Hilden Lob statt Geschenk: Was Beamte nehmen dürfen

Hilden · Die Zeit der kleinen Gaben ist vorbei. Hilden war die erste deutsche Stadt, die Mitglied bei "Transparency International" geworden ist.

 Die gute Flasche Wein für den Sachbearbeiter ist verboten. Die Hildener Stadtverwaltung achtet genau darauf.

Die gute Flasche Wein für den Sachbearbeiter ist verboten. Die Hildener Stadtverwaltung achtet genau darauf.

Foto: Olaf Staschik

Weihnachten naht, die Menschen sind in Spendierlaune. Was liegt da näher, als dem netten Sachbearbeiter im Rathaus, der die Unterlagen so zügig bearbeitet hat, eine kleine Freude zu machen?

Zum Beispiel mit einer Flasche Hochprozentigem oder einer Schachtel Pralinen. Offenbar keine gute Idee. Der Hildener Peter Hoffmann musste neulich feststellen: "Die Sachbearbeiter nehmen keine Geschenke an. Ich musste die Flasche Sekt wieder mit nach Hause nehmen."

Es war zur Jahrtausendwende, als ein Fall von Korruption die beschauliche Stadt an der Itter erschütterte. Damals wurden im Baudezernat "in großem Stil Bauanträge genehmigt", erinnert sich Lutz Wachsmann, der Leiter des Bürgermeisterbüros. "Diese Genehmigungen wurden gut bezahlt. Ein Amtsleiter musste entlassen werden." Wegen der Korruptionsaffäre suchte die Stadt damals unabhängige Berater und fand sie bei "Transpareny International". "Wir waren die erste deutsche Stadt, die dort Mitglied geworden ist."

Seit dieser Zeit wird in Hilden genau darauf geachtet, welche Gaben über den Bürotisch gehen. Als Mitglied von "Transparency International" ist die Stadt einige Verpflichtungen eingegangen. TI-Referentin Ricarda Bauch zählt auf: "Unsere Mitglieder müssen zeigen, dass sie die Korruptionsvorbeugung ernst nehmen. Etwa durch regelmäßige Mitarbeiterschulungen und durch konsequentes Einschreiten." Genau das passiert in Hilden, beteuert Büroleiter Wachsmann. Mitarbeiter werden schon bei der Einstellung darüber belehrt, was erlaubt ist. Nämlich: "Nur geringwertige Aufmerksamkeiten, deren Annahme dem Höflichkeitsgebot entspricht." So steht es in den städtischen Anti-Korruptionsbestimmungen.

Übersetzt heißt das: billige Kugelschreiber und Kalender, Schreibblöcke und ähnliches. Alles, was mehr wert ist, muss der Bürgermeister persönlich genehmigen — oder sein Büroleiter Wachsmann. "Ob Wein oder Schnaps, normalerweise erlauben wir das nicht." Wenn Geschenke einfach zugeschickt oder hingestellt werden, wird kurzer Prozess gemacht: Ist der Absender bekannt, werden sie ihm zurück geschickt. Und wenn nicht? "Wir haben mal 40 Kilogramm Waschpulver erhalten. Die haben wir an ein städtisches Altersheim weiter geleitet."

Hin und wieder drücke man aber ein Auge zu. "Im vergangenen Sommer kam eine ältere Dame mit fünf oder sechs Eisbechern für unsere Mitarbeiter vorbei. In diesem Fall durften die Beamten das Eis dann essen." Man habe der Frau aber auch den Rat gegeben: Beim nächsten Mal schicken Sie bitte einen Dreizeiler an den Bürgermeister und loben den oder die betreffenden Mitarbeiter.

Wenn jemand unbedingt Geld verschenken wolle, gebe es die legale Möglichkeit, der Stadt "für einen sozialen Zweck" etwas zu spenden. Der Bürgermeister entscheide dann, welche städtische Einrichtung davon profitieren soll. Firmen, die für die Stadt arbeiten wollen, bekommen es sogar schriftlich, dass Zuwendungen aller Art unerwünscht sind.

Dennoch: Bürger, die den Verdacht haben, dass sich ein Beamter bestechen lässt, können sich an Hildens Ombudsfrau Gisela Bürger wenden. Die pensionierte Amtsrichterin aus Langenfeld arbeitet ehrenamtlich und ist unabhängig von der Stadt: "In den sechs Jahren, in denen ich Ombudsfrau bin, hatte ich nur eine Handvoll Anrufe. An keinem Verdacht war etwas dran."

(RP/rl)
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