Hilden Leih-Omas haben Zeit zu verschenken

HILDEN · Sieben Frauen und zwei Männer haben sich für das Ehrenamt qualifiziert. Insgesamt 31 Freiwillige sind in Hilden aktiv.

 Petra und Thomas Eickenheuer haben gerade ihr Leihgroßeltern-Zertifikat bekommen.

Petra und Thomas Eickenheuer haben gerade ihr Leihgroßeltern-Zertifikat bekommen.

Foto: Köhlen, Stephan (teph)

Für Petra und Thomas Eickenheuer beginnen neue Zeiten: Seit letzter Woche sind sie Großeltern geworden. Wie ihre Enkel heißen, wissen sie zwar noch nicht, freuen sich jedoch schon sehr auf den Besuch in der neuen Familie. Für „Leihgroßeltern“ wie sie gab es jetzt den „Führerschein“, der engagierte Menschen in Hilden berechtigt, in Familien Oma oder Opa zu sein. Ersatzweise. Auch Marie Zajak, Sonja Tittler, Dorothee John-Wickel, Rosemarie Hermanns, Petra Clemens und  Helma Uebbing konnten ihre Urkunde als zertifizierte Ersatzomis entgegennehmen. Uwe Heidemann, zweiter Ersatzgroßvater in der Runde, freute sich ebenfalls, ab jetzt in einer Familie unentgeltlich zu arbeiten. „Ich bin einfach gerne mit Kindern zusammen, habe selber welche im Alter von acht und zehn Jahren. Sie wohnen leider so weit entfernt in Süd-Deutschland“, begründet er sein zukünftiges Engagement. Schon zum vierten Mal konnten die Initiatoren, das Familienbüro Stellwerk der Stadt, und die Awo Hilden den „Leihgroßelternführerschein“ überreichen. Zuvor hatten die Interessenten im reiferen Alter bei der VHS einen Kurs belegt, der ihnen in fünf mal drei Stunden Befähigung als Großeltern für fremde Kinder vermitteln sollte. Zu den Lernfächern gehört dabei Erste Hilfe oder Konfliktlösung genauso wie der Umgang mit neuen Medien oder das Thema „Grenzen setzen“. Sozialpädagogin Barbara Himmelsbach begleitet die Kurse an der Volkshochschule. Sie weiß: „Familie kann man sich nicht aussuchen, Leihgroßeltern schon.“ Interessierte Familien können sich bewerben. Großeltern dürfen ebenfalls Wünsche äußern, zum Beispiel, welches Alter „ihre“ Enkel haben sollten. Es mache wenig Sinn, eingefleischte Hamburger-Liebhaber in eine vegan essende Familie zu vermitteln. Wenn Eltern oder Alleinerziehende eine Hilfs-Omi oder Opi suchen, können sie sich an die Initiatoren wenden. Aber: Ein Ersatz für eine feste Betreuung oder eine Tagesmutter seien sie nicht. Eher eine familiäre Ergänzung: Spielen und Musizieren, Vorlesen, gemeinsames Kochen, Spielplatzbesuche oder Hilfe bei den Hausarbeiten - dabei können die älteren Menschen helfen und gleichzeitig ihre ganz persönlichen Erfahrungen einbringen. Seit 2014 sind 31 von ihnen im Einsatz. Heike Cremerius (Awo) und Kirsten Max (Stellwerk) arbeiten bei der Vermittlung zusammen. Das Ehepaar Eickenheuer hat keine eigenen Kinder. „Aber wir wollen den jungen Menschen die Möglichkeit geben, von unseren Lebenserfahrungen etwas zu lernen.“ Schon früher hatten sie Gastkinder bei sich Zuhause. Als Leihgroßeltern wünschen sie sich, dass sie eine schöne Zeit zusammen mit „ihren“ Enkeln verbringen, auch vermitteln dürfen, „wie die ältere Generation tickt“. Umgekehrt wünschen sie sich, mal wieder mit Kinderaugen die Welt betrachten zu können. In diese Richtung denkt auch Sozialdezernent Sönke Eichner, der während der kleinen Feierstunde im Bürgerhaus betonte, dass die Neu-Großeltern als Mittler zwischen den Generationen agierten: „Mit Gelassenheit und als konstante Bezugspersonen.“ Helma Uebbing war Lehrerin: „Ich habe immer gerne mit Kindern gearbeitet, habe keine eigenen. Mir fehlte nach der Pensionierung dieser Kontakt.“ Petra Clemens, die eigene Enkel hat, ergänzt: „Kinder sind so ehrlich und wissbegierig. Und wir haben viel Zeit zu verschenken.“

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