher unterstützt Jutta Müller-Tischner vom Familienbüro sie. "Das ist eine sehr gute Hilfe", lobt die junge Polin.

Stellwerk als Vermittler

Fälle wie den der jungen Hausfrau behandelt das Team des "Stellwerks" seit einem Jahr regelmäßig und hilft unter anderem beim Weg durch den Bürokratiedschungel. Und darin sollte "kein Kind, kein Jugendlicher, keine Familie verloren gehen!", wie es im Leitbild der Einrichtung heißt, die im Amt für Jugend, Schule und Sport angesiedelt ist.

Aber das ist nicht alles: Denn wie der Name schon sagt, stellt man dort für sozial benachteiligte Menschen die Weichen — und zwar zur passgenauen Beratung oder einem entsprechenden Bildungsangebot. "Wir tasten uns im persönlichen Gespräch an die Probleme der Menschen heran und vermitteln", erläutert Stefanie Walder. "Wir nehmen dann selbstverständlich den Hörer in die Hand und betreuen die Leute danach weiter", verspricht die stellvertretende Leiterin des "Stellwerks". Sie sieht ihr Team einem ständigen Wandel unterworfen, je nach Ansprüchen der Kunden.

An den Start ging das "Stellwerk" im Juni 2011 vorrangig mit der Aufgabe, Familien mit geringem Einkommen die Leistungen des so genannten Bildungs- und Teilhabegesetzes zu gewähren. Dieses unterstützt Kinder dabei, am sozialen und kulturellen Leben teilzuhaben, und steht Empfängern von Arbeitslosengeld, Sozialhilfe, Wohngeld und Kindergeldzuschlag zu. Das nahmen seitdem 380 Hildener Familien für ihre Kinder in Anspruch. "Ziel ist es, Kindern aus allen Gesellschaftsschichten Zugang zu Gruppen wie etwa dem Sportverein oder der Musikschule oder Ausflüge und Klassenfahrten finanziell zu ermöglichen", erklärt Wibke Paas. Sie ist eine von vier Bildungs- und Teilhabe-Coaches, die notfalls selbst Behördengänge mit den Kunden unternehmen. "Viele kommen wegen eines Problems her, bringen aber einen ganzen Rattenschwanz mit", weiß Paas.

Vor einem Jahr noch unbekannt, musste das Team das "Stellwerk" zunächst ins Bewusstsein der Menschen bringen. "Wir haben zuerst in Kitas, Schulen oder bei Kinderärzten darüber informiert. Das wurde gut angenommen, und wir wurden zum Tag der offenen Tür, zu Elternabenden oder Schulfesten eingeladen", berichtet Wibke Paas.

Problematisch sei nach wie vor, an die Menschen heranzukommen, die man unterstützen wolle. Das gehe nur vor Ort. Wichtig sei vor allem Mund-zu-Mund-Propaganda. Trotzdem sei es den Menschen nicht selten unangenehm, Hilfe anzunehmen, hat Paas festgestellt.

(RP/rl)
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